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Plötzlich bemerkten die beiden, wie in dem staus zur Leite hinter
einem Vorhang zwei ebensolche Feueraugen sichtbar wurden und
eine weiße stand hervorwinkte. Es war Dinarah, die junge
Sklavin der schönen Schcherasade, die mit dem Scharwächter ein
heimliches Liebesverhältnis unterhielt und ihn, weil sie sich eben
unbewacht glaubte, zu einem kurzen Stelldichein auf die Seite
lockte. Und sofort begann der junge Schelm, der noch eben ver-
gnügt einhermarschiert war. zu hinken, humpelte auf den Rotten-
führer zu und bat: „verzeih', sterr, daß ich etwas zurückbleibe:
Ich Hab' mir einen Dorn in den Fuß getreten!" Der stauptmann
nickte — im gleichen Augenblick aber flatterte ein schillernder und
schreiender Papagei in die Luft und stieß flügelschlagend gegen den
Vorhang, hinter dem Dinarah entsetzt verschwunden war. Und
das alles, weil der Kalif den weisen Sahib gestupst und dieser
seinen Zauberspruch getan.

Der Fürst aber hatte bei den Bemühungen des Papageis,
den Vorhang zu lüften, einen Augenblick Dinarahs wunderhübsches
Gesicht gesehen und stand noch, deni Anblick nachträumend, als
sich die Sache weiterentwickelte. Die alte Sara, die Aufseherin
der Sklavinnen, hatte das Megschleichen Dinarahs von der Arbeit
bemerkt und kam nun herzu und rief mit keifender Stimme: „Mas
tust Du da?I Mas treibst Du am Fenster?! stast wohl wieder
den Palastwächtern nachschauen müssen, statt an Deinem Teppich
zu knüpfen?!" — „Ach nein!" lispelte Dinarah. „Ich — ich wollte
nur diesen armen verflogenen Papagei einfangenl" . . . .
„Run!" fragte da Sahib den Kalifen, der ihn nicht stupste, „Mas
ift's denn?! stast Du denn die Notlüge nicht gehört?!" —

V,

*_

„Ich? I" stammelte der Kalif, der das schöne Mädchen schonen
wollte. „Ich?! Ich?! Ach nein!"

Da klatschte Sahib leise in die stände und Dinarah hüben
— der Suiten drüben flogen als zwei wunderschöne rote Papa-
geien auf den Torbogen, wo sie sich nur dadurch unterschieden,
daß Dinarah rührend schluchzte, während der Kalif wütend auf
seinen Lehrer hernnterschimpfte. Der aber ging gleich,nütig des
Megs weiter und schien sich nicht um das Schicksal der beiden
zu kümmern.

Nach einer Stunde aber kehrte er zurück und sah, wie sie
noch immer still auf dem Torbogen saßen. Dinarah schluchzte
leise in sich hinein; der Kalif aber trippelte ungeduldig von einem
Bein auf das andere und sing sofort, als Sahib sich näherte, freund-
lich und ziemlich kleinlaut zu krächzen an: „Geh'I Mach' dem Spaß
ein Ende! stier oben zieht's und Du weißt, ich bin dagegen sehr
empfindlich!"

Da sprach der Greis das chaldäische Lösewort — und im selben
Augenblick floh das Mädchen schreiend in das staus, mährend der
Kalif neben dem Alten stand, sich hustend und räuspernd reckte
und streckte und ein halb zorniges, halb verlegenes Gesicht schnitt.

Nun?!" meinte Sahib lächelnd, „Mie war's als Papagei?!
wollen wir noch weiterfahren mit der Probe?!"

„Ach was! UnsinnI" brummte der Kalif. „Man muß nicht
immer alles gleich auf die Spitze treiben! stättest bei mir auch
nicht so rasch zngreifen brauchen!"

„So?!" fragte der Greis schmunzelnd und tat sehr erstaunt,
„staft Du nicht gesagt: Jeder soll auf acht Tage ein Papagei
werden, wenn er eine Notlüge begeht und Du mich stupfst? Und
hast Du nicht eine Notlüge gebraucht?" ....

„stör' auf!" lachte der Kalif und hielt sich die Ghren zu.
„stör' auf! Aber gestupst Hab' ich Dich nicht!"

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früher erkannte man den Gebildeten am Gebrauche von Fremd-
ivörtern; heute daran, daß er sie zu vermeiden weiß. Dr. u.

Mertraue dem, der das Herz
auf der Zunge hat, aber vertrau'
ihm nichts an! «. v.

Miele verurteilen wohl die
Verleumder, aber die Ver-
leumdung geben sie weiter.

_ Ä. ffi.

Wer nur an der Freude Kelch sich netzt,
In des Lebens Niederungen streift.

Wer den Balsam auch des Leides schätzt,
Erst zur wahren Menschengröße reift.

Mas Glück ist dein Genie die Brise, mit der es zum Erfolg
steuert — der Beschränktheit der Wirbelsturm, der sie dahin ver-
schlägt. rr,

---SSWK—

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Papageien" "Späne"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kirchner, Eugen
Sattler, Joseph
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3728, S. 10

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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