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feit!" antwortet der Ferdl. „Du weißt doch, daß Dn mich heut'
abend von acht bis neun Uhr nicht einen Moment aus den Angen
gelassen hast im „Feuchten Erdapfel" ? Die ganze Zeit bin ich
neben Dir gesessen!" — „von acht bis neun Uhr im „Feuchten
Erdapfel"?!" erwidert der Toberl, zwickt die Augen zu und
wiederholt es drei- bis viermal, wie wenn er's ganz genau aus-
wendig lernen müßt'. „Ja freilich! Ja freilich!" ruft er dann
im Brustton der Überzeugung, wie wenn er auch schon dort stunde
vor dem Herrn Kriminalwachtmeister. „Du warst von acht bis
neun Uhr bei mir im „Feuchten Erdapfel"! Die ganze Zeit
warst Du dort! verlaß Dich auf mich! Wo sollst Du denn sonst
auch gewesen sein heut' am Abend von acht bis neun Uhr?!" —
„Weißt Du I" . . . sagt der Ferdl und dämpft seine Stimme noch
mehr, weil inzwischen verschiedene andere Gäste gekommen sind,
die nicht gerade alles zu wissen brauchen. Uber dem angelegent-
lichen Gespräch, das sie da längere Zeit miteinander führen,
gehen noch ein paar Flaschen darauf und der Dämmerzustand
nimmt beim Ferdl erheblich zu. Das erzeugt aber bei ihm
nicht etwa wie bei manchem andern ein Ruhebedürfnis,
im Gegenteil, er wird da erst recht gesellig und mitteil-
sam. So kommt es denn, daß zu später Stunde, als sein
Freund Toberl sich schon längst wieder entfernt hat, der
Ferdl noch immer im allen Winkel sitzt im „Sumpf" —
nur mit dem Unterschied, daß er jetzt mit einem an-
dern ein sehr vertrauliches Gespräch führt. Das ist
nämlich der „Ta fch en-p o l d l", ein Spezialist mit den
langen Fingern in fremden Hofen und Rocksäcken.

Zwei Tage darauf wird der Ferdl zum Polizei-
wachtmeister gerufen und liebenswürdig, wie dieser schon
einmal ist, behält er ihn auch gleich dort. Der Ferdl
lächelt aber bloß gutmütig und beruft sich auf den
„Blüten-Toberl" als seinen Alibi-Zeugen. So holt man
denn tags darauf den Toberl her. Der schwört Stein
und Bein, daß zur kritischen Zeit, als der Ferdl in
der Nähe der Linbruchstelle gesehen worden sein soll,
dieser nämliche Ferdl, wie er leibt und lebt, bei dem
„Blüten-Toberl" im „Feuchten Erdapfel" ge-
sessen ist von acht bis neun Uhr, eine geschlagene
Stunde.

Während der Ferdl und der Toberl einander »och
heimlich vergnügt zublinzeln und Findig beinahe selbst
an seinen guten Augen zu zweifeln anfängt, klopft es
schüchtern und eine etwas konfiszierte Persönlichkeit
schiebt sich höflich und unter Komplimenten herein.

Jni Licht entpuppt sie sich als der „Tafchen-PoldI".

„Ei, sieh' da I" sagt der Kriminalwachtmeister erstaunt.

„Da haben wir ja gleich noch einen guten Freund!
lvas verschafft mir denn die besondere Ehre?" — „Ent-
schuldigen Sie, Herr Kommissär" — sagt der Taschen-
poldl — „aber wie ich in der Zeitung gelesen Hab',
daß man den Ferdl festgenommen hat wogen eines
Einbruchdiebstahls in der Zitronengasse am Dienstag
abend zwischen acht und neun Uhr, da hat mir mein Gewisse»
keine Ruh' mehr gelassen, weil man doch keinen Unschuldigen in
etwas hincinkommen lasten will. Und unschuldig ist der Ferdl
diesmal bei der Sache wie ein neugeborenes Kind. Denn i ch
kann mir den Kopf abschneiden lassen, daß er am Dienstag abend
von acht bis neun Uhr bei mir gesoffen ist, ununterbrochen bei
mir gesessen ist im „Blauen Heuschober"!"

Da springt der Ferdl auf, reißt die Augen auseinander und
stiert den Pold! an. Auch der „Blüten-Toberl" springt auf,

macht große Augen und stiert den poldl an. Bloß der Kriminal-
wachtmeister bleibt ganz ruhig an seinem Platz sitzen und lächelt
recht freundlich. „Ah, da schau!" sagt er. „Im „Blauen Heu-
schober"?! Und der „Blüten-Toberl" ist bei ihm gesessen
am Dienstag von acht bis neun Uhr, die ganze Stunde, im
„Feuchten Erdapfel"! He, Ferdl, haben Sie jetzt einen
Doppelgänger oder können Sie sich in zwei Hälften teilen
oder waren Sic am Ende gar im Zit r o n en g ä ß l? I "

„Jawohl, Herr Kommissär!" schreit der Ferdl, beinahe
inilitärisch, springt auf und steht stramm. „Diesmal ist's danebcn-
gegangen — ich hab's gemacht!"

Der Toberl und der Poldl schleichen sich hinaus und wispern
draußen lang miteinander. „Lin Fluch ist's" — denkt derweil
d'rinnen der Ferdl — „wenn man halt gar so ein netter Mensch
ist und gar so viele gute Freunde hat und gar so einen starken
Dusel, daß inan nimmer weiß, was man mit dem ein eil
a u s m a ch t und was mit dem andern!"...

ä)i ißtr n u i f ch.

Wirt: „Du Alle, den Stadtfrack hätten wir doch lieber net
in der Kammer schlafen lassen sollen, wo die Wurst' san, wir
haben f net 'zählt!" — Frau: „Js auch net nötig; dös is a
Vegetarischer, so oaner, der koa' Fleisch ißt!" — Wirt: „Ja ja,
bis gestern — aber i' weiß net, der kommt mir heilt' so verändert
vor, ob der sich net vielleicht die Nacht bekehrt hat!"
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Am Telephon 1917"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Zopf, Carl
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3738, S. 131

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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