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|g£s kumml e aller Scbtromer
lÄ Zur Kriegslcbubflickerei.

€r bringt zwää scheppe jflblät?
Und lagt: „Ich bin [o frei,

Ich möcbt die Dame frage
— Weil ich (o abgebrennt, —
Ob ich zu denne flbfäb
Kää’ Schliffei bawwc könnt?“

Lina Sommer.

mein Zylinder.

Kein Freund §ebronins lieh sich eines Tages meinen
Zylinder aus. Und ich werde ihm ewig dafür dankbar
' sein. Das klingt zwar auf deir ersten Blick efivas
widerspruchsvoll. Es ist aber doch so. Nämlich sein Nachbar
starb und er wollte ihm die letzte Ehre erweisen. Aber der dazu
unentbehrliche Zylinder fehlte ihm. Mährend ich einen solchen
besaß. Er kam deshalb zu mir und ich führte ihn vor meinen
Kleiderschrank. „Ich mache Dich darauf aufmerksam“ — sagte
ich dabei warireud — „daß er die Haare sträubt, schon etwas
fuchsig aussieht und daß ich überhaupt einen uugewöhnlick großen
Kopf habe, wie das bei allen bedeutenden Männern in der Welt-
geschichte konstatiert worden ist. Besonders hier, siehst Du, diese
Ausbuchtung rückwärts, in der nach meiner Meinung mein be-
sonders umfangreiches Gehirn nntergebracht ist! Meine Frau
allerdings sieht darin die deutliche Kennzeichnung eines Waffer-
kopses. Aber schließlich braucht das ja für Dich, nachdem Du
nicht mit ihr verheiratet bist, nicht maßgebend zu sein!"

Er nahm den Zylinder trotz dieser mehrfachen Bedenken
mit einem ironischer: Lächeln, setzte ihrr auf, befreite sich nach
einem kleinen Erstickungsanfall — weil er ihm irämlich bis an's
Kinn hernntergefallen war — wieder von der glänzenden Hülle,
stopfte bann meine sämtlichen Jeitungsvorräte hinein nnd be-
hauptete, daß er ihm iturt wie 'angegossen sitze. Er schaute in
der Tat darin voruehn: und geheimnisvoll airs, beinahe wie ein
Diplomat, was ich mit einigem Neid, aber trotzdem aufrichtig,
wie ich es zeit meines Lebens immer gemefen bin, zugab.

„Nur“ — sagte ich beim Scheiden — „hüte Dich etwas vor
Deiner amtsbekaurrten Zerstreutheit und verwechsle ihn nicht; mir
tat’ der „glückliche Finder“ herzlich leid. Meuir Du aber schorr
etwas Derartiges vor hast, bann bring’ mir wenigstens einen
besserill“ — Er versicherte hoch unb teuer, daß mein Zylinder
in seinen Händen, vielmehr auf feinem Haupte so sicher sei wie
in Abrahams Schoß.

Dam: hörte ich von ihm längere Zeit nichts rrrehr, bis auch
mir ein „lieber Freund“ starb, den ich zwar sein Leben laug nicht
hatte ausstehen können; das war aber ein Grund mehr, daß ich
mich meines Zylinders erinnerte und mich am Beerdigungstag
angelegentlich nach seinem Schicksal erkundigte. „Ach“ — sagte
»teilt Freund und nahm ihn ans dem Spind — „da hast Du ihn!
Du siehst, er schaut tadellos aus I Die Luft bei mir hat ihm
offensichtlich wohl getan!“

Ich stülpte ihn auf das Haupt und eilte von dannen. Demi
die Beerdigung war auf drei Uhr angeseht und die Uhr schlug eben
halb vier. Ich kam gerade noch recht, um mich den vom Friedhof
heinikehrenden „tieftranernd Hinterbliebenen“ anzuschließen, die
mit einigeil näheren Bekannten in- den „Roten Hahn" gingen,
um dort den Toten bei einem Glas Bier leben zu lassen.

Als ich heimkam, war es schon ziemlich spät geworden und
meine Frau machte mir deshalb einige mifrenudliche Vorstellungen,
die mich bestimmten, den Zylinder sofort wieder anfzustülpen und
entrüstet das Haus zu verlassen. Ich begab iilich zur Wiederher-
stellung meines inner», wenn auch nicht äußern Gleichgewichts in
die nächste Bierkneipe, wo ich, weil sie in Anbetracht der schlechten
Zeiten dicht besetzt war, an einen schon sehr vollen Tisch im
Winkel geriet. Die Herren dort führten eine geheime und offeubar
sehr eifrige Zwiesprache, von der ich trotz sorgfältigen Zuhorchens
auch nicht eine Silbe verstand. — Ein außerordentlich vertrauens-
würdig aussehender Herr, mein allernächster Nachbar, hatte in-
zwischen einmal zufällig beim Hinausgehen von dem Stuhl neben
mir meinen Zylinder aufgehoben, eine» verblüfften Blick hinein-
geworfen und ihn dann wieder mit einer Ehrfurcht niedergesetzt,
als wenn er irgendein Kleinod in den Händen gehalten hätte.

Kurz darauf bat er mich unauffällig hinaus. „Ich bitte Sie“
— rief er draußen händeringend und einige sehr glaubwürdige
Tränen stürzten ihm aus seinen roten Kaninchenaugen — „machen
Sie mich nicht unglücklich I Ich bin siebenfacher Familienvater und
außerdem väterlicherseits und mütterlicherseits erblich belastet I
Wenn Sie mich durchschlüpfen lassen, übergebe ich Ihnen hiemit
den genauen Plan des ganzen Komplotts I"

Ich nahm ben plan des ganzen Komplotts, verneigte mich
mit ernster Zurückhaltung, holte meinen Zylinder und begab mich
auf die Polizei, wo ich das Schriftstück mit einigen geheimnisvollen
Andeutungen, weil ich ja absolut nicht witßte, worum es sich
handelte, überreichte. Eine Viertelstunde später wurde ich in das
Büro des Polizeidirektors gerufen, der mich beinahe umarmt hätte,
mir einen Tansendmarkschein als die „ausgeschriebene Prämie“
für die Entdeckung der Falschmüuzerbande überreichte und mich
über mein Geburtsdatum, meine Eltern, meine Vergangenheit
unt> Zukunft befragte. Bald darauf erhielt ich mit Rücksicht auf
die von mir bewiesene ganz besondere Scharfsicht und Findigkeit
eitle sehr anskömmliche Anstellung, in der ich glücklicherweise beide
Eigenschaften durchaus ilicht mehr nötig habe.

Mein Glück ist also gemacht. lind das alles verdanke ich dem
Umstande, daß ich meinem Freunde Zebronius meinen Zylinder
geliehen. Er hatte ihn nämlich, wie ich hinterher entdeckte, trotz
aller seiner heiligen Eide doch verwechselt. In dem neuen
aber, den er mir dafür mitgebracht, las ich nachher erstaunten,
aber doch dankgerührten Herzens eine Karte, die lautete: „Daniel
Findig, Kriminalkommissär I“ Das hatte offenbar meinen Nachbar
von der Kneipe so überrumpelt uub eingeschüchtert, daß er mir
die ganze Falschmünzerbande verriet, bei der er stiller Teilhaber
gewesen war. Man sieht, wen das Glück liebhat, zu dem kommt
es sogar mit einem vertauschten Zylinder ....

-w-

280
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Aa gut"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Krombach, Paul
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1917
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 146.1917, Nr. 3751, S. 280

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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