Der alte Fonftroart fand ihn anömt Tag's.
Da lag am Bau, der In die Wurzeln kroch,
Die alte Fähe, die er sucht', erschlagen
Dnd aus der Einfahrt schleppt' die Dächsin Daus
Den ganzen Wurf und legt' Ihn Stück um Stück
Doch weidlich avgeveutelt zueinander. —
Da lachte grimm der alte Knasterbart.
Ein heißer Wunsch stieg ihm im Kerzen auf:
Daß doch ein solcher Blitz, wie die Bäuberbrut,
Die aller Listen voll In ihrem Bau
Das große Weltenunheil ausgebrütet
And rings nm's deutsche Baus den Brand gelegt —
Zu BölP und 5oö und allen Teufeln schlüge!
Es war ein grimmer schwerer Weidmannsfluch l
Doch Sankt Pfubertus, deutscher Zögere!
Bimmiilcher Anwalt und getreuer Vogt,
Dahm ihn in diesem Fall für ein Bebet
Ond trug's, Erfüllung heischend, auf zu dem,
Der Uber Wind und Wald und Wolken thront
End feine Blitze zückt nach ew'gen Becht
In Waldgewittern wie in Weltgewittern.
f>, Vogel.
Bitter.
„Was machen Sie denn, Herr Lämm-
chen?" — „Ich habe eine reiche Witwe
geheiratet. Der reinste Engel! Was sagen
Sie dazu?" — „Armer Teufel!"
Kartoffelkraut.
Herr: „Wie heißt doch der Mann, der
den Tabak nach Europa gebracht hat?" —
Soldat (traurig seine Zigarre betrachtend):
„Ich glaube Francis Drake!"
H c i m g e l e „ ri) t c t.
„Ist mein Sohn nicht ein musikali-
sches Genie?" — „Ja, es ist kolossal!
Und dies Gedächtnis; immer seit drei
Jahren dieselben Fehler!"
Ein Unve
j^>er junge lhund kam zum ersten Male in den Garten. Mit
'S® größtem Erstaunen betrachtete er die neue Welt, die sich ihm
da erschloß. Zitternd und zagend sah er jeden einzelnen Gras-
halm, mißtraute einem jeden von ihnen und bellte sie erst eine
Zeiilang an, um zu sehen, was sie ihm wollten. Erst dann,
wenn sie sich nicht, wie er erwartete, auf ihn losstiirzten, wagte
er sich näher heran und erschrak noch sechsmal, so oft der wind
das Gras bewegte, und kam so endlich dazu, das Wunder zu
beschnubberli und seine Kenntnisse daran zu bereichern.
Da ließ sich plötzlich dicht vor ihm eine große schwarze Amsel
nieder, die eine zappelnde Raupe im Schnabel trug und mit ihr
auf der Reise zu dem Nest in, Birnbaum rastete. Der junge
lhund war zuerst über das neue Ungetüm, das da in seine Welt
hereingeschlieit, bis auf den Tod erschrocken, wie erstarrt streckte
er, am ganzen Leibe bebend, den lhcils vor und beobachtete es
eine weile mit größtem Erstaunen. Dann begann er. leise zn
knurren, gewann an dem eigenen Lärm allmählich Mut und fuhr
plötzlich in dunklem Tatendrang mit gewaltigem Geheul auf den
Vogel los. Die Amsel, die in ihm einen heftigen Raupenliebhaber
vermutete, packte schnell ihren Leckerbissen fester, schwang sich
rsiandener.
empor und flog über den Weiher hinüber in die Luft — dem
Baum zn.
Das war nun für den jungen Tolpatsch vollends etwas noch
nie Dagcwesenes. Daß man den festen Boden verlassen und ein-
fach in der Luft weiterlaufcn konnte, schien für ihn, der oft noch
auf ebener Erde über seine eigenen vier Füße stolperte und ans
die Nase fiel, etwas Unbegreifliches. Etwas so Neues und
Großartiges, daß er die stärkste Begierde empfand, es nachzu-
ahmen. Er hob die beiden Vorderpfoten hoch in die Höhe, gab
sich einen Schwung, wie er es von der Amsel gesehen hatte —
und lag im Weiher.
Im nächsten Augenblick schon schluckte er Wasser und merkte,
daß es hier nicht ging wie im Grase, sondern daß der neue
Boden unter ihm nachgab und ihn zu verschlingen drohte. Unwill-
kürlich in dem angeborenen Selbsterhaltungstriebe begann er zu
214
Da lag am Bau, der In die Wurzeln kroch,
Die alte Fähe, die er sucht', erschlagen
Dnd aus der Einfahrt schleppt' die Dächsin Daus
Den ganzen Wurf und legt' Ihn Stück um Stück
Doch weidlich avgeveutelt zueinander. —
Da lachte grimm der alte Knasterbart.
Ein heißer Wunsch stieg ihm im Kerzen auf:
Daß doch ein solcher Blitz, wie die Bäuberbrut,
Die aller Listen voll In ihrem Bau
Das große Weltenunheil ausgebrütet
And rings nm's deutsche Baus den Brand gelegt —
Zu BölP und 5oö und allen Teufeln schlüge!
Es war ein grimmer schwerer Weidmannsfluch l
Doch Sankt Pfubertus, deutscher Zögere!
Bimmiilcher Anwalt und getreuer Vogt,
Dahm ihn in diesem Fall für ein Bebet
Ond trug's, Erfüllung heischend, auf zu dem,
Der Uber Wind und Wald und Wolken thront
End feine Blitze zückt nach ew'gen Becht
In Waldgewittern wie in Weltgewittern.
f>, Vogel.
Bitter.
„Was machen Sie denn, Herr Lämm-
chen?" — „Ich habe eine reiche Witwe
geheiratet. Der reinste Engel! Was sagen
Sie dazu?" — „Armer Teufel!"
Kartoffelkraut.
Herr: „Wie heißt doch der Mann, der
den Tabak nach Europa gebracht hat?" —
Soldat (traurig seine Zigarre betrachtend):
„Ich glaube Francis Drake!"
H c i m g e l e „ ri) t c t.
„Ist mein Sohn nicht ein musikali-
sches Genie?" — „Ja, es ist kolossal!
Und dies Gedächtnis; immer seit drei
Jahren dieselben Fehler!"
Ein Unve
j^>er junge lhund kam zum ersten Male in den Garten. Mit
'S® größtem Erstaunen betrachtete er die neue Welt, die sich ihm
da erschloß. Zitternd und zagend sah er jeden einzelnen Gras-
halm, mißtraute einem jeden von ihnen und bellte sie erst eine
Zeiilang an, um zu sehen, was sie ihm wollten. Erst dann,
wenn sie sich nicht, wie er erwartete, auf ihn losstiirzten, wagte
er sich näher heran und erschrak noch sechsmal, so oft der wind
das Gras bewegte, und kam so endlich dazu, das Wunder zu
beschnubberli und seine Kenntnisse daran zu bereichern.
Da ließ sich plötzlich dicht vor ihm eine große schwarze Amsel
nieder, die eine zappelnde Raupe im Schnabel trug und mit ihr
auf der Reise zu dem Nest in, Birnbaum rastete. Der junge
lhund war zuerst über das neue Ungetüm, das da in seine Welt
hereingeschlieit, bis auf den Tod erschrocken, wie erstarrt streckte
er, am ganzen Leibe bebend, den lhcils vor und beobachtete es
eine weile mit größtem Erstaunen. Dann begann er. leise zn
knurren, gewann an dem eigenen Lärm allmählich Mut und fuhr
plötzlich in dunklem Tatendrang mit gewaltigem Geheul auf den
Vogel los. Die Amsel, die in ihm einen heftigen Raupenliebhaber
vermutete, packte schnell ihren Leckerbissen fester, schwang sich
rsiandener.
empor und flog über den Weiher hinüber in die Luft — dem
Baum zn.
Das war nun für den jungen Tolpatsch vollends etwas noch
nie Dagcwesenes. Daß man den festen Boden verlassen und ein-
fach in der Luft weiterlaufcn konnte, schien für ihn, der oft noch
auf ebener Erde über seine eigenen vier Füße stolperte und ans
die Nase fiel, etwas Unbegreifliches. Etwas so Neues und
Großartiges, daß er die stärkste Begierde empfand, es nachzu-
ahmen. Er hob die beiden Vorderpfoten hoch in die Höhe, gab
sich einen Schwung, wie er es von der Amsel gesehen hatte —
und lag im Weiher.
Im nächsten Augenblick schon schluckte er Wasser und merkte,
daß es hier nicht ging wie im Grase, sondern daß der neue
Boden unter ihm nachgab und ihn zu verschlingen drohte. Unwill-
kürlich in dem angeborenen Selbsterhaltungstriebe begann er zu
214
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Unverstandener"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1917
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 147.1917, Nr. 3771, S. 214
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg