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Die Ruhe.

ls Sokrates einmal spazierenging
And sich auf einem Wegsitz niederließ,

Am weisen Weltgedanken nachzuhängen.

Trat Äymnos, der ein Dichter war, vor ihn.
„O Meister!" sprach er. „Ich möcht' Dich besingen!"
Da schüttelte der Sinnende das Laupt:

„Besing' des Meeres ewig rauschend Lied!

Besing' des Vogels frohen Abenddank!

Der Dämmerwolken purpurn Schönheitsspiel!

Der jungen Mädchen Reigen, ihre Anmut. ..

Gar viel, was eines Dichters würdiger
Als so ein stiller, ruhiger, alter Mann!" —

„Verzeih'!" — sprach Äymnos. „Aber just die Ruhe,
Die Deines Wesens tiefste Eigenart,

Scheint mir des Liedes mehr als alles wert;

Denn höchstes Gut des Lebens dünkt sie mir.

Wie selten ist sie und wie kostbar doch!

Ach, oft schon sah ich Weise — die sich's nannte n —
Die ihre Schüler Gleichmaß, Ruhe lehrten.

Doch wenn dann an sie selbst das Leben trat
Mit seiner Anrast, seiner Nervenpeitschung,

Mit der den Jähzorn reizenden Gewalt,

Versagten sie und polterten und schimpften.
Verzweifelten und klagten, jammerten ...

Kurz, sie verleugneten die eig'ne Lehre.

Nur Du bleibst ruhig, bewunderungswürdiger Greis!"
Doch Sokrates sprach zu ihm lächelnd: „Komm'!"

Er führte jenen schweigend in sein Laus
And winkte schweigend ihn auf einen Sitz,

Der abseits lag, im Lorbeerbusch verborgen.

Da eilte aus den inneren Gemächern
Tanthippe her. Mit nimmermüdem Schelten

Fiel sie den heimgekehrten Gatten an:

„Wo warst Du?! Sag'! Wo triebst Du Dich herum?!
Längst vor Dir kam der Nachbar Timon heim,

Er, der den ganzen Tag im Felde schafft
And nicht wie Du faulenzend nur lustwandelt.

Ach, wie beglückt ist doch sein Weib! Ich aber.

Ich Hab' der Götter schlimmstes Los erwählt.

Denn schlimmer wohl ist keine Frau geschlagen
Als die, die Dich zum Manne nehmen mußte!" ...

So zankte sie und schmälte immerzu
And folgte ihm bei jedem Schritt und Tritt
And ließ nicht ab und fand stets neue Worte
And keifte nörgelnd, schreiend auf ihn ein,

Daß an dem Dichter alles zappelte

And er, dem doch das Schimpfen gar nicht galt.

Wie selbstgescholten heftig d'runter litt

And sich den Schweiß bald von der Stirne wischte.

Doch Sokrates blieb ruhig. — Wie sie endlich
Noch grollend, wetternd in dem Laus verschwand.

Sprach er zu Lymnos: „Teurer! Sie besing'!" —
„Was?! Sie?!" rief jener staunend und empört.

„Sie sollte ich besingen?! Nimmermehr!

Sie, die Dich reizt. Dich quält. Dich rastlos martert?!" —
„Ja, sie besing'!" sprach Sokrates zu ihm.

„Du wolltest meiner Ruhe Quell' besingen!

Jst's nicht so?" — „Freilich!" sagte d'rauf der Dichter.
„Gut I" lächelte da Sokrates und nickte.

„Wenn Du das willst, Freund, so besing'Tanthippe!
Denn sieh': Tanthippe lehrte mich die Ruh'!"

—st!Jaöfer-'"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Die Ruhe"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1917
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 147.1917, Nr. 3777, S. 279

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