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Der Neid

Vss liebe Geld.

Von Sans Bauer.

Der bedeutende Literat
entwickelt am Kaffeehaustisch
seine geniale Ansicht über die
junge und die Epigoncn-
literatur.

Der Schuhmachermeister
Flimig hört andachtsvoll zu.

Wedckind, sagt der bc-
dcutendc Literat, dürfe allen-
falls noch gelten gelassen
werden. Als Übergangs-
stadium sozusagen. Über ihn
hinaus führe die Linie von
dem veralteten Impressionis-
mus, diesem Photographier-
stadium der Kunst, aber
stracks zu den Abstrahierern,
den durch das Stoffliche hin-
durch die unendliche Idee
Treffenden.

Der Schuhmachermeister
Flimig hört ehrfürchtig zu.

Wort dürfe nicht Ge-
dankenübcrmittlcr mehr sein,
müsse wie bei den Modernsten
vielmehr Visionen offenbaren.
Aus der Schale der Materie
müßten Bausteine zum Ge-
häuse der Geistigkeit genom-
men werden.

Der Schuhmachcrmeister
Flimig wagt keinen Muckser
zu sagen. Er kommt sich
kläglich vor. Er erkennt die
Meinung des bedeutenden
Literaten als unbedingt ver-
bindlich an. Er fühlt, daß
er glatterdings nicht mitreden
kan».

Nach einer Viertelstunde

Zum junga Heuschreck sagt der Schneck:

„Schau, bist so sauber g'wachsen!

Hast so an frischen greana Frack
Und machst no' solche Faxen!!

G'rad' wia der Floh im Zirkus hupfst
£To' auf der wiesen weiter!

Du bist do' koa Spinginkerl mehr,

Bist älter 'wor'n und g'scheitcr!"—

Der junge Heuschreck schleicht ganz stad
Zur Ahndel hoam ins Laubats,
verzählt brüahwarm die ganze G'schicht
Und schämt si', neamad glaubat's!

Da lacht die Ahndel: „Jessas na!

Hätt'st g'sagt: Du Depp, du sieacha!
weilst selber halt ndt hupfa kannst,

Soll'» aa' die andern krieacha!" <r. Srempltngm.

stellt es sich heraus, daß der be-
deutende Literat seinen Kaffee
nicht zahlen kann und daß er
ausgerechnet den Schuhma-
chermeister Flimig für geeig-
net hält, ihm mit zwanzig
Mark auszuhelfen.

Der Schuhmachermeister
ist davon sehr unangenehm
berührt, rückt aber schließlich
doch mit bitterböser Miene
das Geld heraus.

Dann entwickelt der be-
deutende Literat weiter. Der
Moderne sei der Stilausdruck
der Idee. Alles Geschehen
werde ihr Typisches. Ich-
begabtsein des Geschaffenen
sei ihr Wesen der Kunst.
Für die Moderne sei das
Ich Mittelpunkt der Welt,
das mit seinen Ausstrahlun-
gen alles Körperliche durch-
dünste.

„Kören Sic mal", fallt
ihm nunmehr Flimig ins
Wort. „Es ist doch auch
viel . . . na, wie soll ich doch
gleich sagen, viel Überspan-
nung will ich mich einmal
ausdrücken, in .. . Ihrer...
in Ihrer Moderne!"

Sonst würde er sich nie-
mals diesen tiefgefühlten Ein-
wand erlaubt haben.

Der bedeutende Literat
zuckt die Schulterblätter. „Frei-
lich, man kann auch anderer
Ansicht sein."

Sonst... ja was glau-
ben Sie, was der bedeutende
Literat s o n st gesagt hätte?

weil über Cand, dort wo die lelzte weile
Der blauen Berge in den Himmel flieht
Und wo von golden übertpüller Schwelle
Die Sonne sich in stille Cäler giestt,

Dort liegt ein Garten, überblüht von träumen,
Und an der Hecke, wo die Drolstl baut,

Steht ünnend, unter kaum bewegten Bäumen,
Mein Weib, das lächelnd in den tfbend schaut..

Doch eine Dacht voll (el’gem Deingedenken,
Doch einen tag — dann g’radewegs talein l
£in Jubelnd.. ein frohes tücherschwenke» ..
Daheim, daheim! — 0 unbeschreiblich Mein.

s.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Neid"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Winkler, Rolf
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3934, S. 198

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