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Diogenes.

Bescheide» hauste er in seiner Tonne,

Auf Prunk verzichtend und Bequemlichkeit.
Bat er gelegentlich um etwas Sonne,

So war es sicher nicht zur Schlummerzeit.
Nur seine Weisheit nannte er sein eigen,
An Gut besaß er keinen Pfifferling.

Don dcmLaternchen wäre wohl zu schweigen,
Mit dem er mittags Menschen suchen ging.

Diogenes, du wahrster der Askclen,
Pfadfinder auf dem Weg zum Ideal,

Es gab gewiß zu jeder Zeit Proleten,

Für welche deine Lehre ziemlich schal.

So weiß auch ich nicht, ob ich nach ihr lebe,
llnd wünsche nur, daß du dich nicht ver-
schlingst,

Falls du beim Göitermahl bei Zeus und
Hebe

Statt Nektar schlicht sgua vulgsris trinkst.

Vielleicht jedoch schwelgst heute du in Wonne;
Du warst ein Weiser, und ich bin kein Tor!
Nicht ohne Grund wohl zogst du eine
Tonne

Dem Heim der Laubenkolonisten vor.
Diogenes, du Weisester der Weisen,

Ich finde es wahrhaftig gar nicht trist,

Mit deiner Theorie mich abzuspeisen.
Sofern dein Faß — stets voll gewesen ist.

SlupiduS Ulclcl.

Der kleine Trick.

Neulich traf ich Haesecke, der eine großartige Aonchylicnsanim-
lung besitzt. Sie nimmt seine Gedanken viel in Anspruch, und das
ist angenehm für Haesecke. Ls ist gegenwärtig sehr beruhigend,
wenn man von den Nöten der Heit abgelenkt wird. Haesecke ist
immer noch ganz glücklich und zufrieden, trotzdem er nicht schiebt noch
Preise treibt oder ähnliche Dinge tut. Deshalb wäre cs eigentlich
ganz gut, wenn sich viel mehr Leute Aonchvliensammlnngcn anlegen
würden. Übrigens handelt cs sich natürlich nicht um vollständige
Ronchylien, sondern nur um die Schalen oder Gehäuse solcher Tiere,
— lebendige Isonchylicn sind manchmal doch etwas unappetitlich und
würden also nicht so beruhigend wirken.

Haesecke strahlte: „Ich habe ein neues Stück bekommen", er-
zählte er; „das müssen Sie sich anseh'n. Ts ist ja kein Umweg für
Sie — also kommen Sie mit!"

Dagegen war nichts z» machen ; in solcheni Fall darf man einen
Sammler nicht kränken, er würde das nie vergessen. Und da ich auch
wirklich den U)eg zu gehen hatte, ging ich mit Hacsccke mit. Die
Aonchplien waren mir dabei ganz egal; ich vermag ihren Nutzen
überhaupt nicht einznsehen.

Haesecke hatte mich aber noch auf etwas vorzubereiten. „Ts
sicht heute ein bißchen wild bei uns aus — wundern Sie sich, bitte,
nicht darüber! U?ir stellen nämlich grade die Utöbel um, weil wir
uns jetzt auf ein einziges Zimmer beschränken wollen. Sic verstehen,
nicht wahr? Ulan muß sich mit dem Beizen sparsam einrichten. Und
es geht ja auch, es geht sogar sehr gut. Besuche bekommt man jetzt
ja viel weniger als früher. Übrigens, was unerwartete Besuche an-

betrifft-haha, da hat meine Frau jetzt einen sehr feinen Trick

eingeführt. Wenn es klingelt, dann setzt sie schnell ihren Hut auf,

und ich ziehe den Ulautcl an; und dann wird die Tiir ausgemacht.
Ist nun wirklich ein Besucher da, dann hat meine Frau zu entscheiden,
ob er willkommen sein soll oder nicht. Ist doch klar, daß das die
Frau mehr angcht — weil man vielleicht ein Täßchcn Tee anbictct
oder sonst etwas. Schön! Soll also der Besuch bleiben, was wird
dann gemacht? Dann sagt meine Frau: „Ach, das ist aber reizend,
daß Sie sich mal sehn lassen! Und wie gut sich das trifft! Tbc»
sind wir nämlich selber nach Hause gekommen." — — Soll aber der
Besuch abgcwimmclt werden — was wird dann gemacht? Dann
sagt meine Frau: „(D, wie schade, daß wir nicht vorher gewußt
habe», Sie würden kommen! Wir sind nämlich auf dem Sprunge,
fortzugehn — einen ganz notwendigen Besuch müssen wir machen.
Menu wir nur eiue Ahnung gehabt hätte», dann hätte» wir natür-
lich abgesagt. Aber nun geht das leider nicht. Nein, wie dumm
sich das trifft!" — - Ia, so machen wir das jetzt immer. Fein,
nicht wahr?"

Das erzählte mir also Hacsccke und inzwischen kamen wir an
sein Haus. „Donnerwetter," sagte er da, „nun habe ich doch richtig
wieder einen Brief in der Tasche behalten, den ich bei der Post ein
stecken wollte. Ich lause schnell bis zur Tcke da ist ein Brief-
kasten. Bitte, gehn Sie nur voraus!"

Ich ging also hinauf und klingelte an Hacscckes Tür. Ts dauerte
ein Weilchen, bis aufgcniacht wurde. Und dann stand Frau Hacsccke
da und hatte ihren Hut aus. — Und sic machte ein trauriges Gesicht
und sprach: „Ä, wie schade, daß wir nicht vorher gcivußt haben,
Sie würden kommen! Ich bin nämlich auf dem Sprunge, fortzu-
gehcn — einen ganz notwendigen Besuch müssen wir machen. Ulein
Ulan» ist schon voraus. Nein, wie dumm sich das trifft!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Diogenes"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Hoffmann, Anton
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 158.1923, Nr. 4041, S. 12
 
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