An unsere Mitarbeiter und Leser!
Außerstande, die zahlreichen einzelnen Anfragen nach unseren, der jeweiligen Geldentwertung folgenden Honorarsähcn zu
beantworten, erlauben wir uns mitzuteilen, daß wir das literarische Honorar in folgender Weise geregelt haben.
Wir bezahlen bis aus weiteres:
1. für den einzelnen Beitrag (Witz, Gedankensplitter, Glossen, Bätsel usw.) Grundzahl SO psg. mal Buchhändlerschliisselzahl.
2. für die einzelne Zeile (in Gedichten und längeren Prosabeiträgen) Grundzahl S pfg. mal Buchhändlerschlüsselzahl.
Diese Sätze gelten als Mindesthonorar. Wir behalten uns vor, besonders gelungene Beiträge höher zu bezahlen. / Buck-
sendung erfolgt nur, wenn genügend Bückporto beiliegt.
München, im November 1923. “Die Schriftleitung der Fliegenden Blätter.
Das „Fliegende".
„Bibibi! Brav fressen und schöne Lierchcn legen...!" von
Bühnern umflattert streute Herr vr. Immerrecht Brotbrockcn und
Weizenkörner im Bose des Schnapperbaucrn. „Bibibi...!" wie
doch so sanft die Stimme des Rechtsanwalts klingt, ganz anders
als sonst im Gerichtssaale: „Meine Herren Schöffen!" )enun,
wenn einer der Gattin einen Korb voll Eier heinizubringen ver-
sprochen hat. . . Ihr spöttisches Lachen kitzelt ihn noch heute in
den Dhren. „wenn Du das bei dem alten Geizhals und prozcß-
hansl fertig bringst, so verzichte ich aus das Skikostüm!" hat sie
beim Abschied gesagt. Man denke, ein Skikostüm! Soviel gelten
jetzt die Hühnereier. „Bibibi . . .!"
Brummend und nur auf Zureden der Bäuerin hat der Schnap-
perbauer seinem Advokaten für ein paar Sommerwochen die Kammer
über dem Stall vermietet. Preis natürlich freibleibend. Alle drei
Tage zählt der Gast einen größeren Bausen Papierscheine hin.
Seufzend schiebt sie der Bauer in seine fette Lederhose und stellt fest,
das schöne Zimmer sei halt doch zu billig. Der Doktor aber kann sich
beherrschen. Er blinzelt ins Abendrot und trägt dem Alten seinen
Herzenswunsch vor. Denn morgen schon muß er den Koffer packen.
„Ban? Tier möchtest? 3a mci', die Henna legen so viel schlecht.
y Hab' koane Eier!" antwortet der Bauer. Die Bäuerin will
etwas einwenden, kriegt jedoch vom Ehehcrrn einen Rippenstoß,
der ihr die Luft nimmt. Der Herr Doktor funkelt durch seine
Brillengläser. „Du, Schnapper — im Keller drunten steht ein großer,
großer Tragkorb voll . .!" — „A Lug is!" — „Bitte, voll Eiern!
Ich habe mich überzeugt." — „Spion miserabliger. — „ver-
kaufst mir fünfhundert Stück?" — „An vr..I Die Eier im Keller
komma morgen in die Stadt — hö, da werden s' teuer 'zahlt —
ganz damisch teuer . .." poltert der Bauer. — „So, in die Stadt?
Hör' einmal, mein lieber Bauer und Hausherr, laß Dir etwas anver-
trauen . . .!" vr. Immcrrccht zieht den widerstrebenden zu sich auf
die Bank und beginnt ihm von einer ganz neumodischen Einrichtung
zu erzählen, von einer ganz verflixten Erfindung der Stadtleutc,
nämlich von dem fliegenden Marktgerichte. Der Bauer schweigt und
reißt die Gucker aus. Die Schilderung wird immer lebhafter, lila»
sieht förmlich dieses Marktgericht vor sich. I->. jo ein Teufelskerl
von Anwalt versteht das Schwätzen! Die Tabakpfeife erlischt. Der
Bauer schwitzt. Die Stube wird unheimlich dunkel, plötzlich fährt
der Schnapper brummend aus und tappt ohne Gruß in die Schlaf-
kammcr. „Aha, wirkt schon...' lächelt der schlaue Iurist und geht
zuversichtlich ins Bett. Sein Traumhimmel hängt voll Eier.
Durch den Morgennebel wühlt sich ein stampfendes Ungetüm.
Kalter wind fegt die kanditraße von Blättern blank. Der Trag-
korb lastet schwer auf dem Buckel des Bauern, war ein harter
Kampf mit der eigensinnigen, ängstlichen Bäuerin, die lieber dem
Doktor die Eier vergönnt hätte. Ia, Schnecken I Und das flie-
gende Marktgericht? „Damit soll er einen andern erschrecken!
Höhöhö!" Er hält bestürzt an. Bat nicht jemand mitgelacht? Nickt
ihm dort am Straßenrand jemand zu? (Oder ist's eine junge Pappel?
Angsthase; vorwärts und weiter zur Stadt! Er macht lange, feste
Schritte und pfeift der Krähe nach, die über seinen Kopf streicht.
Aber jetzt — jetzt winkt ihm jemand. „Schau, der Herr Doktor..,
schon in aller Früh .. .!" murmelt der Bauer. Der Anwalt winkt
mit dem Arm. „Schnapper - das Marktgcricht I — wuchere nicht
138
Außerstande, die zahlreichen einzelnen Anfragen nach unseren, der jeweiligen Geldentwertung folgenden Honorarsähcn zu
beantworten, erlauben wir uns mitzuteilen, daß wir das literarische Honorar in folgender Weise geregelt haben.
Wir bezahlen bis aus weiteres:
1. für den einzelnen Beitrag (Witz, Gedankensplitter, Glossen, Bätsel usw.) Grundzahl SO psg. mal Buchhändlerschliisselzahl.
2. für die einzelne Zeile (in Gedichten und längeren Prosabeiträgen) Grundzahl S pfg. mal Buchhändlerschlüsselzahl.
Diese Sätze gelten als Mindesthonorar. Wir behalten uns vor, besonders gelungene Beiträge höher zu bezahlen. / Buck-
sendung erfolgt nur, wenn genügend Bückporto beiliegt.
München, im November 1923. “Die Schriftleitung der Fliegenden Blätter.
Das „Fliegende".
„Bibibi! Brav fressen und schöne Lierchcn legen...!" von
Bühnern umflattert streute Herr vr. Immerrecht Brotbrockcn und
Weizenkörner im Bose des Schnapperbaucrn. „Bibibi...!" wie
doch so sanft die Stimme des Rechtsanwalts klingt, ganz anders
als sonst im Gerichtssaale: „Meine Herren Schöffen!" )enun,
wenn einer der Gattin einen Korb voll Eier heinizubringen ver-
sprochen hat. . . Ihr spöttisches Lachen kitzelt ihn noch heute in
den Dhren. „wenn Du das bei dem alten Geizhals und prozcß-
hansl fertig bringst, so verzichte ich aus das Skikostüm!" hat sie
beim Abschied gesagt. Man denke, ein Skikostüm! Soviel gelten
jetzt die Hühnereier. „Bibibi . . .!"
Brummend und nur auf Zureden der Bäuerin hat der Schnap-
perbauer seinem Advokaten für ein paar Sommerwochen die Kammer
über dem Stall vermietet. Preis natürlich freibleibend. Alle drei
Tage zählt der Gast einen größeren Bausen Papierscheine hin.
Seufzend schiebt sie der Bauer in seine fette Lederhose und stellt fest,
das schöne Zimmer sei halt doch zu billig. Der Doktor aber kann sich
beherrschen. Er blinzelt ins Abendrot und trägt dem Alten seinen
Herzenswunsch vor. Denn morgen schon muß er den Koffer packen.
„Ban? Tier möchtest? 3a mci', die Henna legen so viel schlecht.
y Hab' koane Eier!" antwortet der Bauer. Die Bäuerin will
etwas einwenden, kriegt jedoch vom Ehehcrrn einen Rippenstoß,
der ihr die Luft nimmt. Der Herr Doktor funkelt durch seine
Brillengläser. „Du, Schnapper — im Keller drunten steht ein großer,
großer Tragkorb voll . .!" — „A Lug is!" — „Bitte, voll Eiern!
Ich habe mich überzeugt." — „Spion miserabliger. — „ver-
kaufst mir fünfhundert Stück?" — „An vr..I Die Eier im Keller
komma morgen in die Stadt — hö, da werden s' teuer 'zahlt —
ganz damisch teuer . .." poltert der Bauer. — „So, in die Stadt?
Hör' einmal, mein lieber Bauer und Hausherr, laß Dir etwas anver-
trauen . . .!" vr. Immcrrccht zieht den widerstrebenden zu sich auf
die Bank und beginnt ihm von einer ganz neumodischen Einrichtung
zu erzählen, von einer ganz verflixten Erfindung der Stadtleutc,
nämlich von dem fliegenden Marktgerichte. Der Bauer schweigt und
reißt die Gucker aus. Die Schilderung wird immer lebhafter, lila»
sieht förmlich dieses Marktgericht vor sich. I->. jo ein Teufelskerl
von Anwalt versteht das Schwätzen! Die Tabakpfeife erlischt. Der
Bauer schwitzt. Die Stube wird unheimlich dunkel, plötzlich fährt
der Schnapper brummend aus und tappt ohne Gruß in die Schlaf-
kammcr. „Aha, wirkt schon...' lächelt der schlaue Iurist und geht
zuversichtlich ins Bett. Sein Traumhimmel hängt voll Eier.
Durch den Morgennebel wühlt sich ein stampfendes Ungetüm.
Kalter wind fegt die kanditraße von Blättern blank. Der Trag-
korb lastet schwer auf dem Buckel des Bauern, war ein harter
Kampf mit der eigensinnigen, ängstlichen Bäuerin, die lieber dem
Doktor die Eier vergönnt hätte. Ia, Schnecken I Und das flie-
gende Marktgericht? „Damit soll er einen andern erschrecken!
Höhöhö!" Er hält bestürzt an. Bat nicht jemand mitgelacht? Nickt
ihm dort am Straßenrand jemand zu? (Oder ist's eine junge Pappel?
Angsthase; vorwärts und weiter zur Stadt! Er macht lange, feste
Schritte und pfeift der Krähe nach, die über seinen Kopf streicht.
Aber jetzt — jetzt winkt ihm jemand. „Schau, der Herr Doktor..,
schon in aller Früh .. .!" murmelt der Bauer. Der Anwalt winkt
mit dem Arm. „Schnapper - das Marktgcricht I — wuchere nicht
138
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
Ohne Titel
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 159.1923, Nr. 4083, S. 138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg