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Meines Onkels Hund

Von Gerhard Schake

Als mein Onkel in die Sommerfrische fahren wollte,
kam er zu mir, brachte seinen kleinen schwarzen Hund,
der auf den scheußlichen Tirnnm „Fiffi" hörte, mit
und sagte vertrauend:

„Du bist ein gescheiter Kerl und ein armes Luder
dazu. Ich will sechs Wochen nach Oberstdors fahren
mit meiner Familie. Willst Du mein Landhaus und
meinen Hund bewachen?"

Da habe ich ja gesagt, meinen Koffer gepackt und
war drei Tage später Herr und Beschützer eines rei-
zenden Hundes, Verzeihung! das war falsch, eines
reizenden Landhauses und war zugleich Wächter eines
bösartigen Köters. (Der Hund scheint übrigens das
gleiche von mir anzunehmen, denn die Antipathie be-
ruht auf Gegenseitigkeit.)

Ich hatte beschlossen zu flirten, wenn einige junge
Damen in der Nähe seien. Aber damit war es nichts,
denn die jungen Damen waren alle in den Sommer-
frischen. Dafür gab es aber in der Umgebung eine
Unmenge ähnlicher Köter.

Ich habe nichts gegen Hunde. Weiß Gott nicht.
Aber wenn man sich hinseht, um zu arbeiten, dann
kann man bestimmt darauf rechnen, daß der Hund
Hunger oder Durst hat und einen solange anschaut
und anjault, bis man dahinter kommt. Dann sucht

Hündchen vorbei und


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Oporteleqenz -r (a.Cqelfinq “
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man in Küche und Kellern solange, bis man etwas findet, was
das Viech zu fressen geruht. Denn ein wohl (v)erzogener Haus-
und Schoßhund frißt nicht alles und will erst die Speisekarte
beriechen, ehe er sich definitiv für ein schmackhaftes Gericht ent-
scheidet.

Seht man sich nach getaner Arbeit nieder, um seiner eigent-
lichen Arbeit nachzugehen, dann kann man sicher sein, daß den
Hund ein menschliches Rühren ankommt und er mal hinaus-
geführt werden muß. Das tust du. Das Viech kratzt dabei aus
und bleibt halbe Stunden lang weg. So geht der Tag langsam
und sicher um. Legst du dich abends zu Bett und bist gerade
dabei, fest cinzuschlafen, dann bellt er wie ein Toller. Siehst
du nach der Ursache, kannst du — vielleicht — gerade noch ent-
decken, daß in der Nähe des Hauses ein Radfahrer vorbeifuhr.
Das geht jede Nacht vier- oder fünfmal. Bis du wütend bist
und nicht mehr nachsiehst. Dann ist aber bestimmt was passiert.

Während ich all dies erlebte und erlitt, wurde mir klar, wa-
rum mein Onkel sechs Wochen in die Sommerfrische fuhr.

Neulich wollte Fiffi, der infame Strolch, wieder hinaus-
geführt sein, und ich öffnete die Tür. Da läuft draußen ein

mein fttfft eins, zwei, drei hinterdrein.
Da ich nun weiß, daß solche „Promenaden" halbe Tage dauern
können, wenn es glimpflich abgeht, und da man mir andrerseits
nicht zumutcn kann, daß ich mich stundenlang vor die Haustür
stelle — den Nachbarn zur Freude — um auf den Hund zu war-
ten, so lief ich kurz entschlossen hinterher.

Nach fünf Minuten hatte ich ihn erwischt und schleppte ihn
am Bande nach Hause, wobei mir noch klarer wurde, waruin
mein Onkel sechs Wochen Sommerfrische brauchte.

Als wir um die Ecke biegen, sehe ich, wie ein verdächtig
ausschaucndes Individium fluchtartig das Haus verläßt. Und
gleichzeitig fällt mir ein, daß ich ja vergessen hatte, die Tür zu
schließen.

Ich mache es kurz: alles, was nicht niet- und nagelfest war
und was nach Gold und Silber roch, war verschwunden.

Das kommt davon, wenn man auf einen Hund aufpassen
inuß, der das Haus bewachen soll.

Ich bin nur gespannt, was mein Onkel zu mir „gescheitem
Kerl" sagen wird, wenn er ahnungslos, aber erholt und mit
frischen Kräften aus der Sommerfrische zurückkebrt.


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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Dame" "Der Junggeselle" "Meines Onkels Hund"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4121, S. 330

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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