Der Träger wurde ratlos. Der Träger holte einen Dol-
metsch. Der sprach uns nacheinander spanisch, russisch, dänisch an.
2n der gleichen Reihenfolge sagte Karl drauf: »Mirgaangst!"
— »Iaz da legst di nieda!" — .Iaz glaab i's aba!"
Vun verlor der Dolmetsch auch die Fassung: .Vielleicht gar
Japaner?" sagte er zu der Volksversammlung, die sich rings
um uns gebildet hatte.
.Sanskrit", sagte Karl tief und voll.
.Ah, sanscritto!" sagte ein Student voll Ehrfurcht und er-
klärte seinen Landsleuten, das sei die älteste der Sprachen, die
es gäbe, und es wäre ein Ereignis, wenn solche Leute diese
Stadt beehrten.
Sie bestürmten ihn, er solle Sanskrit mit uns sprechen.
Was sie glaubten, sagte er: die schwerste aller Sprachen!
ein Semester brauche einer, nur um guten Tag zu sagen in der
Sanskritsprache.
Sie geleiteten uns in einen ersten Gasthof. Sie unterhan-
delten für uns der Preise wegen. Sie fragten, ob uns so und
so viel recht sei?
Wir zuckten mit den Schultern.
.Waar net iewi!" (wär nicht übel) sagte Freund Karl.
.Klingt ähnlich wie arabisch", tat der Hoteldirektor sach-
verständig.
.Bedenken Sie nur: die Reklame", sagte jemand zum Di-
rektor, .eigentlich sollten Sie den Sanskritleuten was heraus-
bezahlen."
.Des glaabst!" sagten wir voll Überzeugung.
»Das hört sich wieder an wie hindostanisch", sagte der Direktor.
Freund Karl, welcher Hunger hatte, zeigte auf den Magen:
.2s a Bonasalat aa no da?"
.Direkt portugiesisch", sagte der Direktor.
Karl wandte sich an Mar: .Marl, magst a Kalbshapl?"
.Fast wie merikanisch", glänzte der Direktor.
Karl zeigte auf die Straße: .D' Sunn scheint schön."
»Chinesisch", sekundierte der Direktor.
ImVorraum ging eine spindeldürre lange Engländerin vorbei.
»2es, des Gstemm!" sagte Karl.
.Beinah reines Englisch", warf sich der Direktor in die Brust.
»Ha", rief der Student, »da draußen geht Professor Spiri-
nelli, der spricht alle Sprachen!" und lotste ihn herein.
Mar zog die Augenbrauen gegen Karl hoch: RetßauS
nehmen?
Aber stehe, der Professor war es, der verlegen wurde: prak-
tisch spreche er die Sanskritsprache nicht, seine Studien seien
theoretisch. Und empfahl sich rasch in ausgesuchtem Italienisch.
»Und was die Preise anbelangt", entschied sich der Hotel-
direktor, »Sanscritti habe ich von jeher gratis ausgenommen."
Karl sah uns siegreich an. Aber Map erbleichte plötzlich. Die
Hoteltreppe herab kamen Münchner, die mit uns befreundet
waren. Als sie uns sahen, ging ihr Gefickt vor Wicderschens-
freude aus dem Leim. DieGefahr kommt immer von den Nächsten.
Im Handumdrehen würden wir entlarvt sein, wenn nicht —
Da verneigte sich Freund Karl vor dem Hotelgcwaltigen
und sagte laut und feierlich langsam: »De pfundhammi, de
da awakemma (herunterkommen), de sulln nur probiern, so z'
toan, als kcnneten s' ins, na lassen ma s' so damisch umananda-
tanzen mit de Orenfiesi, daß s' n Hlmmi für a Baßgeing an-
schaun, de Schlawina!"
Die Erkennung unterblieb.
Der Direktor wandte sich zu den Umstehenden: .Unsereiner
ist ein Mann der Praxis, kein Professor. Diesmal Hab' ich alles
gut verstanden. Die Sanscritti haben sich mit ausgesuchter Höf-
llchkeit bedankt für den Empfang bei uns — Herr Sekretär,
die besten Zimmer für die Sanskritgäste I . . ."
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metsch. Der sprach uns nacheinander spanisch, russisch, dänisch an.
2n der gleichen Reihenfolge sagte Karl drauf: »Mirgaangst!"
— »Iaz da legst di nieda!" — .Iaz glaab i's aba!"
Vun verlor der Dolmetsch auch die Fassung: .Vielleicht gar
Japaner?" sagte er zu der Volksversammlung, die sich rings
um uns gebildet hatte.
.Sanskrit", sagte Karl tief und voll.
.Ah, sanscritto!" sagte ein Student voll Ehrfurcht und er-
klärte seinen Landsleuten, das sei die älteste der Sprachen, die
es gäbe, und es wäre ein Ereignis, wenn solche Leute diese
Stadt beehrten.
Sie bestürmten ihn, er solle Sanskrit mit uns sprechen.
Was sie glaubten, sagte er: die schwerste aller Sprachen!
ein Semester brauche einer, nur um guten Tag zu sagen in der
Sanskritsprache.
Sie geleiteten uns in einen ersten Gasthof. Sie unterhan-
delten für uns der Preise wegen. Sie fragten, ob uns so und
so viel recht sei?
Wir zuckten mit den Schultern.
.Waar net iewi!" (wär nicht übel) sagte Freund Karl.
.Klingt ähnlich wie arabisch", tat der Hoteldirektor sach-
verständig.
.Bedenken Sie nur: die Reklame", sagte jemand zum Di-
rektor, .eigentlich sollten Sie den Sanskritleuten was heraus-
bezahlen."
.Des glaabst!" sagten wir voll Überzeugung.
»Das hört sich wieder an wie hindostanisch", sagte der Direktor.
Freund Karl, welcher Hunger hatte, zeigte auf den Magen:
.2s a Bonasalat aa no da?"
.Direkt portugiesisch", sagte der Direktor.
Karl wandte sich an Mar: .Marl, magst a Kalbshapl?"
.Fast wie merikanisch", glänzte der Direktor.
Karl zeigte auf die Straße: .D' Sunn scheint schön."
»Chinesisch", sekundierte der Direktor.
ImVorraum ging eine spindeldürre lange Engländerin vorbei.
»2es, des Gstemm!" sagte Karl.
.Beinah reines Englisch", warf sich der Direktor in die Brust.
»Ha", rief der Student, »da draußen geht Professor Spiri-
nelli, der spricht alle Sprachen!" und lotste ihn herein.
Mar zog die Augenbrauen gegen Karl hoch: RetßauS
nehmen?
Aber stehe, der Professor war es, der verlegen wurde: prak-
tisch spreche er die Sanskritsprache nicht, seine Studien seien
theoretisch. Und empfahl sich rasch in ausgesuchtem Italienisch.
»Und was die Preise anbelangt", entschied sich der Hotel-
direktor, »Sanscritti habe ich von jeher gratis ausgenommen."
Karl sah uns siegreich an. Aber Map erbleichte plötzlich. Die
Hoteltreppe herab kamen Münchner, die mit uns befreundet
waren. Als sie uns sahen, ging ihr Gefickt vor Wicderschens-
freude aus dem Leim. DieGefahr kommt immer von den Nächsten.
Im Handumdrehen würden wir entlarvt sein, wenn nicht —
Da verneigte sich Freund Karl vor dem Hotelgcwaltigen
und sagte laut und feierlich langsam: »De pfundhammi, de
da awakemma (herunterkommen), de sulln nur probiern, so z'
toan, als kcnneten s' ins, na lassen ma s' so damisch umananda-
tanzen mit de Orenfiesi, daß s' n Hlmmi für a Baßgeing an-
schaun, de Schlawina!"
Die Erkennung unterblieb.
Der Direktor wandte sich zu den Umstehenden: .Unsereiner
ist ein Mann der Praxis, kein Professor. Diesmal Hab' ich alles
gut verstanden. Die Sanscritti haben sich mit ausgesuchter Höf-
llchkeit bedankt für den Empfang bei uns — Herr Sekretär,
die besten Zimmer für die Sanskritgäste I . . ."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sanskrit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4126, S. 412
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg