Zweifel
Herr (eine Dame verfolgend, die, ibn bemerkend, ein Straßenbahnbillctt fortwirft): .Soll
das heißen, fabren Sic ab oder kommen Sic nacb! ? "
Ich b I a f
die Klarinette
Idi blaf' die Klarinette
Zu Fräulein Lieschens Preis.
Adi, reizende Lifette,
Ich blaf' midi lahm und heiß!
Ich bin kein Virtuofe,
Kein Triller^Troubadour,
Und wenn ich trotzdem blöke,
Gelchieht's aus Liebe nur!
Dideldum, dideldom,
Lilette, Racker, komm !!
Fühlft du denn nicht im Bufen
Ein Knifiern oder 'n Stich ?
Noch niemand hat geblufen
So inniglich wie idi!
Sag', kriegt dein Herz kein
Rißchen,
Wenn ich fo mufizier'?
O fei ein ganz klein bißdien
Doch klarinett zu mir!
Dideldum, dideldim,
Verliebt fein,das iltfchlimm!!
Doch bleiblt du tauben Ohres,
Entzückende Lifcn',
Dann blaf' ich mich kapores
Auf meiner Klarinett'!
Drum madi' ein End' dem
Harme
Und fdimilz wie warmer Talg,
Und lege deine Arme
Um deinen Blafebalg!
Dideldei, Dideldum,
O komm, o kimm, o kumm!!
Karldien
Merkwürdige 13 fä ndun g
Von Franz Handbreit
Da die Bauern von Fuchshofen alles noch lieber als ihre
Steuer bezahlen, so folgt dein Steuerboken nicht selten der Ge-
richtsvollzieher in die Häuser. So kam dieser eines Tages auch
in das Haus des Niggerlbauern, blieb aber, als er eben an der
Stubentür anklopfen wollte, auf einmal wie gebannt stehen und
horchte. Denn von drinnen her ertönte lautes, schluchzendes
Weinen und dazwischen undeutliches Klagerufen. Der Gerichts-
vollzieher, der nicht bloß das Amtszeichen auf der Mütze, son-
dern auch ein Herz im Leibe hakte, dachte schon: Da komme ich
aber zur Unrechten Stunde, wenn es ohnehin nichts als Tränen
gibt. — Trotzdem versuchte er die Türe leicht zu öffnen, um zu
sehen, was denn loS und ob vielleicht gar ein Unglück pasftert
wäre. Und siehe da! Inmitten der Stube stand ein Totenbett
und darauf lag der Niggerlbauer mit geschloffenen Augen und
verkreuzten Annen und ganz weiß im Gesicht und seine arme
Frau kniete zwischen den Totenkerzen und verhüllte ihr Gefickt
im Bettleinen. .Ihr müßt schon entschuldigen,' sagte der Ge-
richtsvollzieher, nachdem er langsam und vorsichtig eingetreten
war und der Bäuerin sein Beileid ausgedrückt batte, .das; mich
der Aintsweg gerade heute zu Euch geführt bat. Aber es wird
fick schon bester machen lassen, als es aussieht.' Und er begann
ihr auseinanderzusetzen. daß er nur solche Gegenstände pfänden
wolle, die sie nickt allzu nötig habe, um ihr nicht gleich das Ge
kreide vom Boden herab oder gar ein Stück Bieb aus dem
Stalle nehmen zu müffen. »Nachdem Euer Mann gestorben ist,'
fuhr er fort, »wird es Euch vielleicht am wenigsten drücken, wenn
ick feine zurückgelassenen Kleider, seine Stiefel und Hüte, viel
leichtauch nock seinen.Kasten und, waS Ihr wohl midi nicht mehr
für Euch verwendet, hier seine Bettlade, in der er gestorben ist,
als Pfand belege." — .Mein Gott," klagte da die Bäuerin,
.Ihr werdet mir doch die schönen Andenken an meinen Mann
nicht wegnebmen", und suchte dem Gerichtsvollzieher lang und
breit ausetnanderzulegen, wie sehr sie ihren Mann geliebt habe
und nichts von seiner Hinterlassenschaft missen möchte. Nun scklug
ihr der Gerichtsvollzieher vor, ihm selbst etliche Gegenstände zu
benennen, die er pfänden könnte, aber sie sagte: „ Ich kann über
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Herr (eine Dame verfolgend, die, ibn bemerkend, ein Straßenbahnbillctt fortwirft): .Soll
das heißen, fabren Sic ab oder kommen Sic nacb! ? "
Ich b I a f
die Klarinette
Idi blaf' die Klarinette
Zu Fräulein Lieschens Preis.
Adi, reizende Lifette,
Ich blaf' midi lahm und heiß!
Ich bin kein Virtuofe,
Kein Triller^Troubadour,
Und wenn ich trotzdem blöke,
Gelchieht's aus Liebe nur!
Dideldum, dideldom,
Lilette, Racker, komm !!
Fühlft du denn nicht im Bufen
Ein Knifiern oder 'n Stich ?
Noch niemand hat geblufen
So inniglich wie idi!
Sag', kriegt dein Herz kein
Rißchen,
Wenn ich fo mufizier'?
O fei ein ganz klein bißdien
Doch klarinett zu mir!
Dideldum, dideldim,
Verliebt fein,das iltfchlimm!!
Doch bleiblt du tauben Ohres,
Entzückende Lifcn',
Dann blaf' ich mich kapores
Auf meiner Klarinett'!
Drum madi' ein End' dem
Harme
Und fdimilz wie warmer Talg,
Und lege deine Arme
Um deinen Blafebalg!
Dideldei, Dideldum,
O komm, o kimm, o kumm!!
Karldien
Merkwürdige 13 fä ndun g
Von Franz Handbreit
Da die Bauern von Fuchshofen alles noch lieber als ihre
Steuer bezahlen, so folgt dein Steuerboken nicht selten der Ge-
richtsvollzieher in die Häuser. So kam dieser eines Tages auch
in das Haus des Niggerlbauern, blieb aber, als er eben an der
Stubentür anklopfen wollte, auf einmal wie gebannt stehen und
horchte. Denn von drinnen her ertönte lautes, schluchzendes
Weinen und dazwischen undeutliches Klagerufen. Der Gerichts-
vollzieher, der nicht bloß das Amtszeichen auf der Mütze, son-
dern auch ein Herz im Leibe hakte, dachte schon: Da komme ich
aber zur Unrechten Stunde, wenn es ohnehin nichts als Tränen
gibt. — Trotzdem versuchte er die Türe leicht zu öffnen, um zu
sehen, was denn loS und ob vielleicht gar ein Unglück pasftert
wäre. Und siehe da! Inmitten der Stube stand ein Totenbett
und darauf lag der Niggerlbauer mit geschloffenen Augen und
verkreuzten Annen und ganz weiß im Gesicht und seine arme
Frau kniete zwischen den Totenkerzen und verhüllte ihr Gefickt
im Bettleinen. .Ihr müßt schon entschuldigen,' sagte der Ge-
richtsvollzieher, nachdem er langsam und vorsichtig eingetreten
war und der Bäuerin sein Beileid ausgedrückt batte, .das; mich
der Aintsweg gerade heute zu Euch geführt bat. Aber es wird
fick schon bester machen lassen, als es aussieht.' Und er begann
ihr auseinanderzusetzen. daß er nur solche Gegenstände pfänden
wolle, die sie nickt allzu nötig habe, um ihr nicht gleich das Ge
kreide vom Boden herab oder gar ein Stück Bieb aus dem
Stalle nehmen zu müffen. »Nachdem Euer Mann gestorben ist,'
fuhr er fort, »wird es Euch vielleicht am wenigsten drücken, wenn
ick feine zurückgelassenen Kleider, seine Stiefel und Hüte, viel
leichtauch nock seinen.Kasten und, waS Ihr wohl midi nicht mehr
für Euch verwendet, hier seine Bettlade, in der er gestorben ist,
als Pfand belege." — .Mein Gott," klagte da die Bäuerin,
.Ihr werdet mir doch die schönen Andenken an meinen Mann
nicht wegnebmen", und suchte dem Gerichtsvollzieher lang und
breit ausetnanderzulegen, wie sehr sie ihren Mann geliebt habe
und nichts von seiner Hinterlassenschaft missen möchte. Nun scklug
ihr der Gerichtsvollzieher vor, ihm selbst etliche Gegenstände zu
benennen, die er pfänden könnte, aber sie sagte: „ Ich kann über
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zweifel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4138, S. 610
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg