Dorfgut, ja wenn man die Sache über-
haupt vom richtigen Standpunkt be-
trachte, Gemcindegut. —
So — und von bier aus beginnt der
Anfang des Paradieses, des Frcmdcn-
paradieses Kergertshausen.
Auf irgendeine Weise also — um es
kurz zu sagen — wurde das heilbringende
Wasser bekannt. Eö kamen die ersten
Sommcrfriscbler in das entlegene Zwölfhäuserdors und es wurde
aus einmal lebendig.
Der Schullehrer Botzelhart von Schlemmling, der Bürger-
meister und weis; der Teufel was nocb für Leute kamen nack
Kergertsbausen zum Rampfingcr und redeten immer wieder
von der „Goldgrube' im Schluckt!.
.Du muaßt dir Flasch'n macba loss'n, Rampfinger!. . .
Flaschen! . . Und dös g'sund' Wassa absüll'n .... Du muaßt
net jed'n Hallodri saufa loss'n! Do rentiert si docb dö Sack'
seiner Lebtog net!' riet der Bürgermeister dem Bauern, und der
Lehrer erläuterte und sckwatzte wie ein wildgewordenerpapagei.
In den näcksten Tagen subr der Rampfinger auck tatsäcklick
nach dem Marktflecken Binsback und kauflc beim Unterwirt so
an die vierzig Bierflaschen.
Aber die Sache wurde ihm bald zu dumm. Er hatte, ganz
deutlich sichtbar, einen Pappendeckel vor sein Gartentür! gemackt
mit der Aufschrift: .Mineralwasser bier zu haben!' Aber es
kam kein Mensck. Die Duelle wurde auck nickt weniger und
schliesslich die Leute, die gingen doch immer wieder binunter ins
Schlucht! und tranken das Wasser so.
Wieder kamen der Sckullebrer und der Bürgermeister und
redeten und redeten bin und her. Aber der Rampstnger war
schon kritisck. Die Bierflaschen voll Wasser standen im Haus-
gang, kein Mensch sckaute sie an. Ja, warm und abgestanden
schmeckte das Wasser, das war alles!
.Ab!' fing also der Rampfingcr ärgcrlick an: .Ah Mit
entern G'sundwassa aa no! Do kunnt i ja zwanz'g Bocktwäckta
und vierz'g Aufpasser hobn!... Wos hob i denn jetz' davon,
für dös, dass i's o,zapft bob, dös Wasser ? D' Arbat und dös naus-
g'sckmiss'ncGeld für dö lumpert'n Bierflasck'ln!.. Und sunst an
Dreck!" Und als man ibm keine Rübe lieft, wurde er ganz und
gar zornig und schrie wütend: .Fetz' wenn koa Ruab is, nackba
vepstopf' i ganz einsack dös Saulock, nackba bot fl dö G'sckickt'
glei' g'bob'n!' — Es war nickts mebr zu macken mit ibm.
Schlieftlick nack bartnäckigen Debatten einigte man fick da-
Aber nock eins: macken Sie Vie Taschen meines Sportanzugs
nicht zu klein —
hin, daft die Quelle dem Dorf als Gut zugesprochen wurde, und
jetzt fing die Sacke erst recht an.
Der Rcgclbergcr berief eine Zusammenkunft der Kcrgerts-
bauft'r beim Unterwirt in Scklcmmling ein und machte sich mit
sekkier ganzen Redseligkeit verständlich.
Qs müaftt's einfach a Komitecee gründ'n! A Koiniteeec, dös
wo dö Sack' in d' Hand nimmt!' schlug er vor und setzte hin-
zu: .Jeder muaß wockawcis' d' Wach' führ'n und dö ganz'
Angclece —genbeut bot sein' Lauf!'
.AKomiteec? AKomiteec —e!?' das war der richtige Aus-
druck. Jetzt batten es die Bauern begriffen.
Also sozusagen, so was wie eine neue Feuerwehr oder ein erlra
Spritzcnkommando!? Holla, das hatte den rechten Schwung.
Fetzt wufttc man. wo auö und wohin. Beim Hcimgehen wurde
man fick völlig einig. Fedc Woche also sollte ein Dorfbürger
mit dem alten Bordcrlader vom Rampfinger vor der Quelle
untertags auf und ab gehen und nachts
— nun ja, nachts tat cs schließlich ein
alter Kistcndeckel auck. Ein Kistendcckel,
zwei Steine drauf und vor das Oucll-
loch hin, das war so eine Idee vom
Hcingeiger Silvan.
Seit diesem Tag aber war kein
Friede mebr in kergertsbausen, denn
erstens wollte nickt jeder, wcnn's tt>n
traf, Wacke sieben, zweitens hat es den
Kistendeckel schon am ersten Tag da-
vongcsckwemmt und drittens bat das Komitee schon derart oft
gestritten, daft cs eine wabre Schande ist. Zuletzt ging man
mit offener Waffe aufeinander los,- Waffen wie Dreschflegel,
Rechen und Scnsenstiele spielten bei der letzten grossen Dors-
scklackt eine arg grosse Rolle.
Der Rampfinger bat eines Tages gesagt:. Fetz' muaft a Ruah
sein!" und bat den Grund verkauft und beute — ist Kergertshausen
das Paradies der Fremden,denn der Entdecker der Quelle,der Herr
Qberapotbekcr Attcnbauser aus München, hat das Sckluchtl ge-
kauft und zapft seitdem ab und ab, liefert in alleWclt dcn.Kergcrts
bauscr Sprudel', hat ein Brunnenbaus gebaut und einen grossen
Zaun um das Scklucktl gezogen und verlangt gar nicht inchr.
Die Kergcrtobauser — jetzt ist auck ein Wirtshaus dort und
rundbcrum find neue Häuser und Billen — sitzen noch oft bei-
sammen, schütteln die Köpfe und brummen: .Sckcusslich, scheuss-
lick!.. Wos dock a so a lappcrker Apotbcka für a Komitee
z'samm'bringr, baba, sckcusslick, sckeusslick . . .!'
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haupt vom richtigen Standpunkt be-
trachte, Gemcindegut. —
So — und von bier aus beginnt der
Anfang des Paradieses, des Frcmdcn-
paradieses Kergertshausen.
Auf irgendeine Weise also — um es
kurz zu sagen — wurde das heilbringende
Wasser bekannt. Eö kamen die ersten
Sommcrfriscbler in das entlegene Zwölfhäuserdors und es wurde
aus einmal lebendig.
Der Schullehrer Botzelhart von Schlemmling, der Bürger-
meister und weis; der Teufel was nocb für Leute kamen nack
Kergertsbausen zum Rampfingcr und redeten immer wieder
von der „Goldgrube' im Schluckt!.
.Du muaßt dir Flasch'n macba loss'n, Rampfinger!. . .
Flaschen! . . Und dös g'sund' Wassa absüll'n .... Du muaßt
net jed'n Hallodri saufa loss'n! Do rentiert si docb dö Sack'
seiner Lebtog net!' riet der Bürgermeister dem Bauern, und der
Lehrer erläuterte und sckwatzte wie ein wildgewordenerpapagei.
In den näcksten Tagen subr der Rampfinger auck tatsäcklick
nach dem Marktflecken Binsback und kauflc beim Unterwirt so
an die vierzig Bierflaschen.
Aber die Sache wurde ihm bald zu dumm. Er hatte, ganz
deutlich sichtbar, einen Pappendeckel vor sein Gartentür! gemackt
mit der Aufschrift: .Mineralwasser bier zu haben!' Aber es
kam kein Mensck. Die Duelle wurde auck nickt weniger und
schliesslich die Leute, die gingen doch immer wieder binunter ins
Schlucht! und tranken das Wasser so.
Wieder kamen der Sckullebrer und der Bürgermeister und
redeten und redeten bin und her. Aber der Rampstnger war
schon kritisck. Die Bierflaschen voll Wasser standen im Haus-
gang, kein Mensch sckaute sie an. Ja, warm und abgestanden
schmeckte das Wasser, das war alles!
.Ab!' fing also der Rampfingcr ärgcrlick an: .Ah Mit
entern G'sundwassa aa no! Do kunnt i ja zwanz'g Bocktwäckta
und vierz'g Aufpasser hobn!... Wos hob i denn jetz' davon,
für dös, dass i's o,zapft bob, dös Wasser ? D' Arbat und dös naus-
g'sckmiss'ncGeld für dö lumpert'n Bierflasck'ln!.. Und sunst an
Dreck!" Und als man ibm keine Rübe lieft, wurde er ganz und
gar zornig und schrie wütend: .Fetz' wenn koa Ruab is, nackba
vepstopf' i ganz einsack dös Saulock, nackba bot fl dö G'sckickt'
glei' g'bob'n!' — Es war nickts mebr zu macken mit ibm.
Schlieftlick nack bartnäckigen Debatten einigte man fick da-
Aber nock eins: macken Sie Vie Taschen meines Sportanzugs
nicht zu klein —
hin, daft die Quelle dem Dorf als Gut zugesprochen wurde, und
jetzt fing die Sacke erst recht an.
Der Rcgclbergcr berief eine Zusammenkunft der Kcrgerts-
bauft'r beim Unterwirt in Scklcmmling ein und machte sich mit
sekkier ganzen Redseligkeit verständlich.
Qs müaftt's einfach a Komitecee gründ'n! A Koiniteeec, dös
wo dö Sack' in d' Hand nimmt!' schlug er vor und setzte hin-
zu: .Jeder muaß wockawcis' d' Wach' führ'n und dö ganz'
Angclece —genbeut bot sein' Lauf!'
.AKomiteec? AKomiteec —e!?' das war der richtige Aus-
druck. Jetzt batten es die Bauern begriffen.
Also sozusagen, so was wie eine neue Feuerwehr oder ein erlra
Spritzcnkommando!? Holla, das hatte den rechten Schwung.
Fetzt wufttc man. wo auö und wohin. Beim Hcimgehen wurde
man fick völlig einig. Fedc Woche also sollte ein Dorfbürger
mit dem alten Bordcrlader vom Rampfinger vor der Quelle
untertags auf und ab gehen und nachts
— nun ja, nachts tat cs schließlich ein
alter Kistcndeckel auck. Ein Kistendcckel,
zwei Steine drauf und vor das Oucll-
loch hin, das war so eine Idee vom
Hcingeiger Silvan.
Seit diesem Tag aber war kein
Friede mebr in kergertsbausen, denn
erstens wollte nickt jeder, wcnn's tt>n
traf, Wacke sieben, zweitens hat es den
Kistendeckel schon am ersten Tag da-
vongcsckwemmt und drittens bat das Komitee schon derart oft
gestritten, daft cs eine wabre Schande ist. Zuletzt ging man
mit offener Waffe aufeinander los,- Waffen wie Dreschflegel,
Rechen und Scnsenstiele spielten bei der letzten grossen Dors-
scklackt eine arg grosse Rolle.
Der Rampfinger bat eines Tages gesagt:. Fetz' muaft a Ruah
sein!" und bat den Grund verkauft und beute — ist Kergertshausen
das Paradies der Fremden,denn der Entdecker der Quelle,der Herr
Qberapotbekcr Attcnbauser aus München, hat das Sckluchtl ge-
kauft und zapft seitdem ab und ab, liefert in alleWclt dcn.Kergcrts
bauscr Sprudel', hat ein Brunnenbaus gebaut und einen grossen
Zaun um das Scklucktl gezogen und verlangt gar nicht inchr.
Die Kergcrtobauser — jetzt ist auck ein Wirtshaus dort und
rundbcrum find neue Häuser und Billen — sitzen noch oft bei-
sammen, schütteln die Köpfe und brummen: .Sckcusslich, scheuss-
lick!.. Wos dock a so a lappcrker Apotbcka für a Komitee
z'samm'bringr, baba, sckcusslick, sckeusslick . . .!'
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Komité"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4140, S. 640
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg