Aquarla, die von Tschumpolo gefundene unv der Arena Sternschuh
einverletbte Nixe aus dem Teich bei Erfurt, hat außer vielerlei anderm
Unheil nun auch das angerichtet, daß sie vom ltebestollen Fürsten Gar-
batzy von Xylophonien geraubt worden ist.
(Forts. 4)
iebzehn Monate waren hingewichen. Aqua-
ria, vom Fürsten Garbatzy, dessen Ehe-
frau Begunna infolge Kindbettfiebers
das Zeitliche eingesegnet und nun lange
Jahre hindurch als Witwer die Erziehung
seines einzigen Sohnes Grotrian in die
Wege geleitet hatte, welcher mit seinem
Reisemarschall auf einer Weltumschiffung
begriffen war, lebte unter dem Namen
„Forellinde" als Fürstin von Rylo-
phonien, behütet und betreut von ihrem
ihr jeden Wunsch von den Augen ab-
ratenden Gatten, welcher ihr einen Rollstuhl hatte konstruieren lassen,
damit ihre sie von den übrigen Menschenkindern so auffallend unter-
scheidende Gestalt verhüllt werde. Da sich Forellinde durch edle Ge-
sinnung und soziale Fürsorge beimBolke auszeichnete und als kränkelnde
Dulderin galt, deren irdischer Sinn auf Kirche und Frömmigkeit
gerichtet war, so kann es nicht verwundern, daß zahllose Legenden, vom
Fürsten unterstützt, von Munde zu Munde gingen, in welchen der
Opfersinn und die christliche Demut der Fürstin gepriesen wurden,
welcher alsbald der Beiname einer Heiligen verliehen wurde. Fürst
Garbahys Zärtlichkeit kannte keine Grenzen, mit welcher er seine
schweigsame Gattin umringte. Doch, obwohl Forellinde weder lachte
noch weinte, weder klagte noch Heiterkeit zeigte, schien ihre Ehe eine
glückliche zu sein, bis eine Wandlung eintrat, wie man sie unheil-
schwangerer schwerlich vorauszuahne» vermocht hätte.
Der junge Fürst nämlich, Grotrian mit Namen, kehrte von seiner
Weltumsegelung zurück, erblickte seine neue Mutter und ward von
elementarer Liebe zu derselben ergriffen. Schaudernd überraschte der
alte Fürst seinen mißratenen Sohn dabei, wie derselbe den pfirsich-
zarten Oberarm Forellindes mit sinnestrunkenen Küssen bedeckte, welche
sich nicht zu wehren schien, sondern halbgeöffneten Mundes alle Lieb-
kosungen stumm über sich ergehen ließ. Da packte den Fürsten ohn-
mächtige Wut, er zog seinen Krummsäbel und hieb auf Grotrian ein,
welcher, seinerseits nicht müßig und anderseits im Rausche der Sinnen-
lust, ebenfalls blankzog und den eigenen Bater mit einem wohlgeziel-
ten Hieb in mehrere Hälften spaltete. _
Die Nachricht von Garbatzys Ableben rief Bestürzung und Schrecken
hervor, bewaffnete Scharen umkreisten den Palast und wußten sich Ein-
gang zu verschaffen in das Privatgemach des jungen Fürsten. Kaum
jedoch hatte derselbe diesbezügliche Lunte gerochen, als er Forellinde her-
bekbeordern ließ, deren liebreizenderAnblick die erregten Gemüter im Nu
besänftigte, so daß Grotrian die Situation geschickt auszunuhen wähnte,
indem er seine baldige Vermählung mit seiner Stiefmutter proklamierte.
Da war des Kopfschüttelns und Raunens kein Ende in ganz Rylo-
phonien, während die Priesterschaft die unschuldsvolle Reinheit der
Fürstin zum panier erhob und alle Herzen derselben zuflogen, wo sie
sich irgend blicken ließ, und die Borbereitungen zu Grotrians Hochzeit
ihren ungestörten Verlauf nahmen.
Nur um Forellinde schien niemand sich zu kümmern. Tag und Nacht
träumte sie vor sich hin, den Namen Tschumpolo kaum merklich flüsternd,
nach welchem ihr Sinnen und Trachten gerichtet war. Sei es, daß sie
im Rollstuhl die Luft des Parkes einatmete, sei es, daß sie in ihrem
Kutschwagen durch die Residenz fuhr, immer weilten ihre bangen Ge-
danken voller Sehnsucht bei Tschumpolo, dessen Züge unzertrennlich
waren von ihrem Gefühlsleben, welches fie im Busen mit sich trug.
Sie erhob keinen - J? Einspruch gegen die
Hochzeit mit Gro- trian, sie duldete
still und heroisch,
über ihr Haupt
kein Klagelaut
Purpurlippen.
Weib des jun-
ehrt und geach
und verschlossen
was das Schicksal
verhängte, und
kam über ihre
Nun war sie das
gen Fürsten, ge
tet, doch einsam
(Schluß folgt)
__,
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einverletbte Nixe aus dem Teich bei Erfurt, hat außer vielerlei anderm
Unheil nun auch das angerichtet, daß sie vom ltebestollen Fürsten Gar-
batzy von Xylophonien geraubt worden ist.
(Forts. 4)
iebzehn Monate waren hingewichen. Aqua-
ria, vom Fürsten Garbatzy, dessen Ehe-
frau Begunna infolge Kindbettfiebers
das Zeitliche eingesegnet und nun lange
Jahre hindurch als Witwer die Erziehung
seines einzigen Sohnes Grotrian in die
Wege geleitet hatte, welcher mit seinem
Reisemarschall auf einer Weltumschiffung
begriffen war, lebte unter dem Namen
„Forellinde" als Fürstin von Rylo-
phonien, behütet und betreut von ihrem
ihr jeden Wunsch von den Augen ab-
ratenden Gatten, welcher ihr einen Rollstuhl hatte konstruieren lassen,
damit ihre sie von den übrigen Menschenkindern so auffallend unter-
scheidende Gestalt verhüllt werde. Da sich Forellinde durch edle Ge-
sinnung und soziale Fürsorge beimBolke auszeichnete und als kränkelnde
Dulderin galt, deren irdischer Sinn auf Kirche und Frömmigkeit
gerichtet war, so kann es nicht verwundern, daß zahllose Legenden, vom
Fürsten unterstützt, von Munde zu Munde gingen, in welchen der
Opfersinn und die christliche Demut der Fürstin gepriesen wurden,
welcher alsbald der Beiname einer Heiligen verliehen wurde. Fürst
Garbahys Zärtlichkeit kannte keine Grenzen, mit welcher er seine
schweigsame Gattin umringte. Doch, obwohl Forellinde weder lachte
noch weinte, weder klagte noch Heiterkeit zeigte, schien ihre Ehe eine
glückliche zu sein, bis eine Wandlung eintrat, wie man sie unheil-
schwangerer schwerlich vorauszuahne» vermocht hätte.
Der junge Fürst nämlich, Grotrian mit Namen, kehrte von seiner
Weltumsegelung zurück, erblickte seine neue Mutter und ward von
elementarer Liebe zu derselben ergriffen. Schaudernd überraschte der
alte Fürst seinen mißratenen Sohn dabei, wie derselbe den pfirsich-
zarten Oberarm Forellindes mit sinnestrunkenen Küssen bedeckte, welche
sich nicht zu wehren schien, sondern halbgeöffneten Mundes alle Lieb-
kosungen stumm über sich ergehen ließ. Da packte den Fürsten ohn-
mächtige Wut, er zog seinen Krummsäbel und hieb auf Grotrian ein,
welcher, seinerseits nicht müßig und anderseits im Rausche der Sinnen-
lust, ebenfalls blankzog und den eigenen Bater mit einem wohlgeziel-
ten Hieb in mehrere Hälften spaltete. _
Die Nachricht von Garbatzys Ableben rief Bestürzung und Schrecken
hervor, bewaffnete Scharen umkreisten den Palast und wußten sich Ein-
gang zu verschaffen in das Privatgemach des jungen Fürsten. Kaum
jedoch hatte derselbe diesbezügliche Lunte gerochen, als er Forellinde her-
bekbeordern ließ, deren liebreizenderAnblick die erregten Gemüter im Nu
besänftigte, so daß Grotrian die Situation geschickt auszunuhen wähnte,
indem er seine baldige Vermählung mit seiner Stiefmutter proklamierte.
Da war des Kopfschüttelns und Raunens kein Ende in ganz Rylo-
phonien, während die Priesterschaft die unschuldsvolle Reinheit der
Fürstin zum panier erhob und alle Herzen derselben zuflogen, wo sie
sich irgend blicken ließ, und die Borbereitungen zu Grotrians Hochzeit
ihren ungestörten Verlauf nahmen.
Nur um Forellinde schien niemand sich zu kümmern. Tag und Nacht
träumte sie vor sich hin, den Namen Tschumpolo kaum merklich flüsternd,
nach welchem ihr Sinnen und Trachten gerichtet war. Sei es, daß sie
im Rollstuhl die Luft des Parkes einatmete, sei es, daß sie in ihrem
Kutschwagen durch die Residenz fuhr, immer weilten ihre bangen Ge-
danken voller Sehnsucht bei Tschumpolo, dessen Züge unzertrennlich
waren von ihrem Gefühlsleben, welches fie im Busen mit sich trug.
Sie erhob keinen - J? Einspruch gegen die
Hochzeit mit Gro- trian, sie duldete
still und heroisch,
über ihr Haupt
kein Klagelaut
Purpurlippen.
Weib des jun-
ehrt und geach
und verschlossen
was das Schicksal
verhängte, und
kam über ihre
Nun war sie das
gen Fürsten, ge
tet, doch einsam
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aquaria die Wassernixe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1925
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 162.1925, Nr. 4148, S. 55
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg


