Die Nachforderring
2m Cafe „Arcadia" unterhalten sich die Schriststeller Knulp und
Lüderjahn. Knulp erzählt von den unerhört hohen Zeilenhonoraren,
die ihm die Redaktion der „Hornisse" zahlt. Lüderjahn staunt und
zweifelt — aus eigner Erfahrung.
„Ja, mein guter Freund," läßt Knulp seinen schwergewichtigen
Baß wie einen Sturmbock gegen den vor ihm aufgcreckten Hunger-
turm anrollen,„meine Krast
liegt eben in der Kürze/
mir zahlt die Redaktion d i e
w eggebliebenen Zei-
len doppelt."
„ Die weggebliebene»
doppelt?" kräht Lüderjahn,
„da Hab' ich ja zehntausend
Mark nachzusordern! Von
den Handkarren voll Ge-
dichten, die ich ihnen im
Lauf der Jahre geschickt
habe, haben sie nur einen
Vierzeiler genommen."
T.
Die alte und die
neue Glocke
Die Kirche eines nieder-
rheinischen Dörfchens be-
kam eine neue Glocke / die
alte war während des Krie-
ges heruntergeholt worden.
Alt und jung versammelte
sich zur Feier auf dem klei-
nen Marktplatz und ver-
folgte gespannt die Zeremo-
nien der Weihe, — Das
probeläuten begann. Ein
allgemeines freudiges
„Ah!" umbrauste den
Kirchturm, nur die krittel-
süchtige, griesgrämige, aber
immer noch nach einem
Freier ausschauende alte
Jungfer Lisabeth sagte zu
dem neben ihr stehenden jungen Mann: „Nee, nee, die brummt
nit so wie de alde!" — Da sagte der Angeredete trocken: «Lisabeth,
wenn die erst mal so lang im Turm gehangen hat wie die alde, —
dann brummt se ook so!" L.
Die rtchttge Braut
Ellerbeck hat endlich die Braut — die Vorbestimmte, die Stern-
gesandte — gesunden. Sie
ist so ideal veranlagt, daß
sie direkt die Gattin Schil-
lers oder Waldemar Bon-
sels sein könnte, und häus-
lich dabet, häuslich! — nun,
dafür kann man gar kein
Beispiel geben.
Doch! ein Beispiel hat
kürzlich Agathe selber ge-
geben. (Nebenbei: sie muß
Ellerbecken öfter solche Bei-
spiele geben — sie kennt seine
Schwäche, seine Achilles-
ferse für die ideal-häuslich
veranlagte Frau!)
Ellerbeck hat ihr Blu-
men mitgebracht — was
sag' ich, Blumen! japani-
schen Flieder hat er ihr
mitgebracht, also was ganz
Kostbares. Erüberreicht ihr
den Strauß mit Span-
nung. „Du Lieber! Du
Guter!" fliegt ihm Agathe
vom Küchentisch an den
Hals, „wie süß! wie herr-
lich! aus den Blüten säuselt
Li-tai-pe — — was hat er
denn gekostet?" — „Zwei
Mark",sagtEllerbeck. „Al-
so genau soviel wie diese
vier Knollen Sellerie",
nickt Agathe nachdenklich.
Und Ellerbeck ist selig. T.
Im Jahrhundert der Zeiterfparnis :
Der Segen per Radio
Früh lin 3sn Acht
7ief durch die Macht der Wälder dumpfes Grollen:
die Sterne funkeln ungewiß und bang.
Jm Strom die lebten Schollen rollen.
Der warme Wind harft trunk ’ nen Liebes fang
und weckt im Feld die fußen Lerchenliedeiy
am Mang die Veilchen und am Bach den Flieder:
Find lauter Ichwillt das Donnern durch die Macht.
Ludwig B&te
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2m Cafe „Arcadia" unterhalten sich die Schriststeller Knulp und
Lüderjahn. Knulp erzählt von den unerhört hohen Zeilenhonoraren,
die ihm die Redaktion der „Hornisse" zahlt. Lüderjahn staunt und
zweifelt — aus eigner Erfahrung.
„Ja, mein guter Freund," läßt Knulp seinen schwergewichtigen
Baß wie einen Sturmbock gegen den vor ihm aufgcreckten Hunger-
turm anrollen,„meine Krast
liegt eben in der Kürze/
mir zahlt die Redaktion d i e
w eggebliebenen Zei-
len doppelt."
„ Die weggebliebene»
doppelt?" kräht Lüderjahn,
„da Hab' ich ja zehntausend
Mark nachzusordern! Von
den Handkarren voll Ge-
dichten, die ich ihnen im
Lauf der Jahre geschickt
habe, haben sie nur einen
Vierzeiler genommen."
T.
Die alte und die
neue Glocke
Die Kirche eines nieder-
rheinischen Dörfchens be-
kam eine neue Glocke / die
alte war während des Krie-
ges heruntergeholt worden.
Alt und jung versammelte
sich zur Feier auf dem klei-
nen Marktplatz und ver-
folgte gespannt die Zeremo-
nien der Weihe, — Das
probeläuten begann. Ein
allgemeines freudiges
„Ah!" umbrauste den
Kirchturm, nur die krittel-
süchtige, griesgrämige, aber
immer noch nach einem
Freier ausschauende alte
Jungfer Lisabeth sagte zu
dem neben ihr stehenden jungen Mann: „Nee, nee, die brummt
nit so wie de alde!" — Da sagte der Angeredete trocken: «Lisabeth,
wenn die erst mal so lang im Turm gehangen hat wie die alde, —
dann brummt se ook so!" L.
Die rtchttge Braut
Ellerbeck hat endlich die Braut — die Vorbestimmte, die Stern-
gesandte — gesunden. Sie
ist so ideal veranlagt, daß
sie direkt die Gattin Schil-
lers oder Waldemar Bon-
sels sein könnte, und häus-
lich dabet, häuslich! — nun,
dafür kann man gar kein
Beispiel geben.
Doch! ein Beispiel hat
kürzlich Agathe selber ge-
geben. (Nebenbei: sie muß
Ellerbecken öfter solche Bei-
spiele geben — sie kennt seine
Schwäche, seine Achilles-
ferse für die ideal-häuslich
veranlagte Frau!)
Ellerbeck hat ihr Blu-
men mitgebracht — was
sag' ich, Blumen! japani-
schen Flieder hat er ihr
mitgebracht, also was ganz
Kostbares. Erüberreicht ihr
den Strauß mit Span-
nung. „Du Lieber! Du
Guter!" fliegt ihm Agathe
vom Küchentisch an den
Hals, „wie süß! wie herr-
lich! aus den Blüten säuselt
Li-tai-pe — — was hat er
denn gekostet?" — „Zwei
Mark",sagtEllerbeck. „Al-
so genau soviel wie diese
vier Knollen Sellerie",
nickt Agathe nachdenklich.
Und Ellerbeck ist selig. T.
Im Jahrhundert der Zeiterfparnis :
Der Segen per Radio
Früh lin 3sn Acht
7ief durch die Macht der Wälder dumpfes Grollen:
die Sterne funkeln ungewiß und bang.
Jm Strom die lebten Schollen rollen.
Der warme Wind harft trunk ’ nen Liebes fang
und weckt im Feld die fußen Lerchenliedeiy
am Mang die Veilchen und am Bach den Flieder:
Find lauter Ichwillt das Donnern durch die Macht.
Ludwig B&te
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Im Jahrhundert der Zeitersparnis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1925
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 162.1925, Nr. 4161, S. 214
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg