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Er Ein neues Mittel, schmerzlos Zähne zu ziehen, hat ein
amerikanischer Arzt erfunden, allerdings kommt es nur für
reiche Leute in Betracht: Der Patient muß mit dem Arzt ein Flug-
zeug nehmen und bis in 2000 Meter Höhe steigen. Dort oben ist
dann völlige Schmerzlosigkeit gewährleistet. — Da steht man wieder,
wie die Entdeckungen der Wissenschaft im Instinkt verborgen liegen:
schon vom Anbeginn des Zahnziehens an sind die Leute „in die Lust
gegangen" - sie haben nur nicht 2000 Meter Höhe erreicht.
In Iserlohn waren drei Familien durch eine Feuersbrunst obdach-
los geworden. Das Wohnungsamt, in seiner bekannten Güte, stellte
ihnen sofort drei andere Wohnungen zur Verfügung. Als aber der
Einzug erfolgen sollte, stellte sich heraus, daß es sich um eine unbe-
wohnte Mühle mit einem Raum für alle handelte. Die drei Familien,
zwanzig Kops groß, wandten sich nun an den zuständigen Beamten,
und gottlob war dieser von engherzigem Bürokratismus gänzlich frei:
er nahm ein Stück Kreide und teilte den Boden in drei Abteilungen,
so daß jedenfalls das Wohnungsamt mit der Sache nichts mehr zu
tun hatte.
Zwei Landwirte von der bayerisch-böhmischen Grenze hatten bei
einer kleinen Feier im Böhmischen des guten Weines zu viel genossen
und waren in der Stimmung, um jedermann, auch dem gestrengen
Herrn Zollbeamten, ein Schnippchen zu schlagen. Sie meldeten ihm,
daß jeder von ihnen zwei Liter Wein über die Grenze bringe, und
gestanden ihm nach langem Hin und Her, daß er sich nicht mehr in
Flaschen, sondern bereits in ihren Bäuchlein befinde. Da schlug der
Zöllner sein Paragraphenbuch auf, blätterte und las ihnen mit ernster
Miene vor: „Ohne Zoll passieren. Wein in Eselshäutcn ist zollfrei."
Brettschneider
Vom Himmel fällt der erfte Schnee.
Bold friert es/ und die Kinder bitten :
//Ach, Vater, fielt' vereift den See/
Vom Rummelboden hol’ den Sdditten !"
Den Alantei reinigt man vom Staub
Lind kauft fich ein Paar neue Handfchuh
Der Schrebergärtner deckt mit Raub
Den Sellerie auf feinem Land zu.
Schon zieh'n die Krähen in die Stadl;
Ans Fenfter picken Spatyen, Dohlen.
Wohl dem, der einen Ofen hat
Und fich zur LZ,eit verforgt mit Kohlen.
Schaurig und ohne Alitleid weht
Es übers frierende Gelände.
Alan merkt, daß es zum Winter geht.
Die fchönen Page find zu hnde.
Herbert Schildknecht
Aneküoten
Ein adelsstolzer Herr suchte einst Alexander Dumas in Verlegen-
heit zu bringen, indem er ihm seine Abstammung von einer Negerin
vorhielt. Er fragte den berühmten Romancier, der bekanntlich nicht
auf den Mund gefallen war: „Nicht wahr, Herr Dumas, Ihr Vater,
der General, war ein Mulatte?" — „Ganz richtig, mein Herr!" er-
widerte Dumas ruhige Aber der neugierige Frager drängte weiter:
„Und dann war Ihr Großvater..." - „Ein Neger, mein Herr, ge-
wiß, ein Neger!" — „Und Ihr Urgroßvater, wenn ich fragen darf?" -
„War ein Affe, mein Herr! Mein Stammbaum beginnt, wo der Ihre
endet!" trumpfte Dumas den lästigen Frager ab.
*
Wie viele gelehrte Männer, so litt auch Lessing im Alter an Zer-
streutheit. Eines Abends ging der Dichter des „Nathan" und der
„Minna von Barnhelm" in tiefe Gedanken versunken nach Hause.
Es war schon dunkel, als er die Haustüre erreichte und läutete. Der
Diener, der zum Fenster heraussah, konnte in der Finsternis seinen
Herrn nicht erkennen,- er rief daher hinunter: „Der Herr Professor
ist nicht zu Hause!" - „Gut," erwiderte Lessing, „sagen Sie ihm, ich
würde morgen wiederkommen."
*
Eine Deputation der Berliner Geistlichkeit beschwerte sich bei Fried-
rich dem Großen, daß der Graf Golckin seine eigene Nichte geheiratet
habe. Der König ließ den Grafen rufen, und die anwesenden Geist-
lichen freuten sich schon auf das Donnerwetter, das aus des Königs
Munde auf den Sünder niederprasseln würde. Mit sehr ernster Miene
empfing Friedrich den Grafen. „Sie haben Ihre Nichte geheiratet?"
— „Gewiß, ich tat es, Majestät", gestand der Graf. „Nun, so tun
Sie es nicht wieder!" lautete das salomonische Urteil des großen
Köttigs, und damit war der Fall zum Verdruß der würdigen Pastoren
erledigt. F.W.
222
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Er Ein neues Mittel, schmerzlos Zähne zu ziehen, hat ein
amerikanischer Arzt erfunden, allerdings kommt es nur für
reiche Leute in Betracht: Der Patient muß mit dem Arzt ein Flug-
zeug nehmen und bis in 2000 Meter Höhe steigen. Dort oben ist
dann völlige Schmerzlosigkeit gewährleistet. — Da steht man wieder,
wie die Entdeckungen der Wissenschaft im Instinkt verborgen liegen:
schon vom Anbeginn des Zahnziehens an sind die Leute „in die Lust
gegangen" - sie haben nur nicht 2000 Meter Höhe erreicht.
In Iserlohn waren drei Familien durch eine Feuersbrunst obdach-
los geworden. Das Wohnungsamt, in seiner bekannten Güte, stellte
ihnen sofort drei andere Wohnungen zur Verfügung. Als aber der
Einzug erfolgen sollte, stellte sich heraus, daß es sich um eine unbe-
wohnte Mühle mit einem Raum für alle handelte. Die drei Familien,
zwanzig Kops groß, wandten sich nun an den zuständigen Beamten,
und gottlob war dieser von engherzigem Bürokratismus gänzlich frei:
er nahm ein Stück Kreide und teilte den Boden in drei Abteilungen,
so daß jedenfalls das Wohnungsamt mit der Sache nichts mehr zu
tun hatte.
Zwei Landwirte von der bayerisch-böhmischen Grenze hatten bei
einer kleinen Feier im Böhmischen des guten Weines zu viel genossen
und waren in der Stimmung, um jedermann, auch dem gestrengen
Herrn Zollbeamten, ein Schnippchen zu schlagen. Sie meldeten ihm,
daß jeder von ihnen zwei Liter Wein über die Grenze bringe, und
gestanden ihm nach langem Hin und Her, daß er sich nicht mehr in
Flaschen, sondern bereits in ihren Bäuchlein befinde. Da schlug der
Zöllner sein Paragraphenbuch auf, blätterte und las ihnen mit ernster
Miene vor: „Ohne Zoll passieren. Wein in Eselshäutcn ist zollfrei."
Brettschneider
Vom Himmel fällt der erfte Schnee.
Bold friert es/ und die Kinder bitten :
//Ach, Vater, fielt' vereift den See/
Vom Rummelboden hol’ den Sdditten !"
Den Alantei reinigt man vom Staub
Lind kauft fich ein Paar neue Handfchuh
Der Schrebergärtner deckt mit Raub
Den Sellerie auf feinem Land zu.
Schon zieh'n die Krähen in die Stadl;
Ans Fenfter picken Spatyen, Dohlen.
Wohl dem, der einen Ofen hat
Und fich zur LZ,eit verforgt mit Kohlen.
Schaurig und ohne Alitleid weht
Es übers frierende Gelände.
Alan merkt, daß es zum Winter geht.
Die fchönen Page find zu hnde.
Herbert Schildknecht
Aneküoten
Ein adelsstolzer Herr suchte einst Alexander Dumas in Verlegen-
heit zu bringen, indem er ihm seine Abstammung von einer Negerin
vorhielt. Er fragte den berühmten Romancier, der bekanntlich nicht
auf den Mund gefallen war: „Nicht wahr, Herr Dumas, Ihr Vater,
der General, war ein Mulatte?" — „Ganz richtig, mein Herr!" er-
widerte Dumas ruhige Aber der neugierige Frager drängte weiter:
„Und dann war Ihr Großvater..." - „Ein Neger, mein Herr, ge-
wiß, ein Neger!" — „Und Ihr Urgroßvater, wenn ich fragen darf?" -
„War ein Affe, mein Herr! Mein Stammbaum beginnt, wo der Ihre
endet!" trumpfte Dumas den lästigen Frager ab.
*
Wie viele gelehrte Männer, so litt auch Lessing im Alter an Zer-
streutheit. Eines Abends ging der Dichter des „Nathan" und der
„Minna von Barnhelm" in tiefe Gedanken versunken nach Hause.
Es war schon dunkel, als er die Haustüre erreichte und läutete. Der
Diener, der zum Fenster heraussah, konnte in der Finsternis seinen
Herrn nicht erkennen,- er rief daher hinunter: „Der Herr Professor
ist nicht zu Hause!" - „Gut," erwiderte Lessing, „sagen Sie ihm, ich
würde morgen wiederkommen."
*
Eine Deputation der Berliner Geistlichkeit beschwerte sich bei Fried-
rich dem Großen, daß der Graf Golckin seine eigene Nichte geheiratet
habe. Der König ließ den Grafen rufen, und die anwesenden Geist-
lichen freuten sich schon auf das Donnerwetter, das aus des Königs
Munde auf den Sünder niederprasseln würde. Mit sehr ernster Miene
empfing Friedrich den Grafen. „Sie haben Ihre Nichte geheiratet?"
— „Gewiß, ich tat es, Majestät", gestand der Graf. „Nun, so tun
Sie es nicht wieder!" lautete das salomonische Urteil des großen
Köttigs, und damit war der Fall zum Verdruß der würdigen Pastoren
erledigt. F.W.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lustige Weltchronik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum (normiert)
1925 - 1925
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 163.1925, Nr. 4188, S. 222
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg