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(Das gfüdcfefige (Töienjpief

•Sine fflltmüncßner £fiofgefcfiicüte von fflorft cWoffram Qeißfer

(Herr von Thaller, in Liebe zur Gräfin Madelelne Tauffkirchen entbrannt,
hat künstlich ein Duell mit dem französischen Gesandten Mazette provoziert,
in den Madeleine dem Gerücht nach unglücklich verliebt sein soll.)

^ *c’rt1, war Abend geworden. Die

kleine Gräfin Madeleine Tauffkirchen lief
<D] in ihrem Boudoir hin und her und rang die
C Hände. Die Kammerjungfer Fanny stand dabei
F und wußte nicht, wie sie helfen sollte.

S „Was?" sagte die Tauffkirchen, blaß vor
Aufregung, „ein Duell mit dem Chevalier
de Mazette? Mein Gott, warum denn? Oh, ich
ahne Abscheuliches! Dieser Raufbold! Dieser
Wüterich! Und was ist Mazette geschehen?"
„Tot ist er nicht...", sagte Fanny beruhigend.

„ Aber er wird sterben, er wird bestimmt sterben! Ein Stich in die Brust?
Entsetzlich! Und warum? Meinetwegen! Gewiß meinetwegen! Ich bin an
dem ganzen Unglück schuld. Man wird mit den Fingern auf mich deuten — "

„Beruhigen Sie sich doch!" sagte das Zöschen. „Einstweilen fällt es
niemanden ein, mit dem Finger auf Sie zu deuten — schon weil die ganze
Angelegenheit geheim gehalten werden soll. Und wenn! Ich glaube, es hat
noch keiner Frmi geschadet, daß zwei Kavaliere sich ihretwegen bei den Köpfen
gekriegt haben."

„Ungeheuer!" sagte die Tauffkirchen. „Fort! Hinaus! Mir aus den Augen!
Welche himmelschreiende Roheit des Herzens! — Wo willst du denn hin,
Fanny? Untersteh' dich und lass' mich in dieser gräßlichen Lage allein! Oh
Gott, hilf mir doch, Fanny! Wir müssen doch irgend etwas tun, um dieses
entsetzliche Unrecht wieder gut zu machen, denn ich bin ja schuld daran! Aber
was? Ich werde ihm schreiben."

„Dem Herrn von Thaller?"

„Dem Scheusal? Bist du wahnsinnig? Dem armen Chevalier natürlich!"

„Er hat Fieber," sagte Fanny bedenklich, „und zudem fürcht' ich, daß ihm
der Brief wenig gelegen kommt."

„Du hast recht. Run, so werd' ich tun, was Menschenpflicht ist —: ich
werde ihn besuchen."

Fanny machte große Augen. „Aber-"

„Keine Bedenken! Ich weiß, was du sagen willst: man darf nichts davon
erfahren. Du wirst mich begleiten. Schnell!"

„Heute abend noch?"

„Weißt du denn, ob er morgen noch lebt? Mäntel! Eine Laterne!"-

In der Wohnung des Chevaliers de Mazette rasselt die Türglocke.

Ein Diener öffnete und erkannte im blauen Dunkel der Sommernacht zwei
Gestalten in Kapuzenmänteln. „Zum Chevalier de Mazette - " sagte die eine.

„Der Herr Chevalier ist nicht zu sprechen."

„Wir wissen es, führe Er uns aber trotzdem hinauf!" Der Mann fühlte
etwas Hartes in seiner
Hand,das crfreulicheAhn-
lichkeit mit einem Gulden
hatte. „Sage Er dem
Herrn Chevalier, daß wir
von der Gräfin Tauff-
kirchen kommen."

Der Diener ließ die
beiden eintrcten und leuch-
tete ihnen die Treppe hin-
auf. Während die eine
der Frauen im Flur blieb,
folgte ihm die andere in
das Borzimmer: „Dieser
Brief ist für Seinen
Herrn. Ich warte auf
Antwort." Der Diener

stellte die Kerze mtf ein Tischchen und verschwand in einem Rebenraum, dessen
Tür offen blieb.

„Was gibt's?" sagte drinnen die Stimme des Chevaliers de Mazette.
„Unsinn! Man soll mich in Ruhe lassen!" Ein Knistern von Papier. „Ah!
Reizend, in der Tat reizend! Run wissen wir doch wenigstens, wem wir
diese Schweinerei verdanken, Baptiste! Tauffkirchen — was geht mich das
an? Irdendein Gänschen vom Hofe — und deswegen muß ich mich von
diesem Lümmel attackiern lassen^.. Welche Unverschämtheit, auch noch nach
meinem Befinden zu fragen! Er soll
sie haben, mit Haut und Haar und
allenFedern! Sage derZofe — nein,
sage gar nichts, wirs sie einfach hin-
aus. Ich wünsche nicht belästigt zu
werden, vor allem nicht von diesen
deutschen Frauenzimmern..."

„Recht wohl, Herr Chevalier!"
sagte Baptiste.

Merkwürdigerweise fand er das
Vorzimmer leer.

er Leutnant von Thaller lag

och im Bett, obgleich es schon heller Vor-
mittag war. Er hatte geträumt: in der
Residenz sei wieder Konzert, bei dem er
die Gräfin Tauffkirchen am Spinett be-
gleiten müsse,- sie hatten ganz wundervoll
miteinander musiziert, aber da richtete sich
hinter dem Instrument plötzlich ein Kerl
auf, der dem verdammten Mazette sehr ähn-
lich sah, und zugleich begann das Spinett
seltsamerweise immer größer und dicker zu
werden, drängte den armen Thaller gegen die Wand, hörte nicht aus, anzu-
schwellen! Es war eine entsetzliche Lage. Da endlich zog der Chevalier seinen
Degen und stieß ihn dem wahnsinnig gewordenen Klavizimbcl in den ge-
schwollenen Bauch — einmal, zweimal, dreimal. . . und es knallte einmal,
zweimal, dreimal — und der Leutnant von Thaller wachte auf, weil jemand
sehr laut an die Zimmertür klopfte.

„Herein!" rief er.

„ Mach' wenigstens den Riegel auf —!" antwortete die Stimme pezmüllers.

„Ah so ...," sagte Thaller, stand auf und ließ den Freund herein, „das
kommt davon, wenn man so lebhaft träumt... ha, das Spinett hat ausgc-
schaut wie ein Kamel, sag' ich dir, akkrat wie ein Kamel so groß!"

„Ich mein' immer, das spinnete Kamel war der Leutnant von Thaller!"
sagte pezmüller kopfschüttelnd.

„Tu mich sei net beleidigen, gel?" raunzte der andere. „Schon am frühen
Morgen! Was gibt's denn überhaupt?"

„Möcht'st am End' schon wieder raufen, Pepi?"

„Iessas, jessas!" sagte Thaller erschrocken, „jetzt fallt's mir erst ein! Lebt
er noch, der Mazette?"

„Er lebt!" sagte pezmüller feierlich, und dann weniger großartig: „über-
morgen kann er wahrscheinlich schon wieder aufstehen, weil die Wunde
ungefährlich und die Lunge nur ein bißerl gestreift ist. Ein Mordsglück, Pepi!
Denn warum? Das wird dir der piosasque sagen."

„Au weh!" Thaller kratzte sich hinter den Ohren. „Was will er denn?"

„Hinkommen sollst halt!" antwortete pezmüller, „der Herr Leutnant hat
sich beim Herrn Gcneralwachtineister zu melden, unverzüglich - deshalb bin
ich hier."

„Also dienstlich?"

„Streng dienstlich — spannst es jetzt, du Hammel?"

„Jawohl, Herr Leutnant!" sagte Thaller und fuhr in die Hosen.

„Und von meiner Schwester soll ich dir ein Kompliment außrichten, unk
du wärst der dümmste Lackel südlich der Donau, das heißt, ganz so hat sie's

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das glückselige Flötenspiel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1925
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 163.1925, Nr. 4188, S. 225

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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