listige Weltchronik
jf
Manche Leute müjjen ihr Leben lang nach einem passenden
Beruf suchen und finden ihn nicht — andere brauchen nur
überfahren zu werden und finden alsbald unter den Ladern des
Magens eine glänzende Laufbahn. Kam da in Oberschopfheim bei
Offenburg ein Knabe durch Unachtsamkeit beim Spielen vor einem
schweren Wagen zu Fall, und mit Schrecken sahen die Fußgänger,
wie ihm die Näder über die Brust gingen. Aber siehe: unverletzt
erhob' sich der Bub' und konnte ohne Hilfe nach Haus gehen. Am
nächsten Tage war ein telegraphisches Angebot vom Impresario des
weiland Elfenkönigs Breitbart da: die Leistung des Jungen stellte
ein Nonplusultra in akrobatischer Körperkrast dar. Da soll Hans
Narr schon gratulieren!
Abdul Said war ein armer Türke. Um sich zu helfen und gleich-
zeitig seinen Mitmenschen einen Dienst zu erweisen, führte er eine
seltsame Idee aus. Er fertigte einen plan des Paradieses nebst einem
Verzeichnis aller noch verfügbaren Plätze an und begann, diese iin
Aufträge des Propheten an die Höchstbietenden zu verkaufen. Das
Geschäft ging so gut, daß Abdul Said bald Agenten ins Land schicken
konnte, die - besonders von alten Leuten — erkleckliche Summen ein-
heimsten. Bis Abdul Said übermütig wurde und von einem reichen
Kaufmann, der im Sterben lag, für einen Logen-Vorderplah 18 000
englische Pfund forderte und erhielt. Das kam den Erben denn doch zu
teuer vor, und sie erreichten, daß Abdul, durch den so viele Seelen im
Paradies auf Vorzugsplätzen sitzen, nunmehr selber in» Gefängnis sitzt.
Das seltsamste Testament aller Zeiten ist den Behörden in London
eingeliefert wordenes ist auf die Schale eines ausgeblasenen Eis
geschrieben und vermacht einer gewissen Margaret ein beträchtliches
Vermögen. Margaret wird also auf einem Ei durchs Leben gehen,
und sie braucht nicht einmal sehr vorsichtig dabei zu sein, denn ein Ei,
auf dem Geldschränke und Grundstücke stehen, wird auch stark ge-
nug sein, eine zierliche Dame und vielleicht auch einen Herrn dazu
zu tragen! Margaret und ihr Zukünftiger werden auf dem Ei besser
Start im Gr o ß fl
li 5 z e u 5
Der Pilot guckt durch die runde Scheibe und lächelt
(Wie der Wind um ihn fikche.lt !) - :
Jwölf Damen und Herrn letzten fich hinter ihn\,
Die foll er - Hand am Hebel — durch die Lü fte ziehn.
Elf Uhr ift Start. Ls ift Ichon zehn Minuten darüber.
Die Alonteure arbeiten. Der Himmel wird trüber.
"Ls wird an der Mafchine doch alles in Ordnung fein) »
"Schließlich fetyt Junkers ja ein paar Millionen ein /"
Durch die Len ft er fieht man zu beiden Seiten
Die Wellblechdächer zweier Bahnhöfe fich breiten.
"Das find die Flüg elf Die fallen wir heben)«
»Nein, fie fallen uns! Sie machen uns fchweben!«
" Wie kann das—l« - " Ja,wie !?« - Ein Knalldurchkracht
Find durchrüttelt die Wände: Das ift die Ma ch t!
Drei feilte Motore, fie packen zu:
Was ift La ft f Was Gewicht!' Was bin ich ? Was bi ft du ?
Sie klappern, fie rattern, fie trommeln, fie ftürmen —
»Sind wir Ichon über Bäumen und Türmen ?«
"Nein, fühlft du die Räder nicht holpernd rollen f
Drei Riefen woll'n fich er ft Laune antollen.«
Wir fahren /juto-nur daß auf den Seiten
Jwei Bahnhofsdächer mitrennen und -gleiten.
" Jch möchte ausfteigen!" - "Ju fpät, gnäd’ge Frau.
Jetyt, fpüren Sie: wird etwas ungenau.
Das Holpern läßt nach - ein Baum Schrumpft ein -
Und jetyt: hinauf! Jn den Himmel hinein !«
Wer die Augen nicht zu rechter Zeit aufmacht, der wird sie
vielleicht bald aufreißen. Bg.
Gewöhnlich machen uns gerade die Leute am ineiften zu schaffen,
mit denen wir nichts zu schaffen haben wollen.
Nichts bietet uns im Leben so viele Abwechslung wie unsere Sorgen.
Der Mensch kann nicht mit der Zeit so leicht machen, was er will,
wie die Zeit mit dein Menschen machen kann, was sie will. 8p.
Glücklich ist, wer vergißt, daß er selbst kein Glückskind ist! L.
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Manche Leute müjjen ihr Leben lang nach einem passenden
Beruf suchen und finden ihn nicht — andere brauchen nur
überfahren zu werden und finden alsbald unter den Ladern des
Magens eine glänzende Laufbahn. Kam da in Oberschopfheim bei
Offenburg ein Knabe durch Unachtsamkeit beim Spielen vor einem
schweren Wagen zu Fall, und mit Schrecken sahen die Fußgänger,
wie ihm die Näder über die Brust gingen. Aber siehe: unverletzt
erhob' sich der Bub' und konnte ohne Hilfe nach Haus gehen. Am
nächsten Tage war ein telegraphisches Angebot vom Impresario des
weiland Elfenkönigs Breitbart da: die Leistung des Jungen stellte
ein Nonplusultra in akrobatischer Körperkrast dar. Da soll Hans
Narr schon gratulieren!
Abdul Said war ein armer Türke. Um sich zu helfen und gleich-
zeitig seinen Mitmenschen einen Dienst zu erweisen, führte er eine
seltsame Idee aus. Er fertigte einen plan des Paradieses nebst einem
Verzeichnis aller noch verfügbaren Plätze an und begann, diese iin
Aufträge des Propheten an die Höchstbietenden zu verkaufen. Das
Geschäft ging so gut, daß Abdul Said bald Agenten ins Land schicken
konnte, die - besonders von alten Leuten — erkleckliche Summen ein-
heimsten. Bis Abdul Said übermütig wurde und von einem reichen
Kaufmann, der im Sterben lag, für einen Logen-Vorderplah 18 000
englische Pfund forderte und erhielt. Das kam den Erben denn doch zu
teuer vor, und sie erreichten, daß Abdul, durch den so viele Seelen im
Paradies auf Vorzugsplätzen sitzen, nunmehr selber in» Gefängnis sitzt.
Das seltsamste Testament aller Zeiten ist den Behörden in London
eingeliefert wordenes ist auf die Schale eines ausgeblasenen Eis
geschrieben und vermacht einer gewissen Margaret ein beträchtliches
Vermögen. Margaret wird also auf einem Ei durchs Leben gehen,
und sie braucht nicht einmal sehr vorsichtig dabei zu sein, denn ein Ei,
auf dem Geldschränke und Grundstücke stehen, wird auch stark ge-
nug sein, eine zierliche Dame und vielleicht auch einen Herrn dazu
zu tragen! Margaret und ihr Zukünftiger werden auf dem Ei besser
Start im Gr o ß fl
li 5 z e u 5
Der Pilot guckt durch die runde Scheibe und lächelt
(Wie der Wind um ihn fikche.lt !) - :
Jwölf Damen und Herrn letzten fich hinter ihn\,
Die foll er - Hand am Hebel — durch die Lü fte ziehn.
Elf Uhr ift Start. Ls ift Ichon zehn Minuten darüber.
Die Alonteure arbeiten. Der Himmel wird trüber.
"Ls wird an der Mafchine doch alles in Ordnung fein) »
"Schließlich fetyt Junkers ja ein paar Millionen ein /"
Durch die Len ft er fieht man zu beiden Seiten
Die Wellblechdächer zweier Bahnhöfe fich breiten.
"Das find die Flüg elf Die fallen wir heben)«
»Nein, fie fallen uns! Sie machen uns fchweben!«
" Wie kann das—l« - " Ja,wie !?« - Ein Knalldurchkracht
Find durchrüttelt die Wände: Das ift die Ma ch t!
Drei feilte Motore, fie packen zu:
Was ift La ft f Was Gewicht!' Was bin ich ? Was bi ft du ?
Sie klappern, fie rattern, fie trommeln, fie ftürmen —
»Sind wir Ichon über Bäumen und Türmen ?«
"Nein, fühlft du die Räder nicht holpernd rollen f
Drei Riefen woll'n fich er ft Laune antollen.«
Wir fahren /juto-nur daß auf den Seiten
Jwei Bahnhofsdächer mitrennen und -gleiten.
" Jch möchte ausfteigen!" - "Ju fpät, gnäd’ge Frau.
Jetyt, fpüren Sie: wird etwas ungenau.
Das Holpern läßt nach - ein Baum Schrumpft ein -
Und jetyt: hinauf! Jn den Himmel hinein !«
Wer die Augen nicht zu rechter Zeit aufmacht, der wird sie
vielleicht bald aufreißen. Bg.
Gewöhnlich machen uns gerade die Leute am ineiften zu schaffen,
mit denen wir nichts zu schaffen haben wollen.
Nichts bietet uns im Leben so viele Abwechslung wie unsere Sorgen.
Der Mensch kann nicht mit der Zeit so leicht machen, was er will,
wie die Zeit mit dein Menschen machen kann, was sie will. 8p.
Glücklich ist, wer vergißt, daß er selbst kein Glückskind ist! L.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lustige Weltchronik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum (normiert)
1925 - 1925
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 163.1925, Nr. 4192, S. 270
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg