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Anek

Bei einem Festessen zu Ehren des berühmten Asrikareisenden Nachtigal
wurde der Forscher von einem Gast fortgesetzt mit neugierigen Fragen über
die Sitten und Gebräuche der von ihm besuchten Negerstämme belästigt.

„Sind denn die Wilden nicht außerordentlich frech und zudringlich?"
erkundigte sich der naseweise Frager.

„O durchaus nicht so zudringlich wie Sie-meinen", setzte Nachtigal

nach kurzer Pause hinzu.

ch-

Kaiser Josef II. pflegte oft unerkannt die Hofburg zu verlassen und mit
einem einfachen Fiaker durch Wien zu fahren. Gewöhnlich nahm er den ersten
Wagen der auf dem Michaelsplah haltenden Reihe. Da der Kaiser auch
kaiserlich zu zahlen pflegte, so wollte jeder Fiaker den hohen Gast fahren und
die Kutscher suchten daher einander den Rang abzulaufen. Jeder wollte am
Morgen als erster am Haltplatz sein. Ein junger Kutscher, der den Kaiser
noch nie gesehen, aber schon viel von seinem leutseligen Wesen gehört hatte,
wollte ihn auch einmal fahren und stellte sich daher schon vor Tagesanbruch
init seinem Fiaker am Haltplah ein. Er war auch wirklich diesmal der erste
und es dauerte nicht lange, da trat der Kaiser in einfachem grauen Mantel
an den Wagenschlag. Der Kutscher, der sich den mächtigen Kaiser wohl präch-
tiger vorgestellt hatte, hielt den Fremden für einen gewöhnlichen Gast und
wollte ihn nicht fahren. „I wart' auf den Kaiser", erwiderte er stolz. „Was
zahlt denn der Kaiser?" fragte Josef lächelnd. „An Dukaten", erwiderte der
Kutscher bestimmt. Der menschenfreundliche Kaiser zog seine Börse. „Hier
sind zwei Dukaten/ dafür fährst du mich doch ?" — „Zwaa?" rief der Kutscher
freudig llnd öffnete dienstbeflissen den Schlag, „da steigen Euer Gnaden nur
ein. Für zwaa Dukaten kann mi' der Koaser Joses gern hab'n!" Also stieg
der Kaiser ein und ergötzte sich während der Fahrt nicht wenig über den
Schrecken des Burschen, der an dem respektvollen Gruß des Publikums zu
spät erkannte, daß der unbekannte Gast kein aitderer als der von ihm so
wenig höflich behandelte Kaiser war.

*

Goethes Küchenjunge entwendete einmal aus der Küche des Olympiers
einen großen Hecht. Um ihn unbemerkt sortzuschaffen, verbarg er den Fisch

ö o t e n

unterm Mantel und schlich durch den Garten. Aber zufällig sah der Dichter
zum Fenster heraus, bemerkte den Jungen und erkannte an dem unter dem
Mantel hervorschauenden Fischschwanz, was da vorging. Er öffnete das
Fenster und ries den Jungen an. Erschrocken wandte sich der Bursche um
lind fragte kleinlaut: „Was befehlen Exzellenz?" — „Ich befehle," erwiderte
derOlympier, „daß du inZukunst, wenn du wieder einen von meinen Fischen
aussühren willst, entweder einen längeren Mantel oder einen kleineren Fisch
nehmen sollst!"



Fürst Metternich, der größte Staatsmann der Reaktion, war wie viele
bedeutende Männer sehr schweigsam/ Schwäher waren ihm ein Greuel.
Das Unglück wollte es, daß er während des Wiener Kongresses einmal
neben einen sehr lebhaften französischen Diplomaten zu sitzen kam, der
während seiner langen Reden beständig mit den Händen in der Lust herum-
suchtelte. Endlich riß Metternich die Geduld. „Ihre Hände langweilen mich!"
sagte er. „Bedaure, Durchlaucht," versetzte der Franzose, „aber es ist hier
so eng, daß ich nicht weiß, wohin ich sie legen soll." - „Auf den Mund",
meinte lakonisch der Fürst.

*

Der Hofmarschall Friedrich Wilhelms III. überraschte einst einen Lakaien,
der die ihm anvertrauten Weine der königlichen Tafel einer nur zu gründ-
lichen Prüfung unterzog. In seiner Bestürzung nahm der erschrockene Diener
die Flasche so ungeschickt voin Munde, daß der rote Wein aus dem Flaschen-
hals hervorsprudeltc und sich über die weiße Weste und die Helle Hose des
Trinkers ergoß. Der Hofmarschall blies dem ungetreuen Diener gehörig
den Marsch und drohte ihm mit sofortiger Entlassung. Den heftigen Wort-
wechsel hatte der König gehört, der sich zufällig in einem nahegelegenen
Saal befand, plötzlich erschien Friedrich Wilhelm III. auf der Schwelle
und fragte erstaunt: „Was geht hier vor?" Dann hörte er die Meldung
des Hofmarschalls gelassen an und wandte sich darauf an den Sünder. In
seiner knappen, abgebrochenen Sprechweise, die ihm den Namen „König
Infinitiv" eingetragen hatte, sagte er zu dem Diener, der fußfällig um Ver-
zeihung bat: „Aufstehen und in Zukunft weißen Wein trinken!" F.W.

Falsch aufgefaßt

„Sie haben meiner Tochter das Leben gerettet! Mein ganzes Leben lang werde ich Ihr Schuldner sein!" — „Gibt's nicht! Die hundert Mark, die
Sie mir versprachen, ehe ich ins Wasser sprang, müssen bar bezahlt werden."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Falsch aufgefaßt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Storch, Carl
Entstehungsdatum
um 1926
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1931
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 164.1926, Nr. 4200, S. 58

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