Tante Käthe
Tante Käthe weilt zu Besuch bei uns und hat bestimmt, daß das
Wittagesten im Garten unter dem Nußbaum eingenommen werden soll.
Es wird also im Garten gedeckt, denn was tut man nicht alles,
um einer Erbtante die Laune nicht zu verderben.
Die Suppe mit Einlage, Schwemmklößchen, wird aufgetragen
und da dieselbe noch reichlich warm ist, hält mir Tante Käthe noch
schnell einen belehrenden Vortrag über die Erziehung meines zwölf-
jährigen Mädels.
Lotte ist ein gutes Kind, doch leider etwas naseweis, wie eben alle
Mädels einer höheren Töchterschule sind, und darum mag Tante
Käthe das Mädel nicht leiden. Lotte sitzt der Tante Käthe gegenüber
und hat soeben bemerkt, daß ein ungezogener Vogel, ich glaube, es
muß eine Dohle gewesen sein, beabsichtigte, unseren Tisch durch
Herabwerfen einer „Fliegerbombe" zu verschönen. Die Bombe fiel
zum „Glück" nicht auf das schöne weiße Leinentuch, sondern - -
mit einem deutlichen - - Klack - - in Tante Käthes Suppen-
teller, die es aber in ihrer Ekstase nicht bemerkte.
„Hör' mal, Tante," sagte Lotte, „ich möchte dir mal was sagen,
in — — — " weiter kam sie nicht, denn Tante Käthe fuhr mit einem
wütenden Blick herum: „Was fällt dir denn ein, du flegliches Ding,
dich in Gespräche Erwachsener einzumischen? - - Este deine Suppe
und halte sonst den Mund!"
Lotte aß, - wir andern auch, und als Tante Käthe das letzte
„Schwemmklößchen," das heißt die Fliegerbombe ausgclöffelt hatte,
sagte sie, den Mund verziehend:
„Ich weiß nicht, Gertrud, die Schwemmklößchen hatten solch
komischen Geschmack."
Lotte platzte nun heraus: „Ja, Tante, du hast eben den Abfall
eines Vogels mitgegeffen und wo ich dir das vorhin sagen wollte, da
meintest du, ich soll den Mund halten."
Tante Käthe wurde zuerst blaß, dann stand sie vom Tische auf-
und nahm die übrige Mahlzeit im Eßzimmer ein. Ihren Blicken
nach zu urteilen, hat sie aber Lotte endgültig enterbt.
Schüttelreime
Eh' ich mit meiner Schwiegermutter tanze,
Zieh' ich ein Haar aus einem Tigermutterschwanze.
Hockt er beim Wein ein bißchen lange,
Ist ihm vor seinem Lieschen bange,
Er weiß, es gibt 'nen Ehezwist
Sobald es über zwe-e ist.
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Tante Käthe weilt zu Besuch bei uns und hat bestimmt, daß das
Wittagesten im Garten unter dem Nußbaum eingenommen werden soll.
Es wird also im Garten gedeckt, denn was tut man nicht alles,
um einer Erbtante die Laune nicht zu verderben.
Die Suppe mit Einlage, Schwemmklößchen, wird aufgetragen
und da dieselbe noch reichlich warm ist, hält mir Tante Käthe noch
schnell einen belehrenden Vortrag über die Erziehung meines zwölf-
jährigen Mädels.
Lotte ist ein gutes Kind, doch leider etwas naseweis, wie eben alle
Mädels einer höheren Töchterschule sind, und darum mag Tante
Käthe das Mädel nicht leiden. Lotte sitzt der Tante Käthe gegenüber
und hat soeben bemerkt, daß ein ungezogener Vogel, ich glaube, es
muß eine Dohle gewesen sein, beabsichtigte, unseren Tisch durch
Herabwerfen einer „Fliegerbombe" zu verschönen. Die Bombe fiel
zum „Glück" nicht auf das schöne weiße Leinentuch, sondern - -
mit einem deutlichen - - Klack - - in Tante Käthes Suppen-
teller, die es aber in ihrer Ekstase nicht bemerkte.
„Hör' mal, Tante," sagte Lotte, „ich möchte dir mal was sagen,
in — — — " weiter kam sie nicht, denn Tante Käthe fuhr mit einem
wütenden Blick herum: „Was fällt dir denn ein, du flegliches Ding,
dich in Gespräche Erwachsener einzumischen? - - Este deine Suppe
und halte sonst den Mund!"
Lotte aß, - wir andern auch, und als Tante Käthe das letzte
„Schwemmklößchen," das heißt die Fliegerbombe ausgclöffelt hatte,
sagte sie, den Mund verziehend:
„Ich weiß nicht, Gertrud, die Schwemmklößchen hatten solch
komischen Geschmack."
Lotte platzte nun heraus: „Ja, Tante, du hast eben den Abfall
eines Vogels mitgegeffen und wo ich dir das vorhin sagen wollte, da
meintest du, ich soll den Mund halten."
Tante Käthe wurde zuerst blaß, dann stand sie vom Tische auf-
und nahm die übrige Mahlzeit im Eßzimmer ein. Ihren Blicken
nach zu urteilen, hat sie aber Lotte endgültig enterbt.
Schüttelreime
Eh' ich mit meiner Schwiegermutter tanze,
Zieh' ich ein Haar aus einem Tigermutterschwanze.
Hockt er beim Wein ein bißchen lange,
Ist ihm vor seinem Lieschen bange,
Er weiß, es gibt 'nen Ehezwist
Sobald es über zwe-e ist.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Tante Käthe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1926
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1931
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 165.1926, Nr. 4232, S. 122
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg