Im Konzertkaffee
Wie der Mann Klavier spielt; — ein König unter den Klavierspielern! — Ein Kaiser, mein Lieber! — der reinste Klimperator!
Die Auskunft
Der Postrat Huber aus München war
wirklich ein netter Kerl. Ich hatte einmal
in der näheren Umgebung Partenkirchens
den rechten Weg verloren und so wandte
ich mich vertrauensvoll an den mir völlig
unbekannten Bajuwaren. Dem Postrat
Huber aus München — überftüffig zu sagen,
daß er der Unbekannte war - gefiel mein
unverfälschter Wiener Dialekt, und er er-
teilte mir bereitwilligst Auskunft. Mehr
noch, er begleitete mich sogar und verriet
mir allerlei bodenständige Gebeimniffe: Wo
man am wenigsten gewürzt wird, wo 'S das
beste Bier gibt und die größten Schweins-
baren — all das erfuhr ich von meinem
neuen Freund, dem Postrat aus München.
Allerdings mußte ich bald bemerken, daß
Huber nicht allen Fremden mit gleicher
Liebenswürdigkeit entgegenkam. Einmal
z.B. fragte ein Herr, der sichtlich dem Nor-
den entstammte, den Münchner, wie lange
man noch nach Soundso zu gehen habe.
„Zwoa Stund!" knurrte der Herr Poftrat grimmig und alles eher
als freundlich.
Der Berliner aber war noch nicht zufrieden. Er wollte noch wiffen,
wie dieser Berg heiße, . . und der andere dort . . und der mit dem
verschneiten Gipfel.
Da griff mein Freund, der Postrat Huber aus München, wortlos
in die Westentasche, drückte dem Spreeathener een 50-Pfennigstück
in die Hand und sagte:
„So - da ham S'! Und jetzt kaufen S'Eahna a Landkart'n!"
Befürchtungen
Mein Freund Bernhard hat sein ein-
ziges und reizendes I8jährigeö Töchterchen
verlobt. Er ist selbst noch sehr lebenslustig
und die Rolle eines Schwiegervaters be-
hagt ihm gar nicht. Kurz nach der Ver-
lobung frägt er mich:
„Ich will mich von meinem Schwieger-
sohn nichtVater, sondern Bernhard nennen
lasten. Wie denkst du darüber?"
„Das ist eine recht heikle Frage. Wie
kommst du überhaupt darauf?"
„Das ist ganz einfach! Wenn ich mit ihm
in einer Tanzdiele oder so wo sitze und er
redet mich mit „Vater" an, dann find alle
Aussichten für mich zum Teufel."
Von der Waterkant«
, Hinnerk Klaaffen, der Kaptein, hatte
sich von seiner letzten Reise, ehe er in den
Ruhestand trat, einen Affen mitgebracht.
Zwischen diesem und dem vielgeliebten
Grog teilte er fortan seine Zeit. Die eine
Hälfte des Tages verbrachte er im Bett, die andre im Gespräch mit
dem Affen, abends ging er zum Grog und kam morgens nach Hause.
Eines Mittags war der Affe ausgeriffen. Die Feuerwehr wurde
alarmiert, der Äffe über alle Dächer der Stadt verfolgt und erst
spät abends eingefangen.
Als Hinnerk Klaaffen, etwas verspätet, zu seinen Kameraden in
die Grog-Koje kam, wurde er mit schallendem Gelächter begrüßt:
„Na, Hinnerk, so schwer iS et di' noch nie gefallen, e» Affen tau
kreegen, wat?" - „Nee", sagte Hinnerk, aber so schnell bin ick
ooch noch nie eenen los geworden."
■Abschied oo die Berg
Jets also muaß i mieda furt
Vom Hoamatl, oo' meine Berg !
A Ries’, a starka. mar i durt,
Und in da Stadt bin i u — Zmerg!
Du klare Luft, du greana Wald!
()a Juchza steckt ma no' in Hals, —
A Seif za toerd 's. der stumm verhallt,
Mei Hoamatl, der sagt da All's!
Da Schmaga blast!Oan’ Blick no’grad’,
Und jets fahr ’ zua, i bin bereit!
Mein ' Balg, oo'mir aus, fahr ' in d’Stadt,
Mei Herz bleibt da in Emi’keit.
Hermann Franz
136
Wie der Mann Klavier spielt; — ein König unter den Klavierspielern! — Ein Kaiser, mein Lieber! — der reinste Klimperator!
Die Auskunft
Der Postrat Huber aus München war
wirklich ein netter Kerl. Ich hatte einmal
in der näheren Umgebung Partenkirchens
den rechten Weg verloren und so wandte
ich mich vertrauensvoll an den mir völlig
unbekannten Bajuwaren. Dem Postrat
Huber aus München — überftüffig zu sagen,
daß er der Unbekannte war - gefiel mein
unverfälschter Wiener Dialekt, und er er-
teilte mir bereitwilligst Auskunft. Mehr
noch, er begleitete mich sogar und verriet
mir allerlei bodenständige Gebeimniffe: Wo
man am wenigsten gewürzt wird, wo 'S das
beste Bier gibt und die größten Schweins-
baren — all das erfuhr ich von meinem
neuen Freund, dem Postrat aus München.
Allerdings mußte ich bald bemerken, daß
Huber nicht allen Fremden mit gleicher
Liebenswürdigkeit entgegenkam. Einmal
z.B. fragte ein Herr, der sichtlich dem Nor-
den entstammte, den Münchner, wie lange
man noch nach Soundso zu gehen habe.
„Zwoa Stund!" knurrte der Herr Poftrat grimmig und alles eher
als freundlich.
Der Berliner aber war noch nicht zufrieden. Er wollte noch wiffen,
wie dieser Berg heiße, . . und der andere dort . . und der mit dem
verschneiten Gipfel.
Da griff mein Freund, der Postrat Huber aus München, wortlos
in die Westentasche, drückte dem Spreeathener een 50-Pfennigstück
in die Hand und sagte:
„So - da ham S'! Und jetzt kaufen S'Eahna a Landkart'n!"
Befürchtungen
Mein Freund Bernhard hat sein ein-
ziges und reizendes I8jährigeö Töchterchen
verlobt. Er ist selbst noch sehr lebenslustig
und die Rolle eines Schwiegervaters be-
hagt ihm gar nicht. Kurz nach der Ver-
lobung frägt er mich:
„Ich will mich von meinem Schwieger-
sohn nichtVater, sondern Bernhard nennen
lasten. Wie denkst du darüber?"
„Das ist eine recht heikle Frage. Wie
kommst du überhaupt darauf?"
„Das ist ganz einfach! Wenn ich mit ihm
in einer Tanzdiele oder so wo sitze und er
redet mich mit „Vater" an, dann find alle
Aussichten für mich zum Teufel."
Von der Waterkant«
, Hinnerk Klaaffen, der Kaptein, hatte
sich von seiner letzten Reise, ehe er in den
Ruhestand trat, einen Affen mitgebracht.
Zwischen diesem und dem vielgeliebten
Grog teilte er fortan seine Zeit. Die eine
Hälfte des Tages verbrachte er im Bett, die andre im Gespräch mit
dem Affen, abends ging er zum Grog und kam morgens nach Hause.
Eines Mittags war der Affe ausgeriffen. Die Feuerwehr wurde
alarmiert, der Äffe über alle Dächer der Stadt verfolgt und erst
spät abends eingefangen.
Als Hinnerk Klaaffen, etwas verspätet, zu seinen Kameraden in
die Grog-Koje kam, wurde er mit schallendem Gelächter begrüßt:
„Na, Hinnerk, so schwer iS et di' noch nie gefallen, e» Affen tau
kreegen, wat?" - „Nee", sagte Hinnerk, aber so schnell bin ick
ooch noch nie eenen los geworden."
■Abschied oo die Berg
Jets also muaß i mieda furt
Vom Hoamatl, oo' meine Berg !
A Ries’, a starka. mar i durt,
Und in da Stadt bin i u — Zmerg!
Du klare Luft, du greana Wald!
()a Juchza steckt ma no' in Hals, —
A Seif za toerd 's. der stumm verhallt,
Mei Hoamatl, der sagt da All's!
Da Schmaga blast!Oan’ Blick no’grad’,
Und jets fahr ’ zua, i bin bereit!
Mein ' Balg, oo'mir aus, fahr ' in d’Stadt,
Mei Herz bleibt da in Emi’keit.
Hermann Franz
136
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Im Konzertkaffee"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1926
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1931
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 165.1926, Nr. 4233, S. 136
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg