Aus dem Tagebuch eines Ozeanfliegers!
Nachwehen nach SturmeSweken!
26. Mai: Heute dreimal acht Gänge in mir ausgenommen. Mein
Magen leistet Unerhörtes. Nie habe ich vor mir selber so viel
Respekt gehabt. Es ist furchtbar, über Nacht so berühmt zu werden.
27. Mai: 8634 Heiratsanträge erhalten. Ein Althändler honorierte
für Makulatur 120 Franks.
28. Mai: Fünfmal Ehrenpräsident von Luftgesellschaften, dreimal
von Segelklubs, viermal von Gesangvereinen geworden; Die
Schornfteinfegerinnung von L. ernennt mich zum EwigkeitS-
ehrenpräfidenten.
29. Mai: Ein Dichter sandte mir (auf der Schnelldruckpreffe ge-
fertigt) ein Lustspiel in sechs Akten „Wie fliege ich über den
Ozean", ein Maler zwei Gemälde nach einer Galoppsitzung;
1931 Photographen schickten
Momentausnahmen; 1134
ZeichnerSkizzen meines Pro-
fils; 14 Professoren meinen
Stammbaum bis zum Ur-
vater Adam.
30. Mai: 436 Msitter bieten
mir Patenschaft an. 14 376
Söhne sollen meinen Vor-
namen tragen.
31. Mai: Drei Zigarettenfabri-
ken wollen die „Teuerste"
Lindbergh heißen. Lindbergh
Ozean, Lindbergh Luft . . .
eine Parfümfabrik will ihr
Herrenparfüm nach mir tau-
fen; eine Schokoladenfirma
heißt gefüllte Pralinen Lind-
bergb Süß, Lindbergh Bitter.
1. Juni: 38 Sender begehren
mein Organ zu hören, 16
Grammophonfabriken wol-
len Platten von mir haben,
in 18 Varietes soll ich
nur stumm einmal über die
Bühne gehen und mich in der Mitte verbeugen.
2. Juni: Ich flog in ein kleines Dorf, ging zum einzigen Gasthaus
und nun schlafe ich 64'Stunden, um langsam wieder Mensch
zu werden. Gute Nacht, Leute! E.H.S.
Dichterlos
Da streiten f sich, ob die Schutzfrist nach dem Tode dreißig oder fünf-
zig Jahre dauern soll, aber so lang man lebt, kann man verhungern!
Vom Tage
Wie wir aus sicherer Quelle hören, hat der „Allgemeine Deutsche
Sprachverein", der sich u. a. die Aufgabe gestellt hat, die deutsche
Sprache in ihrem alten Reichtum zu erhalten, den Beschluß gefaßt,
gegen die Einführung der 24-Stunden-Zeit Einspruch zu erheben,
da hierdurch der Ausdruck „Nun schlägt 's dreizehn!", mit dem
man bisher etwas Unerhörtes bezeichnet«, seine Anwendungsmög-
lichkeit verlöre.
Stilprobe aus einem modernen Roman
Sie saß verstimmt, mit abgewendetem Bubiköpfchen im ledernen
Klubseffel.
Egon stand geärgert vor ihr und blickte finster.
„Was hast du heute wieder?" stampfte er endlich mit dem rechten
Fuße.
Sie bubikopfschüttelte und -kämmte nur: „Laß' mich!"ohne um-
zublicken.
„So sage doch Elga, was ich eigentlich verbrochen habe!" zigaret-
tenfuchtelte er nervös.
„Was quälst du mich?" schlug sie die schlanken, fleischfarbenseide-
bestrumpsten Beine übereinander; dann lackschuhglanzwippte sie mit
den Füßchen: „Ich habe dir nichts zu sagen!"
Und sie schwieg handspiegelschauend und lippenstiftend.
„Ich bin aber," schob er einen
zweiten Klubseffel heran, „ent-
schloffen, eine Aussprache herbei-
zusühren, denn heute noch muß
Klarheit herrschen zwischen uns!"
plumpste er ihr gegenüber hinein.
„Du meinst?" armbanduhr-
schaute sie gelangweilt.
„Und wenn ich dich darum
bitte?" zupfte er anseinemBürst-
chenschnurrbart.
„Niemals!" schnellte sie em-
por, ging an den Tisch, schlug die
Augen, eine Lache und zwei Nüffe
auf und dann knabberte sie: „Du
hintergehst mich!!"
„Das ist eine Lüge!" schmiß
er Klubseffel und Zigarette in die
Ecke, „ich will Beweise!"
Tiefster Hohn durchfurchte ihre
schönen Züge. „Beweise?" warf
sie ihren Bubikopf in den weißen
Nacken. „Hier hast du sie !"schleu-
derte sie ihm die Liebesbriefe Lias
vor die Füße.
„Elga!" taumelte er erbleichend zurück, „Elga!"
„Es ist alles vorbei!" schmetterte sie mit goldplombenblitzendem
Hohnlachen die Türe hinter sich zu.
„Alles zu Ende!" sank Egon vernichtet, hosenbügelfaltenschonend
und dann brütend in den Klubfauteuil. o. E. W°n,°,
Aue der Schule
Der Lehrer fragte einen neuen Schüler: „Du bist immer so blaß,
fehlt dir etwas?" Am nächsten Tag brachte der Knabe nachstehende
Antwort von seinem Vater:
Verehrlester Herr Lehrer!
Indem Herr Lehrer meinen Sohn zu Rede stellten, ob -s Ihm gut gehe,
weil er so blaß auSsteht, möchte ich bemerken, daß er von Geburt aus schwach
und blutarm ist, ich bereit bin, sofort 200 M. bereitzustellen in bar, wenn Herr
Lehrer es fertig bringt, daß er anders wird. Er bekommt alle Tage Fleisch
Suppe und Gemüse, er hat keine Not, bekommt seit der I. Klaffe sogenannte
Amerikaspeisung. Da ich al« Vater YOKilo wiege, glaube ich den Beweis er-
bracht zn haben, daß keine Not im Hause ist. Achtungsvollst!
Joses Huber.
„Sie haben wohl den richtigen Instinkt, ist eigentlich künst-
licher Dünger besser als natürlicher Dünger ?“
„Ja, mei Haber Herr, dös is Geschmackssache!“
Nachwehen nach SturmeSweken!
26. Mai: Heute dreimal acht Gänge in mir ausgenommen. Mein
Magen leistet Unerhörtes. Nie habe ich vor mir selber so viel
Respekt gehabt. Es ist furchtbar, über Nacht so berühmt zu werden.
27. Mai: 8634 Heiratsanträge erhalten. Ein Althändler honorierte
für Makulatur 120 Franks.
28. Mai: Fünfmal Ehrenpräsident von Luftgesellschaften, dreimal
von Segelklubs, viermal von Gesangvereinen geworden; Die
Schornfteinfegerinnung von L. ernennt mich zum EwigkeitS-
ehrenpräfidenten.
29. Mai: Ein Dichter sandte mir (auf der Schnelldruckpreffe ge-
fertigt) ein Lustspiel in sechs Akten „Wie fliege ich über den
Ozean", ein Maler zwei Gemälde nach einer Galoppsitzung;
1931 Photographen schickten
Momentausnahmen; 1134
ZeichnerSkizzen meines Pro-
fils; 14 Professoren meinen
Stammbaum bis zum Ur-
vater Adam.
30. Mai: 436 Msitter bieten
mir Patenschaft an. 14 376
Söhne sollen meinen Vor-
namen tragen.
31. Mai: Drei Zigarettenfabri-
ken wollen die „Teuerste"
Lindbergh heißen. Lindbergh
Ozean, Lindbergh Luft . . .
eine Parfümfabrik will ihr
Herrenparfüm nach mir tau-
fen; eine Schokoladenfirma
heißt gefüllte Pralinen Lind-
bergb Süß, Lindbergh Bitter.
1. Juni: 38 Sender begehren
mein Organ zu hören, 16
Grammophonfabriken wol-
len Platten von mir haben,
in 18 Varietes soll ich
nur stumm einmal über die
Bühne gehen und mich in der Mitte verbeugen.
2. Juni: Ich flog in ein kleines Dorf, ging zum einzigen Gasthaus
und nun schlafe ich 64'Stunden, um langsam wieder Mensch
zu werden. Gute Nacht, Leute! E.H.S.
Dichterlos
Da streiten f sich, ob die Schutzfrist nach dem Tode dreißig oder fünf-
zig Jahre dauern soll, aber so lang man lebt, kann man verhungern!
Vom Tage
Wie wir aus sicherer Quelle hören, hat der „Allgemeine Deutsche
Sprachverein", der sich u. a. die Aufgabe gestellt hat, die deutsche
Sprache in ihrem alten Reichtum zu erhalten, den Beschluß gefaßt,
gegen die Einführung der 24-Stunden-Zeit Einspruch zu erheben,
da hierdurch der Ausdruck „Nun schlägt 's dreizehn!", mit dem
man bisher etwas Unerhörtes bezeichnet«, seine Anwendungsmög-
lichkeit verlöre.
Stilprobe aus einem modernen Roman
Sie saß verstimmt, mit abgewendetem Bubiköpfchen im ledernen
Klubseffel.
Egon stand geärgert vor ihr und blickte finster.
„Was hast du heute wieder?" stampfte er endlich mit dem rechten
Fuße.
Sie bubikopfschüttelte und -kämmte nur: „Laß' mich!"ohne um-
zublicken.
„So sage doch Elga, was ich eigentlich verbrochen habe!" zigaret-
tenfuchtelte er nervös.
„Was quälst du mich?" schlug sie die schlanken, fleischfarbenseide-
bestrumpsten Beine übereinander; dann lackschuhglanzwippte sie mit
den Füßchen: „Ich habe dir nichts zu sagen!"
Und sie schwieg handspiegelschauend und lippenstiftend.
„Ich bin aber," schob er einen
zweiten Klubseffel heran, „ent-
schloffen, eine Aussprache herbei-
zusühren, denn heute noch muß
Klarheit herrschen zwischen uns!"
plumpste er ihr gegenüber hinein.
„Du meinst?" armbanduhr-
schaute sie gelangweilt.
„Und wenn ich dich darum
bitte?" zupfte er anseinemBürst-
chenschnurrbart.
„Niemals!" schnellte sie em-
por, ging an den Tisch, schlug die
Augen, eine Lache und zwei Nüffe
auf und dann knabberte sie: „Du
hintergehst mich!!"
„Das ist eine Lüge!" schmiß
er Klubseffel und Zigarette in die
Ecke, „ich will Beweise!"
Tiefster Hohn durchfurchte ihre
schönen Züge. „Beweise?" warf
sie ihren Bubikopf in den weißen
Nacken. „Hier hast du sie !"schleu-
derte sie ihm die Liebesbriefe Lias
vor die Füße.
„Elga!" taumelte er erbleichend zurück, „Elga!"
„Es ist alles vorbei!" schmetterte sie mit goldplombenblitzendem
Hohnlachen die Türe hinter sich zu.
„Alles zu Ende!" sank Egon vernichtet, hosenbügelfaltenschonend
und dann brütend in den Klubfauteuil. o. E. W°n,°,
Aue der Schule
Der Lehrer fragte einen neuen Schüler: „Du bist immer so blaß,
fehlt dir etwas?" Am nächsten Tag brachte der Knabe nachstehende
Antwort von seinem Vater:
Verehrlester Herr Lehrer!
Indem Herr Lehrer meinen Sohn zu Rede stellten, ob -s Ihm gut gehe,
weil er so blaß auSsteht, möchte ich bemerken, daß er von Geburt aus schwach
und blutarm ist, ich bereit bin, sofort 200 M. bereitzustellen in bar, wenn Herr
Lehrer es fertig bringt, daß er anders wird. Er bekommt alle Tage Fleisch
Suppe und Gemüse, er hat keine Not, bekommt seit der I. Klaffe sogenannte
Amerikaspeisung. Da ich al« Vater YOKilo wiege, glaube ich den Beweis er-
bracht zn haben, daß keine Not im Hause ist. Achtungsvollst!
Joses Huber.
„Sie haben wohl den richtigen Instinkt, ist eigentlich künst-
licher Dünger besser als natürlicher Dünger ?“
„Ja, mei Haber Herr, dös is Geschmackssache!“
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sie haben wohl den richtigen Instinkt, ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4274, S. 6
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg