Mittag
Schweigen —
Durch dunkle Gebüsche tasten duft-
schwere Winde,
Lerchenjubel webt sich verhalten
Jf* den funkelsammtenen, ewigen
Teppich der Bläue,
und aus den erfüllten Tiefen der
atmet Schöpfung
Unendlichkeit-gedämpftes
Sternengeläut'.
Zuweilen summt eine Biene,
Mitten die heißen, würzigen Roggen-
, , felder
abhangempor,
als koste die segensatte Hand des
Schöpfers
ergriffen
über die reifende, goldene
Ährenpracht.
Hoch oben zerfließt eine einsame
Wolke,
wie mein Herz hinsegelt
in alle Fernen und Weiten,
glückdurchsungen,
sonnenglanzbestäubt. Josef Stollreiter
Der Schmarz-Sportfischer. „1 hab mir ja glei denkt, daß heut nix beißt, mo
mir scho in aller Früh a Schulmann begegn ’t is, da kannst ja koa Glück habn. “
„Ich schnitt' es gern in alle
Rinden ein . .
Dieses schöne Liebeslied, das üb-
rigens schon in seiner ersten Zeile
wegen seiner forstfrevlerischen Ten-
denz Höchst bedenklich ist, bedarf einer
neuzeitlichen Ergänzung, etwa so:
Ich brüllt'es gern in jedes Grammophon,
Ins Radio auf jeder Funkstation,
Möcht 's autospuren in den Wüstensand,
Wort bildtelegraphieren weit ins Land.
Als Flieger möcht’ ich 's an den Himmel
schreiben:
„ Dein ist mein Herz und soll es emig
bleiben!“
Größen
Mancher brüstet sich stolz und kühn
Als ein Eigner zu jeder Frist,
Doch sein Verdienst besteht bloß darin,
Daß er der Sohn seines Vaters ist.
O. E. w.
Lustige Weltchronik
Die Badesaison Hat eine neue Mode gebracht:
in den großen englischen und französischen Bädern
am Kanal lasten sich die Damen ihre Badekostüme
bemalen. Die Verwaltungen der Badeorte haben
angezeigt, daß sie stets über anerkannte Maler ver-
fügen, die Landschaften, Porträts, Stilleben oder
auch nur Ornamente liefern können. Auögeführt
werden die Arbeiten in Ölfarben, die das Salz-
waffer vertragen.
Eine sehr hübsche Mode. Nur ist nicht zu ver-
stehen, warum man nicht lieber Sujets wählt, die
mehr mit der Funktion des Badeanzugs in Zu-
sammenhang stehen, also entsprechende Tierftücke:
Fische, Hummern, farbenprächtige Quallen usw.
Die Ölsarbentechnik ist begreiflich, aber den Malern
wäre wohl Aquarell lieber, - dann müßte solch ein
geschmückter Badeanzug nach jedesmaliger Be-
nützung doch wieder frisch bemalt werden. Ausge-
führt werden diese Arbeiten jedenfalls am liebsten,
?vennEbbe ist — in den Kaffen der Künstler nämlich.
Auf eine couragierte Sportlady traf jüngst in
Chicago eine Polizistin, welche streng darauf achtete,
daß auf den Straßen ihres Reviers nicht geflirtet
würde. Sie glaubte, in der jungen schönen Elisabeth
Smith ein Opfer gefunden zu haben und schritt zur
Verhaftung. Aber da kam sie an die Richtige!
Elisabeth pfiff auf die Verhaftung und meinte mit
Ein schmieriger Fall
Ich las in Dielen Feuilletönern,
Auch mündlich ward mirs offenbart:
Man trägt, sein Antlits zu verschönern.
Als Mann jeht wieder einen Bart.
Was tu ich nun ? Pfleg ich die Stoppeln,
Daß es dem Rattenschwänze gleicht,
Zieh ich, die Reize zu verdoppeln,
Den spihigen „Es ist erreicht“ ?
Hei, wenn ich einen Vollbart trüge,
Der bis zum Gürtel sich erstreckt ?
Wie hob' das meine werten Züge!
Ich kriegte vor mir selbst Respekt!
Geh ich am besten zahnbürstartig ?
Es stünde wohl nicht übel mir!
Doch auch ein Schnauzbart märe artig,
Der Mops ist auch ein schönes Tier!
Trag ich gepflegte Koteletten,
Wie sie durch Kaiser Franz bekannt ?
Wähl ich den Spibbart, den koketten,
So wie im Film der Intrigant ?
Trag ich ihn a la Henry quatre ?
Vielleicht ist dies der neuste Clou P
Nehm ich mir Wotan zum Gevatter
Und drück wie er ein Auge zu ?
Was mach ich nur mit Kinn und Schnute
Als kluger Bartmuchs-Redaktör?
Ach, von Minute zu Minute
Schmauk ich und geh nicht zum Frisör.
Die Wahl bereitet bittre Leiden
Und doch, so leicht ist der Entschluß:
Was hat ein Mann denn zu entscheiden P
Mein Lenerl sagt schon, mas ich muß!
Karl Ettlinger
einem Blick auf die nicht gerade Zärtlichkeit erwek-
kende Figur der Polizistin, ihr Verhaftungseifer
entspringe nur dem Neid der besitzlosen Klaste. Sich
in den Augen der schnell versammelten Menge so
herabgesetzt zu sehen, reizte die Poliziftin nur noch
mehr, und sie zog die Handschellen. Aber schon stand
Elisabeth freudig erregt in Boxkampfstellung vor
ihr. Der Polizistin blieb nichts übrig, als ebenfalls
die Fäuste zu heben. Das Publikum schloß Wetten
ab, und schon war die Polizistin nahe daran, knock aut
zu sein, als ein Polizist in den Ring trat und fragte:
„Was ist denn hier los?" — Bald hatte sich alles
aufgeklärt, und Elisabeth folgte willig dem Polizisten.
„Ich laste mich nicht von einer Frau verhaften,"
sagte sie im Abgehen, „von einem Manne - das
ist ganz was andres!"
Am Tage nach dem Aufruhr in Wien, nach dem
Brande des Iustizpalastes, wurde der Generalstreik
proklamiert. Die Hüterin einer öffentlichen Bedürf-
nisanstalt erfaßte als „städtische Angestellte" sofort
die Situation, schloß sämtliche Türen und schrieb
mit Kreide in ungelenken Buchstaben an den Ein-
gang: Wegen Generalstreik geschloffen!
Kathederblüte
Hätte Bertold Schwarz statt des Schießpulvers ein
Backpulver erfunden, könnten wir uns den Haager
Schiedsgerichtshof und den Völkerbund fparen . . .
Conlinenlal
(A Der Reifen, der auch Pich befriedigt.
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Schweigen —
Durch dunkle Gebüsche tasten duft-
schwere Winde,
Lerchenjubel webt sich verhalten
Jf* den funkelsammtenen, ewigen
Teppich der Bläue,
und aus den erfüllten Tiefen der
atmet Schöpfung
Unendlichkeit-gedämpftes
Sternengeläut'.
Zuweilen summt eine Biene,
Mitten die heißen, würzigen Roggen-
, , felder
abhangempor,
als koste die segensatte Hand des
Schöpfers
ergriffen
über die reifende, goldene
Ährenpracht.
Hoch oben zerfließt eine einsame
Wolke,
wie mein Herz hinsegelt
in alle Fernen und Weiten,
glückdurchsungen,
sonnenglanzbestäubt. Josef Stollreiter
Der Schmarz-Sportfischer. „1 hab mir ja glei denkt, daß heut nix beißt, mo
mir scho in aller Früh a Schulmann begegn ’t is, da kannst ja koa Glück habn. “
„Ich schnitt' es gern in alle
Rinden ein . .
Dieses schöne Liebeslied, das üb-
rigens schon in seiner ersten Zeile
wegen seiner forstfrevlerischen Ten-
denz Höchst bedenklich ist, bedarf einer
neuzeitlichen Ergänzung, etwa so:
Ich brüllt'es gern in jedes Grammophon,
Ins Radio auf jeder Funkstation,
Möcht 's autospuren in den Wüstensand,
Wort bildtelegraphieren weit ins Land.
Als Flieger möcht’ ich 's an den Himmel
schreiben:
„ Dein ist mein Herz und soll es emig
bleiben!“
Größen
Mancher brüstet sich stolz und kühn
Als ein Eigner zu jeder Frist,
Doch sein Verdienst besteht bloß darin,
Daß er der Sohn seines Vaters ist.
O. E. w.
Lustige Weltchronik
Die Badesaison Hat eine neue Mode gebracht:
in den großen englischen und französischen Bädern
am Kanal lasten sich die Damen ihre Badekostüme
bemalen. Die Verwaltungen der Badeorte haben
angezeigt, daß sie stets über anerkannte Maler ver-
fügen, die Landschaften, Porträts, Stilleben oder
auch nur Ornamente liefern können. Auögeführt
werden die Arbeiten in Ölfarben, die das Salz-
waffer vertragen.
Eine sehr hübsche Mode. Nur ist nicht zu ver-
stehen, warum man nicht lieber Sujets wählt, die
mehr mit der Funktion des Badeanzugs in Zu-
sammenhang stehen, also entsprechende Tierftücke:
Fische, Hummern, farbenprächtige Quallen usw.
Die Ölsarbentechnik ist begreiflich, aber den Malern
wäre wohl Aquarell lieber, - dann müßte solch ein
geschmückter Badeanzug nach jedesmaliger Be-
nützung doch wieder frisch bemalt werden. Ausge-
führt werden diese Arbeiten jedenfalls am liebsten,
?vennEbbe ist — in den Kaffen der Künstler nämlich.
Auf eine couragierte Sportlady traf jüngst in
Chicago eine Polizistin, welche streng darauf achtete,
daß auf den Straßen ihres Reviers nicht geflirtet
würde. Sie glaubte, in der jungen schönen Elisabeth
Smith ein Opfer gefunden zu haben und schritt zur
Verhaftung. Aber da kam sie an die Richtige!
Elisabeth pfiff auf die Verhaftung und meinte mit
Ein schmieriger Fall
Ich las in Dielen Feuilletönern,
Auch mündlich ward mirs offenbart:
Man trägt, sein Antlits zu verschönern.
Als Mann jeht wieder einen Bart.
Was tu ich nun ? Pfleg ich die Stoppeln,
Daß es dem Rattenschwänze gleicht,
Zieh ich, die Reize zu verdoppeln,
Den spihigen „Es ist erreicht“ ?
Hei, wenn ich einen Vollbart trüge,
Der bis zum Gürtel sich erstreckt ?
Wie hob' das meine werten Züge!
Ich kriegte vor mir selbst Respekt!
Geh ich am besten zahnbürstartig ?
Es stünde wohl nicht übel mir!
Doch auch ein Schnauzbart märe artig,
Der Mops ist auch ein schönes Tier!
Trag ich gepflegte Koteletten,
Wie sie durch Kaiser Franz bekannt ?
Wähl ich den Spibbart, den koketten,
So wie im Film der Intrigant ?
Trag ich ihn a la Henry quatre ?
Vielleicht ist dies der neuste Clou P
Nehm ich mir Wotan zum Gevatter
Und drück wie er ein Auge zu ?
Was mach ich nur mit Kinn und Schnute
Als kluger Bartmuchs-Redaktör?
Ach, von Minute zu Minute
Schmauk ich und geh nicht zum Frisör.
Die Wahl bereitet bittre Leiden
Und doch, so leicht ist der Entschluß:
Was hat ein Mann denn zu entscheiden P
Mein Lenerl sagt schon, mas ich muß!
Karl Ettlinger
einem Blick auf die nicht gerade Zärtlichkeit erwek-
kende Figur der Polizistin, ihr Verhaftungseifer
entspringe nur dem Neid der besitzlosen Klaste. Sich
in den Augen der schnell versammelten Menge so
herabgesetzt zu sehen, reizte die Poliziftin nur noch
mehr, und sie zog die Handschellen. Aber schon stand
Elisabeth freudig erregt in Boxkampfstellung vor
ihr. Der Polizistin blieb nichts übrig, als ebenfalls
die Fäuste zu heben. Das Publikum schloß Wetten
ab, und schon war die Polizistin nahe daran, knock aut
zu sein, als ein Polizist in den Ring trat und fragte:
„Was ist denn hier los?" — Bald hatte sich alles
aufgeklärt, und Elisabeth folgte willig dem Polizisten.
„Ich laste mich nicht von einer Frau verhaften,"
sagte sie im Abgehen, „von einem Manne - das
ist ganz was andres!"
Am Tage nach dem Aufruhr in Wien, nach dem
Brande des Iustizpalastes, wurde der Generalstreik
proklamiert. Die Hüterin einer öffentlichen Bedürf-
nisanstalt erfaßte als „städtische Angestellte" sofort
die Situation, schloß sämtliche Türen und schrieb
mit Kreide in ungelenken Buchstaben an den Ein-
gang: Wegen Generalstreik geschloffen!
Kathederblüte
Hätte Bertold Schwarz statt des Schießpulvers ein
Backpulver erfunden, könnten wir uns den Haager
Schiedsgerichtshof und den Völkerbund fparen . . .
Conlinenlal
(A Der Reifen, der auch Pich befriedigt.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Schwarz-Sportfischer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1927
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4280, S. 81
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg