5ZEE3IE
STANDARD
MOTOR-OIL
AUS DER GEEICHTEN LITERFLASCHE
ERHÄLTLICH BEI DEN DAPOL1N-STATIONEN
Spartag
Am ZI. Oktober 1927 saßen wir beim Frühstück. Das tun wir sonst
auch, aber an diesem Morgen machte uns der Malzkaffee Gewiffensbiffe.
Das war ja der Weltspartag. Es stand doch schwarz auf grau in derZeitung.
Und wir befolgen doch immer alles was im Intelligenzblätrchen steht, als
wohlerzogene Bürger, die ihrem Ländchen Freude machen wollen. —
Kathinka wollte sich die zweite Taffe einschenken, da gebot ich mit großer
Bewegung Einhalt. Auch der schon triefend der Semmelhälftc entgegen-
gezückte Honig mußte wieder inö Töpfchen zurück. Spartag! Einschränken!
Buße tun für weiland gemachte Frühjahrshütchenvergeudungen! — Dann
ging ich ins Büro. Sämtliche Briefe schrieb ich mit abgebrannten Streich-
hölzchen. Tinte sparen! Besonders das Finanzamt dürste vor Anerkennung
gefunkelt haben, als es meine an diesem Tag gemachte Eingabe erhielt. —
In den Telefonautomaten warf ich einen Hosenknopf. Es kam keine Ver-
bindung zustande. Das freute mich infernalisch herzlich. Auch die Automaten
sparen also heute! Erhaben! Organisation, wie
groß ist deine sanfte Macht! — Mittags mußte
ich schließlich doch ein Paar Wienerwürstchen
kaufen. „Haben Sie keine Fehlfarben?" fragte
ich die Metzgerin. Sie schaute mich darob unsäg-
lich sparsam an. „Spartag!" röchelte ich. Da
schenkte sie mir ein Fünferl. Ich trug es sogleich
zur Bank. In tausend Jahren werden meine
Nachfahren davon einen Quadratmeter Wochen-
end erwerben können. Dann züchten sie ihre
Radieschen selber und stiften mir von dem dabei
ersparten Geld eine schöne Gedenktafel mit der
Inschrift: „Er hat das Unmögliche möglich ge-
macht. Ruhe sanft mit Zinseszins!"
Kleines Welt-Karussell
Die Frau als Stierkämpfer. Eine Frau
als Stierkämpfer? Unglaublich, aber wahr! Die
Nachricht kommt, zuvcrläffig, aus Spanien.
Auf in den Kampf, Fräulein Torrero! — Sei
auf der Hut, männliches Iung-Spanien! Denn
— eine Ehe mit der Tochter der Arena? Nein!
Ist sie nicht gewohnt, andauernd - Stiche zu
versetzen und den „Stier bei den — Hörnern zu
packen" ... 1 'i
Gläserne Hüte. Gläserne Hüte preist New
Pork an. Nun muß sich die Männerwelt doppelt
noch eine Frage der Zeit, wo doch die weibliche Garderobe heutzutage über-
Haupt eine höchst „durchsichtige" Angelegenheit ist . . .
Die Königin und die Schule. Die Berliner „Modekönigin" Hilde
Zimmermann, die fortbildungsschulpflichtig ist, weigerte sich, dieser Pflicht
zu genügen und mußte zwangsweise zum Schulbesuch gebracht werden. —
Eine Königin und Zwang? Wo doch heute die Mode Mode ist und nicht
die Bildung . . . ?
Warme Straße». In Riga werden auf den Straßen kleine heizbare
Verkehrsinseln für Schutzleute geschaffen. — Hoffentlich werden diese
Polizisten durch die Erwärmung der Beine im Dienste des Verkehrs auch
zu einer Erwärmung des — Verkehrstones kommen. n.ri
Zeitglossen
Der alte Fritz. In Parchim in Mecklenburg erschien auf dem Finanz-
amt historisch getreu in Kostüm und Maske ein Bürger als „Alter Fritz"
undsagte demFinanzamtsvorstand allerlei Bitteres
über Steuern und Lasten, der „König" war sehr
ungnädig mit dem Finanzamt, muß sich aber nun
deshalb vor Gericht verantworten.
Wenn die „historischen Persönlichkeiten" öfter
nach dem Rechten sehen wollten, so könnte man
wohl allerlei erleben. — Da würde der Olymp
wohl bald leer sein, weil alle Großen sich aus
Dienstreise» in ihren irdischen„Refforts"befänden.
Goethe, Schiller, Lessing würden vielleicht in
etlichen Literatenkaffeehäusern Ansprachen halten,
Beethoven zürnend vor den klavierenden höheren
Töchtern erscheinen, Rembrandt und Tizian in
den Sälen mancher allzu zeitgemäßen Galerie
ein starkes Wort sprechen. —
in Obacht nehmen, bei Damen irgendwie „an-
zustoßen." Das „gläserne Kleid" ist wohl nur
Die siamesischen Zwillinge
„DuAlte,wo iS denn mei bockslederne Hosen?"
„Mei, die Zenzl und die Urschel sand drin
spazieren ganga."
Luftige Weltchronik
Bei einem Borkampf in Berlin beklagte sich
der eine der Partner, der fortwäbrcnd „lag,"
über merkwürdige Autodünste, die ihm Hören
und Sehen vergehen ließen; erst lachte man ihn
aus, aber schließlich ergab eine genaue Unter-
suchung, daß der Gegner seine Handschuhe mit
Benzol getränkt hatte. — Dilettantisch, aber
immerhin ein Anfang: zum Boren mit Pferde-
kräften.
In einem Mailänder Revue-Theater zeigten
sich die Girls in derartigen Gliederverrenkungen,
daß mehrere Herren nicht umhin konnten, heftig
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STANDARD
MOTOR-OIL
AUS DER GEEICHTEN LITERFLASCHE
ERHÄLTLICH BEI DEN DAPOL1N-STATIONEN
Spartag
Am ZI. Oktober 1927 saßen wir beim Frühstück. Das tun wir sonst
auch, aber an diesem Morgen machte uns der Malzkaffee Gewiffensbiffe.
Das war ja der Weltspartag. Es stand doch schwarz auf grau in derZeitung.
Und wir befolgen doch immer alles was im Intelligenzblätrchen steht, als
wohlerzogene Bürger, die ihrem Ländchen Freude machen wollen. —
Kathinka wollte sich die zweite Taffe einschenken, da gebot ich mit großer
Bewegung Einhalt. Auch der schon triefend der Semmelhälftc entgegen-
gezückte Honig mußte wieder inö Töpfchen zurück. Spartag! Einschränken!
Buße tun für weiland gemachte Frühjahrshütchenvergeudungen! — Dann
ging ich ins Büro. Sämtliche Briefe schrieb ich mit abgebrannten Streich-
hölzchen. Tinte sparen! Besonders das Finanzamt dürste vor Anerkennung
gefunkelt haben, als es meine an diesem Tag gemachte Eingabe erhielt. —
In den Telefonautomaten warf ich einen Hosenknopf. Es kam keine Ver-
bindung zustande. Das freute mich infernalisch herzlich. Auch die Automaten
sparen also heute! Erhaben! Organisation, wie
groß ist deine sanfte Macht! — Mittags mußte
ich schließlich doch ein Paar Wienerwürstchen
kaufen. „Haben Sie keine Fehlfarben?" fragte
ich die Metzgerin. Sie schaute mich darob unsäg-
lich sparsam an. „Spartag!" röchelte ich. Da
schenkte sie mir ein Fünferl. Ich trug es sogleich
zur Bank. In tausend Jahren werden meine
Nachfahren davon einen Quadratmeter Wochen-
end erwerben können. Dann züchten sie ihre
Radieschen selber und stiften mir von dem dabei
ersparten Geld eine schöne Gedenktafel mit der
Inschrift: „Er hat das Unmögliche möglich ge-
macht. Ruhe sanft mit Zinseszins!"
Kleines Welt-Karussell
Die Frau als Stierkämpfer. Eine Frau
als Stierkämpfer? Unglaublich, aber wahr! Die
Nachricht kommt, zuvcrläffig, aus Spanien.
Auf in den Kampf, Fräulein Torrero! — Sei
auf der Hut, männliches Iung-Spanien! Denn
— eine Ehe mit der Tochter der Arena? Nein!
Ist sie nicht gewohnt, andauernd - Stiche zu
versetzen und den „Stier bei den — Hörnern zu
packen" ... 1 'i
Gläserne Hüte. Gläserne Hüte preist New
Pork an. Nun muß sich die Männerwelt doppelt
noch eine Frage der Zeit, wo doch die weibliche Garderobe heutzutage über-
Haupt eine höchst „durchsichtige" Angelegenheit ist . . .
Die Königin und die Schule. Die Berliner „Modekönigin" Hilde
Zimmermann, die fortbildungsschulpflichtig ist, weigerte sich, dieser Pflicht
zu genügen und mußte zwangsweise zum Schulbesuch gebracht werden. —
Eine Königin und Zwang? Wo doch heute die Mode Mode ist und nicht
die Bildung . . . ?
Warme Straße». In Riga werden auf den Straßen kleine heizbare
Verkehrsinseln für Schutzleute geschaffen. — Hoffentlich werden diese
Polizisten durch die Erwärmung der Beine im Dienste des Verkehrs auch
zu einer Erwärmung des — Verkehrstones kommen. n.ri
Zeitglossen
Der alte Fritz. In Parchim in Mecklenburg erschien auf dem Finanz-
amt historisch getreu in Kostüm und Maske ein Bürger als „Alter Fritz"
undsagte demFinanzamtsvorstand allerlei Bitteres
über Steuern und Lasten, der „König" war sehr
ungnädig mit dem Finanzamt, muß sich aber nun
deshalb vor Gericht verantworten.
Wenn die „historischen Persönlichkeiten" öfter
nach dem Rechten sehen wollten, so könnte man
wohl allerlei erleben. — Da würde der Olymp
wohl bald leer sein, weil alle Großen sich aus
Dienstreise» in ihren irdischen„Refforts"befänden.
Goethe, Schiller, Lessing würden vielleicht in
etlichen Literatenkaffeehäusern Ansprachen halten,
Beethoven zürnend vor den klavierenden höheren
Töchtern erscheinen, Rembrandt und Tizian in
den Sälen mancher allzu zeitgemäßen Galerie
ein starkes Wort sprechen. —
in Obacht nehmen, bei Damen irgendwie „an-
zustoßen." Das „gläserne Kleid" ist wohl nur
Die siamesischen Zwillinge
„DuAlte,wo iS denn mei bockslederne Hosen?"
„Mei, die Zenzl und die Urschel sand drin
spazieren ganga."
Luftige Weltchronik
Bei einem Borkampf in Berlin beklagte sich
der eine der Partner, der fortwäbrcnd „lag,"
über merkwürdige Autodünste, die ihm Hören
und Sehen vergehen ließen; erst lachte man ihn
aus, aber schließlich ergab eine genaue Unter-
suchung, daß der Gegner seine Handschuhe mit
Benzol getränkt hatte. — Dilettantisch, aber
immerhin ein Anfang: zum Boren mit Pferde-
kräften.
In einem Mailänder Revue-Theater zeigten
sich die Girls in derartigen Gliederverrenkungen,
daß mehrere Herren nicht umhin konnten, heftig
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die siamesischen Zwillinge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4296, S. 274
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg