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Delirium

Das Mitglied eines
Skatklubs bat das De-
lirium bekommen. Bei
einer Sitzung des Clubs
gedenken alle Mitglieder
wehmütig des armen
Kranken, und es wird beschloffen, daß einer gehen soll, und heimlich
beobachten, wie es dem Kranken geht. Der Abgesandte kommt auch
bald wieder und berichtet: „Ich babe unseren armen Freund in einem
sehr bedauerlichen Zustand getroffen. Als ich durch das Fenster i»
das Schlafzimmer schaute, war der Arzt darin am Bett des Kranken.
Ich hörte, wie er fragte: „Sehen Sie immer »och die weißen Mäuse
lausen?" Unser Freund sagte „nein." Der Arzt fragte weiter „und
wandern die grauen Elefanten immer noch auf der Tapete?" Und
wieder antwortete unser Freund „nein." Und ..." — „Aber er-
laube mal", unterbrach der Vorsitzende des
Klubs den Berichtenden, „das ist doch alles sehr
schön, unser Freund scheint sogar bald wieder
gesund zu sein." — „Schön nennst du das?

Das Furchtbare aber ist doch: die weißen
Mäuse und die grauen Elefanten waren wirk-
lich da!" »■?.

Der Streik

Es war in der Mittelschule. Ferencz N.,
unser Mitschüler, war ein Vollblutungar,
der seiner nationalen Eigenheiten wegen unter
den Schulkameraden wenig beliebt war und
häufig genug gehänselt und verlacht wurde.

Da ich mich daran nicht beteiligte, schloß er
mich tief in sein Herz als seinen einzigen
Freund, mit dem er Verkehr pflegte.

Einmal indeffen, als unser Geschichtspro-
feffor über die Einfälle der Ungarn in die
Ostmark' einen längeren Vortrag gehalten
hatte, gerieten wir nach der Schulstunde dieser
geschichtlichen Ereigniffe wegen in einen heftige» Meinungsstreit.
Er behauptete, daß die Ungarn die Deutschen stets geschlagen hätten,
ich dagegen sagte, daß sie raubend und mordend in die ungeschützten
deutschen Lande eingebrochen seien, im Kampfe aber mit den deutschen
Heeren windelweich verprügelt wurden. Ich suchte ihm dies an der
Hand des Geschichtsbuches zu beweisen. „No jo!" sagte er endlich.
„Hob'n also Daitsche monchmol Ungar geschlag'n. Abär waißt du,
liebär Fraind, warum?" — „Ja, weil wir Deutsche tapferer und
tüchtiger waren als ihr." — „O nain, dos nicht! Sondern weil
Daitscher Blut von Ungar in Adern hot.'
blut?! — Laß dich nicht aus-
lachenl Wie und wann sollten wir
denn zu eurem Blute gekommen
sein? —Das ist ja irrsinnig!"

„Ist abär doch so! Igen! Denn
Adam war Ungar; und alle Men-
sche» stammen von Adam ab.

Steht in der Bibel und hob ick,
gelernt!" - „Adam ein Un-

gar — ??!" Mir blieb
vor Erstaunen der Mund
offen. „Io, jo, sind alle
Menschen Ungarn; auf
ganze Welt nur Ungarn.
Nur sind nicht rein!"
„So, also nicht rein! —
Na ja, uns fehlt natürlich der Paprika!" rief ich lachend. „Danach
wäre ich also auch ein Ungar?" - „Bist du, jo, bist Ungar! Abär
kein richtigär." — „Und was glaubst du, was du bist?"

„Ich — ? Bin echtär Ungar!" erwiderte Ferencz stolz.

„Keine Idee! Du bist ein Affe! - Wenn wir auch alle von Adam
abstammen, du bestimmt nicht, du stammst vom Affen ab!"

Das brachte ihn indeffen keineswegs in Harnisch. Gleichmütig
sagte er: „Hob so ge - lernt in der Schule daheim. Muß glauben!
Hot oltär Pfarrär ge — sogt, Adam war erstär Mensch und Ungar.

Und oltär Pfarrär waiß be — stimmt!" Ich
geriet darüber in heftigen Zorn und wetterte
gegen diese absurde Ansicht. Er unterbrach
schließlich meinen Wortschwall, indeni er mit
sanfter Stimme sagte: „Main liebär Fraind,
warum laßt mir nicht Fraide an Adam, där
Ungar ist? Warum straitest du? — Ich glaub',
Adam war Ungar. - Macht das Schaden?
— Nain! —Mußt du dos glauben? - Nain!
— Also, Istenem, drum laß mir Fraide!"

Damit konnte ich mich aber nicht zufrieden
geben. Ich war bitterböse auf ihn und wollte
mich grollend entfernen. Da hielt er mich zu-
rück und bat schmeichelnd: „Nicht sain bös auf
michwegenungarischenAdam! — Waißt,liebär

Fraind: Adam war Ungar, aber-Eva

war Daitsche!" Das söhnte mich mit ihm
wieder aus.

Reliquie

Hollywood. — Reist eine neckische Sächsin
hinüber. — Pietätvoll landet sie vor Valen-
tinos Villa. - „Jeden Betrag für eine Locke des toten Meisters",
klopft sie an die Türe.

„Bedaure. Locken kommen erst morgen frisch. Wenn Ihnen aber
mit einer gebrauchten Rasierklinge gedient ist?"

Sächsisches Geschichtche»

Einem meiner sächsischen Freunde hat seine liebe Frau Zwillinge
(Iungens) geschenkt. Zufällig bin ich ein paar Tage nach der
Geburt an dem betreffenden Orte und mache meinen Gratulations-
besuch, wobei ich den Wunsch äußere, die beiden Kerlchen zu

sehen. Der glückliche Vater ent-
eilt und kommt dann wieder, aber
nur mit einem. Auf meine Frage
nach dem andern erhalte ich die
Antwort: „Guck dr nur diesen
genau an, so sieht där andere
ooch aus, geuau so. Was brauch
'chn mich da mit zween rumzu-
schläppn?"

ADVENT

Der Winter kommt herabgestiegen
Und macht die Gipfel still und rein . . .
Und heller wird der Steine Schein,

Die sich auf stummen Zweigen wiegen . . .

Die Welt ruht schweigend, wie verklärt
Und träumt der Weihenacht entgegen
Und lauscht dem wundersamen Segen,
Den uns das Gotteskindlein lehrt.

Die Berge steh’n in Lichtgewanden . . .

Sie steh’n wie Engel hell und rein.

Die sagen: „Ihr sollt fröhlich sein!

Gott gab sein Liebstes allen Landen.“

Die Tannen raunen feierlich
In Winterwind und Wälderschweigen . . .
Und Menschen, die zu Tale steigen
Umweht ein Ahnen seliglich . . .

Irmgard T i s ch e r

— „WaS —?! —Ungar-

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
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Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Flechtner, Otto
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Fahrrad
Pferd <Motiv>
Hund <Motiv>

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4298, S. 290

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