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AUF DEMPSEYS SPUREN

Die Gründe, die mich zu dem Entschlüsse führten, boren zu lernen,
waren teils materieller (erhoffte Abnahme des Körpergewichtes),
teils ideeller Natur: ich erwartete von dieser Fertigkeit eine leichtere
Regelung von Meinungsverschiedenbeiten mit den sogenannten Ge.
schästsfreunden und insbesondere eine günstige Einwirkung auf ihre
Zahlungswilligkeit. Bekannte, die davon hörten, rieten mir teil«
nahmsvoll, mich photographieren zu laffen, solange ich noch im Voll-
besitze sämtlicher Zähne, einer durch keinerlei Beulen verzierten
Fasiade sowie eines ungebrochenen Nasenknorpels wäre, und die
Lebensversicherung batte die Frechbeit, mir in einem rekommandier-
ten Schreiben mitzuteilen, daß sie sich genötigt sehe, meine Prämie
zu erhöhen. Aber ich blieb fest, abonnierte die Zeitschrift: „Der Box-

ring" und zog los. Im Eingang des Hauses, in dem ich die Kunst
erlernen sollte, in fremden Gesichtern streng reglementsmäßig blaue
Flecke anzubringen, prangte die Tafel „Institut für moderne Kör-
perkultur;" zwei weitere Schildchen belehrten mich, daß im nächst-
höheren Stockwerk ein Zahnarzt amtiere und ein Chirurg, der sich
als Spezialist für Rippenbrüche, Verrenkungen, Zerrungen und
Quetschungen jeder Art anpries.

Der Meister empfing mich mit einem treudeutschen Händedruck;
nachher betrachtete ich meine Finger und stellte fest, daß ihre Faffon
an Regalia Media in Packungen zu fünf Stück erinnerte. Wie lange
es wohl dauerte, bis man diesen Händedruck erlernt hatte? — Welcher
Direktor könnte sich nach einer solchen Begrüßung der Bezahlung

einer fälligen Faktura noch länger
verschließen?

„Also Sie wollen boren lernen?"
erkundigte sich der Meister.

„Jawohl!" antwortete ich mit
geradezu antiker Selbstverleugnung.

Er begann einen Effai über das
Boren, das er den „König aller
Sports" nannte. Inzwischen be-
trachtete ich ihn genauer: er hatte
es freilich leicht! Groß wie ein bes-
serer Wäscheschrank, die Schultern
ebenso breit, eine Taille, um die ihn
jeder Mannequin beneiden würde,
Arme von einer besorgniserregenden
Länge; wenn er in Zorn geriet,
mußte es ungesund in seiner Näbe
sein. Ihm war auch sicher noch nie-
mand das Honorar schuldig geblie-
ben, um nicht riskieren zu müssen,
von ihm freundlich mahnend auf die
Schulter geklopft zu werden.

Schließlich verordnet« er mir drei-
mal wöchentlich von 7-8 — 7*9
(früh!!) Arbeit mit seinem Assisten-
ten, später würde er mir seine per-
sönliche Fürsorge angedeihen laffen.

Der Assistent erwies sich als ein
Mann von geringeren Dimensionen,
stand aber an Muskelkraft sowie an
Festigkeit der Anschauungen über
Leibesübungen hinter dem Meister
nicht im geringsten zurück. Er be-
trachtete mich kritisch, stellte mein
Lebendgewicht und meine Körper-
ausmaße fest, als wäre ich ein
Pfingststier, der sich an der Konkur-
renz eines Preisviehmarktes be-
teiligt. Dann führte er mich vor
einen Lederball, der harmlos in der
Mitte einer Plattform aufgehängt
war; diesen brachte er durch einige

Vergänglich

Wie geht ee denn deiner Frau? Ich habe sie als hübsche Erscheinung noch gut in Erinnerung.
Da hast du offenbar ein viel befferes Gedächtnis, als ich."

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Vergänglich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1928
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4332, S. 80

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