Herr Mulps: Wieder eine Liebesirrung oder: So geht das Glück vorüber!
Neue Wege zum Reichtum!
Ein Erlebnis »on E. Laren
Was einem so alles passiert — nicht zu glauben!
Kommt da an einem Sonntagmorgen gegen zehn Uhr - also kurz
nach Mitternacht-ein stockfremder Herr zu mir. Setzt sich an mein
Bett und hält mir einen freihändigen Vortrag — über Essig! Un-
gelogen — über Essig. Auf nüchternen Magen! Durch seine scho-
nungslosen Ausführungen gewann ich einen tiefen Einblick in die
Gebeimniffe der Effigfabrikation. So erfuhr ich unter anderem, daß
es sogar zweierlei Essig gibt: — Gärungöeffig und Esiig aus
Essigeffenz. „Fabelhast!" staunte ich. „Da futtert man nun seit
dreißig Jahren tagtäglich seinen Salat und hat keine blasie Ahnung
von sowae! Unglaublich, an wieviel hochintereffanten Dingen man
im Leben glatt vorbeigeht! Furchtbar nett von Ihnen, daß Sie mir
Ihren Sonntagmorgen opfern. Ich habe ungemein viel profitiert —
wirklich!" Und ich sagte, ich wolle ihm als Zeichen meiner Dank-
barkeit gern ein Fläschchen abkausen. „Obgleich ich bis zum Ersten
bloß noch vier Mark fünfzig in bar besitze. Aber das macht nichts —
es ist ja heut schon der Zwanzigste. Und Sie tun mir so leid! Ich
bin Schriftsteller und habe deshalb Verständnis für jeden sauren
Beruf!" Aber da wurde der gesprächige Herr auf einmal sehr streng
mit mir. „Wollen Sie mich frozzeln, Herr?" rief er gekränkt. „Ich
bin kein Hausierer, sondern Propagandachef der Firma Kotz öc Brenn-
fleck, Essigeffenz en gros. Verstanden? Ich kann Ihnen nur sagen —
es ist eine Gemeinheit, zu behaupten, daß Essigeffenz Gift sei. Eine
Gemeinheit — jawohl!! Denn dieses Gift ist gleichzeitig auch ein
wichtiges Volksernährungsmittel. Verstanden?"
„O sicher!" lenkte ich ein. „Regen Sie sich bloß nicht auf. Der-
gleichen Volksnahrung hat man ja viel - heutzutage. Übrigens bab
ich noch gar nicht gewußt, daß man sich mit Effigeffen; vergiften kann.
Vielleicht schicken Sie mir doch mal ein Probefläschchen. Für alle
Fälle, wissen Sie."
Doch da brüllte er plötzlich los. „Jetzt wird mir 's aber zu dumm!
Wollen Sie mir weismachen, Sie wüßten nicht, wo ich seit andert-
Herr Mulps: Noch eine Liebesirrung oder: Wer kennt sich heute noch aus?
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Neue Wege zum Reichtum!
Ein Erlebnis »on E. Laren
Was einem so alles passiert — nicht zu glauben!
Kommt da an einem Sonntagmorgen gegen zehn Uhr - also kurz
nach Mitternacht-ein stockfremder Herr zu mir. Setzt sich an mein
Bett und hält mir einen freihändigen Vortrag — über Essig! Un-
gelogen — über Essig. Auf nüchternen Magen! Durch seine scho-
nungslosen Ausführungen gewann ich einen tiefen Einblick in die
Gebeimniffe der Effigfabrikation. So erfuhr ich unter anderem, daß
es sogar zweierlei Essig gibt: — Gärungöeffig und Esiig aus
Essigeffenz. „Fabelhast!" staunte ich. „Da futtert man nun seit
dreißig Jahren tagtäglich seinen Salat und hat keine blasie Ahnung
von sowae! Unglaublich, an wieviel hochintereffanten Dingen man
im Leben glatt vorbeigeht! Furchtbar nett von Ihnen, daß Sie mir
Ihren Sonntagmorgen opfern. Ich habe ungemein viel profitiert —
wirklich!" Und ich sagte, ich wolle ihm als Zeichen meiner Dank-
barkeit gern ein Fläschchen abkausen. „Obgleich ich bis zum Ersten
bloß noch vier Mark fünfzig in bar besitze. Aber das macht nichts —
es ist ja heut schon der Zwanzigste. Und Sie tun mir so leid! Ich
bin Schriftsteller und habe deshalb Verständnis für jeden sauren
Beruf!" Aber da wurde der gesprächige Herr auf einmal sehr streng
mit mir. „Wollen Sie mich frozzeln, Herr?" rief er gekränkt. „Ich
bin kein Hausierer, sondern Propagandachef der Firma Kotz öc Brenn-
fleck, Essigeffenz en gros. Verstanden? Ich kann Ihnen nur sagen —
es ist eine Gemeinheit, zu behaupten, daß Essigeffenz Gift sei. Eine
Gemeinheit — jawohl!! Denn dieses Gift ist gleichzeitig auch ein
wichtiges Volksernährungsmittel. Verstanden?"
„O sicher!" lenkte ich ein. „Regen Sie sich bloß nicht auf. Der-
gleichen Volksnahrung hat man ja viel - heutzutage. Übrigens bab
ich noch gar nicht gewußt, daß man sich mit Effigeffen; vergiften kann.
Vielleicht schicken Sie mir doch mal ein Probefläschchen. Für alle
Fälle, wissen Sie."
Doch da brüllte er plötzlich los. „Jetzt wird mir 's aber zu dumm!
Wollen Sie mir weismachen, Sie wüßten nicht, wo ich seit andert-
Herr Mulps: Noch eine Liebesirrung oder: Wer kennt sich heute noch aus?
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Herr Mulps: Wieder eine Liebesirrung oder: So geht das Glück vorüber!" "Herr Mulps: Noch eine Liebesirrung oder: Wer kennt sich heute noch aus?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4343, S. 208
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg