Zeichnungen von CE. Croissant
Das alte Schloß Haut Beaucaillou
Ist gänzlich am Vermoosen,
Ls wächst das Moos schon immerzu
Seit Kaiser Karl dem Großen.
Ls wächst die Türme stracks hinauf,
Die schiefen und verträumten.
Das fiel schon 1500 auf
Herrn Ulrich, dem Verschleimten.
Dem Diener Jean —isute de mieux -
Aus beiden Dhren sprießt es.
Er seufzt ergeben: „Oh mon Dieu!“
Trinkt Rotwein und begießt es:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante,
Wir haben zu viel Moos im Schloße
Beaucaillou I"
Moos wuchert fast die Fenster zu.
Liegt weich auf der Altane,
Moos kriecht im Schloße Beaucaillou
Bis an die Wetterfahne.
Kein Giebel ist ihm zu verzwickt,
Ls klimmt hinauf wie Eppich,
Des Schloßhahns Kikeriki erstickt
Ls wie ein leiser Teppich.
Uralte Karpfen stehen faul
Im Teich, mit Moos bezundert,
Sie klappen mit dem runden Maul
Schon über ein Jahrhundert:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante,
Wir haben zu viel Moos im Schloße
Beaucaillou I"
Erlaucht, der Schloßherr, nur allein,
Dem man nicht oft begegnet,
Der dürfte wohl der einz'ge fein.
Der nicht mit Moos gesegnet.
Er hat die Gicht und trinkt stets ex,
Er säuft ganz unbegreiflich,
Denn sein verruchtes Schloßgewächs
Ist gänzlich unverkäuflich.
Ein Bein ist meistens hochgehängt,
(Dann fiiehn die Plagegeister)
Wenn er an seine Schulden denkt,
Pfeift er dem Haushofmeister:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante.
Wir haben gar kein Moos im S chloße
Beaucaillou!" A. w.
Selstdiagnose
sag i, dummer Deist!" und klatscht nach Treiberart mitseiner Gerte
hinter sich, ist aber auch wieder gerecht genug, die so willige
Gefolgschaft des imaginären Rindes mit den Worten anzu-
erkennen: „Brav! Nur zua a so! Nachher wern mir zwoa
guat mitanand auskömma."
In solcher Zwiesprach mit dem nicht vorhandenen Ochsen
und dergestalt den leeren Strick hinter sich herziehend, über-
holt er einen Bauern, der sich den Spatz macht, auf den am
Boden dahinschleifenden Strick zu treten, so daß der Summerer-
Franzl, die Transportstörung seinem unvernünftigen Ochsen
zuschreibend, erbost sich umwendet und nun zu seinem maßlosen
Erstaunen weit und breit keinen Ochsen steht.
6
Die meisten intensiven Besucher eines Viehmarktes werden
erst durch den Ablauf der Zeit nüchtern; der Summerer-Franzl
wurde es unter der seelischen Erschütterung der sich ihm dar-
bietenden Aeberraschung. „Mei Ox! Mei Ox! Wo is mei Ox?"
schreit er und läuft den Weg nach Ritzbergen wieder zurück und
fragt die ihm Begegnenden im Vorüberlaufen: „Äabts koan Oxen
gsehgn?", worauf die Begegnenden jedesmal erwidern: „Außer
dir koan" und ihres Weges weitergehen. And so kommt der
Summerer-Franzl wieder nach Rihbergen und findet — welch
ein Glück! — im Wirtsstall den Ochsen, der sich aber aus dem
Wiedersehen blutwenig zu machen scheint.
„Der Ox is überhaupt nöt aus'n Stall außerkömma",
sagt der Wirt. „Du bist ja", sagt er, „mit'n laaren Strick auf
Das alte Schloß Haut Beaucaillou
Ist gänzlich am Vermoosen,
Ls wächst das Moos schon immerzu
Seit Kaiser Karl dem Großen.
Ls wächst die Türme stracks hinauf,
Die schiefen und verträumten.
Das fiel schon 1500 auf
Herrn Ulrich, dem Verschleimten.
Dem Diener Jean —isute de mieux -
Aus beiden Dhren sprießt es.
Er seufzt ergeben: „Oh mon Dieu!“
Trinkt Rotwein und begießt es:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante,
Wir haben zu viel Moos im Schloße
Beaucaillou I"
Moos wuchert fast die Fenster zu.
Liegt weich auf der Altane,
Moos kriecht im Schloße Beaucaillou
Bis an die Wetterfahne.
Kein Giebel ist ihm zu verzwickt,
Ls klimmt hinauf wie Eppich,
Des Schloßhahns Kikeriki erstickt
Ls wie ein leiser Teppich.
Uralte Karpfen stehen faul
Im Teich, mit Moos bezundert,
Sie klappen mit dem runden Maul
Schon über ein Jahrhundert:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante,
Wir haben zu viel Moos im Schloße
Beaucaillou I"
Erlaucht, der Schloßherr, nur allein,
Dem man nicht oft begegnet,
Der dürfte wohl der einz'ge fein.
Der nicht mit Moos gesegnet.
Er hat die Gicht und trinkt stets ex,
Er säuft ganz unbegreiflich,
Denn sein verruchtes Schloßgewächs
Ist gänzlich unverkäuflich.
Ein Bein ist meistens hochgehängt,
(Dann fiiehn die Plagegeister)
Wenn er an seine Schulden denkt,
Pfeift er dem Haushofmeister:
„Fanfaron, fanfaron, fanfarette,
Ich halte jede Wette,
Ich schwöre es beim heil'gen Kakadu,
Beim Barte meiner Tante:
Rataplan, rataplan, rataplante.
Wir haben gar kein Moos im S chloße
Beaucaillou!" A. w.
Selstdiagnose
sag i, dummer Deist!" und klatscht nach Treiberart mitseiner Gerte
hinter sich, ist aber auch wieder gerecht genug, die so willige
Gefolgschaft des imaginären Rindes mit den Worten anzu-
erkennen: „Brav! Nur zua a so! Nachher wern mir zwoa
guat mitanand auskömma."
In solcher Zwiesprach mit dem nicht vorhandenen Ochsen
und dergestalt den leeren Strick hinter sich herziehend, über-
holt er einen Bauern, der sich den Spatz macht, auf den am
Boden dahinschleifenden Strick zu treten, so daß der Summerer-
Franzl, die Transportstörung seinem unvernünftigen Ochsen
zuschreibend, erbost sich umwendet und nun zu seinem maßlosen
Erstaunen weit und breit keinen Ochsen steht.
6
Die meisten intensiven Besucher eines Viehmarktes werden
erst durch den Ablauf der Zeit nüchtern; der Summerer-Franzl
wurde es unter der seelischen Erschütterung der sich ihm dar-
bietenden Aeberraschung. „Mei Ox! Mei Ox! Wo is mei Ox?"
schreit er und läuft den Weg nach Ritzbergen wieder zurück und
fragt die ihm Begegnenden im Vorüberlaufen: „Äabts koan Oxen
gsehgn?", worauf die Begegnenden jedesmal erwidern: „Außer
dir koan" und ihres Weges weitergehen. And so kommt der
Summerer-Franzl wieder nach Rihbergen und findet — welch
ein Glück! — im Wirtsstall den Ochsen, der sich aber aus dem
Wiedersehen blutwenig zu machen scheint.
„Der Ox is überhaupt nöt aus'n Stall außerkömma",
sagt der Wirt. „Du bist ja", sagt er, „mit'n laaren Strick auf
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schloss Beaucaillou"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4353, S. 6
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg