Zeichnung von K. Stirner
Einsames Haus
Weit draußen vor dem Dorfe liegt’s,
Durch keine Straße ihm verbunden;
Ein schmaler Steig nur führt zu ihm,
Der in dem Grase kaum gefunden.
Die aus dem Hause schreiten ihn
Am Sonntag, wenn die Glocken klangen.
Von andern wird in Wochen kaum
Einmal wohl dieser Pfad begangen.
So stille liegt das Haus, so still!
Vom Lärm der Welt und ihrem Treiben
D ringt nichteinschwacherHauchhier her,—
So war es stets und soll es bleiben.
Die in dem Hause haben Müh’
Genug und arbeitvolles Leben
Und ihres Fleißes kargen Lohn, —
Und Bessres kann die Welt nicht geben.
Gedanensis
Der unfreundliche Leser
Sich selbst jeweils die betreffende Illustrierte zu kaufen,
war Schnudike zu sparsam. Es schien auch nie nötig zu sein,
denn man konnte sich mit 99°/o Wahrscheinlichkeit darauf ver
lassen, daß der Wochentag, an dem die neue Nummer erschien,
dem Schnudike aus der Elektrischen und Antergrundbahn Nach-
barn bescherte, die das neue Lest lesen. And Schnudike hatte
sich — durch die Hebung vieler Monate — eine Art des Kie-
bitzens angewöhnt, die intellektueller Diebstahl genannt werden
könnte und in ihrer kriminellen Erfassung eine Lücke im Straf-
gesetzbuch darstellt.
Gestern aber passierte ihm Folgendes: Er fuhr den lan-
gen Weg ins Büro. Neben ihm eine Dame beginnt, die neue
Romanfortsetzung zu lesen. Schnudike - Auge» links — Bogen-
blick über die Schulter der Nachbarin — liest mit. Sie steigt
aus. Es kommt ein alter Äerr und beginnt die neue Roman-
fortsetzung zu lesen. Schnudike schon weniger interessiert —
liest auf jeden Fall noch einmal mit. Der alte Äerr steigt
aus. Es kommt ein Student und beginnt — die neue Roman-
fortsetzung zu lesen. Schnudike — schon etwas nervös -7- war-
tet ungeduldig auf das Amblättern zur nächsten Seite. ^Da
steigt auch der Student vorher aus. And ein Schulmädel steigt
248
ein — und beginnt auch mit der neuen Romansortsetzung.
Schnudike muß bald aussteigen. Gereizt und kribbelig veiliert
er den Blick für die Situation an sich, und als das Mädel
noch mühsam an der ersten Zeile buchstabiert, platzt er unver-
mutet los: „Nu dreh schon endlich um - dämliche Jöhre —
ick kann doch det Zeug nich fünfmal lesen!" F. K.
Sofortige Maßregel
Mitternacht. Pelzmacher schlummert süß, da wird er rauh
von der Gattin ausgerüttelt. „Eine Maus, Lermann!"
„Quatsch, wir haben noch nie Mäuse gehabt."
„Ich habe sie ganz deutlich gehört. Sei mal still, dann
fängt sie wieder an."
Drei Minuten Stille. Dann-krr, krr, krr.
Pelzmacher wundert sich. „Wahrhaftig! Da knabbert so
ein Luder."
Nun schreit die Gattin. „Steh' auf, Hermann, und zieh
dich an! Du mußt gleich eine Falle kaufen gehn."
„Aber Emilie — — mitten in der Rächt?"
Frau Pelzmacher ist nicht unvernünftig. „Ach ja, du hast
recht. Dann hole Mäusegift vom Apotheker, — der macht auf."
-Olt.
Einsames Haus
Weit draußen vor dem Dorfe liegt’s,
Durch keine Straße ihm verbunden;
Ein schmaler Steig nur führt zu ihm,
Der in dem Grase kaum gefunden.
Die aus dem Hause schreiten ihn
Am Sonntag, wenn die Glocken klangen.
Von andern wird in Wochen kaum
Einmal wohl dieser Pfad begangen.
So stille liegt das Haus, so still!
Vom Lärm der Welt und ihrem Treiben
D ringt nichteinschwacherHauchhier her,—
So war es stets und soll es bleiben.
Die in dem Hause haben Müh’
Genug und arbeitvolles Leben
Und ihres Fleißes kargen Lohn, —
Und Bessres kann die Welt nicht geben.
Gedanensis
Der unfreundliche Leser
Sich selbst jeweils die betreffende Illustrierte zu kaufen,
war Schnudike zu sparsam. Es schien auch nie nötig zu sein,
denn man konnte sich mit 99°/o Wahrscheinlichkeit darauf ver
lassen, daß der Wochentag, an dem die neue Nummer erschien,
dem Schnudike aus der Elektrischen und Antergrundbahn Nach-
barn bescherte, die das neue Lest lesen. And Schnudike hatte
sich — durch die Hebung vieler Monate — eine Art des Kie-
bitzens angewöhnt, die intellektueller Diebstahl genannt werden
könnte und in ihrer kriminellen Erfassung eine Lücke im Straf-
gesetzbuch darstellt.
Gestern aber passierte ihm Folgendes: Er fuhr den lan-
gen Weg ins Büro. Neben ihm eine Dame beginnt, die neue
Romanfortsetzung zu lesen. Schnudike - Auge» links — Bogen-
blick über die Schulter der Nachbarin — liest mit. Sie steigt
aus. Es kommt ein alter Äerr und beginnt die neue Roman-
fortsetzung zu lesen. Schnudike schon weniger interessiert —
liest auf jeden Fall noch einmal mit. Der alte Äerr steigt
aus. Es kommt ein Student und beginnt — die neue Roman-
fortsetzung zu lesen. Schnudike — schon etwas nervös -7- war-
tet ungeduldig auf das Amblättern zur nächsten Seite. ^Da
steigt auch der Student vorher aus. And ein Schulmädel steigt
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ein — und beginnt auch mit der neuen Romansortsetzung.
Schnudike muß bald aussteigen. Gereizt und kribbelig veiliert
er den Blick für die Situation an sich, und als das Mädel
noch mühsam an der ersten Zeile buchstabiert, platzt er unver-
mutet los: „Nu dreh schon endlich um - dämliche Jöhre —
ick kann doch det Zeug nich fünfmal lesen!" F. K.
Sofortige Maßregel
Mitternacht. Pelzmacher schlummert süß, da wird er rauh
von der Gattin ausgerüttelt. „Eine Maus, Lermann!"
„Quatsch, wir haben noch nie Mäuse gehabt."
„Ich habe sie ganz deutlich gehört. Sei mal still, dann
fängt sie wieder an."
Drei Minuten Stille. Dann-krr, krr, krr.
Pelzmacher wundert sich. „Wahrhaftig! Da knabbert so
ein Luder."
Nun schreit die Gattin. „Steh' auf, Hermann, und zieh
dich an! Du mußt gleich eine Falle kaufen gehn."
„Aber Emilie — — mitten in der Rächt?"
Frau Pelzmacher ist nicht unvernünftig. „Ach ja, du hast
recht. Dann hole Mäusegift vom Apotheker, — der macht auf."
-Olt.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Einsames Haus"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4368, S. 248
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg