Das Grammophon
Von Peter Robinson
Bollert und Dürrschnabel sitzen beisammen. Zeder hat sein
Töpfchen Bier, seine Zigarre und seine Zeitung. Aber nur
Dürrschnabel liest noch eifrig. Bollert ist durch ein Inserat
abgelenkt und an eine Sache erinnert worden, die von seiner
Familie seit ein paar Tagen viel besprochen und ihm sehr ans
Serz gelegt wird. Bollert denkt darüber nach; er kommt zu der
Meinung, sein Lerz werde ganz überflüssiger Weise belästigt,
und um sich das selber zu bekräftigen, spricht er laut vor sich
hin: „Fällt mir gar nicht ein, so'n Ding zu kaufen. Wär' ja
schade um's Geld — bei den schweren Zeiten!"
Dürrschnabel hat keine Ahnung, was Bollert meint, aber
er glaubt, zu einem Entschluß, der mit den schweren Zeiten
begründet wird, sich beifällig äußern zu müssen. Er hat eine
schöne, den Lörer sanft umschmeichelnde Stimme; Bollert hört
ihn hinter seiner Zeitung flöten: „O freilich, nur keine unnützen
Ausgaben! Wir müssen ja alle sparen, sparen, sparen."
Bollert ist es angenehm, so in seinem Entschlüsse bestärkt
zu werden. Er wünscht noch mehr gute Gründe zu hören und
erklärt nun: „Meine Kinder liegen mir schon lange damit in
den Ohren, und meine Frau redet mir auch zu. Ein Gram-
mophon soll ich kaufen. Ru' bitt' ich Sie: das wäre doch wahr-
haftig das Letzte! Da wüßte ich hundert Dinge, die nötiger
wären."
Dürrschnabel verliert sofort alles Interesse an seiner Zei-
tung; er legt sie mit einer Geste fort, als verzichte er mit
Freuden auf die Lektüre, nur um Bollert jetzt mit seiner Mei-
nung dienen zu können. „Ah, ein Grammophon? Das ist
etwas anderes. Die Freude sollten Sie Ihrer werten Familie
denn doch machen, das ist wirklich keine unnütze Ausgabe. Es
geht ja nichts über die Musik." >
Bollert ist überrascht; er hat nicht erwartet, daß Dürr-
schnabel ihm widersprechen werde. Er wehrt ab: „Musik lieb'
Gerichtsblüte
Staatsanwalt: „Ich
kann mir nicht helfen, Äerr
Kollege, — aber ich bemerke
hier nirgends die vom Gesetz
ausdrücklich geforderte totale
Verblödung . . . ."
Mißverständnis
„Die reiche Witwe sah ich
heute schon wieder mit einem
Verehrer. Wieviel hat sie
eigentlich?"
„Man spricht von einer
halben Million!"
„Simmel — das ist ja die
halbe Stadt."
Verhindert
„Bei dem Einbruch in dem
Lerrenkleidergeschäft nahmen
Sie vierzig Anzüge mit?"
„Zur Auswahl, Lerr Rich-
ter. Wenn ich nicht verhaftet
worden wäre, hätte ich neun-
unddreißig am nächsten Tage
zurückgeschickt."
Die beiden Zirkel
„In unserem spiritistischen
Zirkel haben wir gestern den
Geist Napoleons zitiert!"
„Am welche Zeit war das ?"
„Punkt neun!"
„Dann muß Napoleon
einen Doppelgänger haben;
bei uns war er auch um
neun Ahr!"
Zeichnung von C. I. Bauer
„Was soll da zu machen sein, gnädiges Fräulein? Sie haben sich durch Ihre Anterschrift
der Lelios-Filmgesellschast auf fünf Jahre verpflichtet. Wenn Sie jetzt nicht mehr wollen,
müssen Sie die Konventionalstrafe zahlen."
„Zu dumm! Äätte ich doch lieber den Direktor der Selios geheiratet — Scheiden wäre einfacher."
165
Von Peter Robinson
Bollert und Dürrschnabel sitzen beisammen. Zeder hat sein
Töpfchen Bier, seine Zigarre und seine Zeitung. Aber nur
Dürrschnabel liest noch eifrig. Bollert ist durch ein Inserat
abgelenkt und an eine Sache erinnert worden, die von seiner
Familie seit ein paar Tagen viel besprochen und ihm sehr ans
Serz gelegt wird. Bollert denkt darüber nach; er kommt zu der
Meinung, sein Lerz werde ganz überflüssiger Weise belästigt,
und um sich das selber zu bekräftigen, spricht er laut vor sich
hin: „Fällt mir gar nicht ein, so'n Ding zu kaufen. Wär' ja
schade um's Geld — bei den schweren Zeiten!"
Dürrschnabel hat keine Ahnung, was Bollert meint, aber
er glaubt, zu einem Entschluß, der mit den schweren Zeiten
begründet wird, sich beifällig äußern zu müssen. Er hat eine
schöne, den Lörer sanft umschmeichelnde Stimme; Bollert hört
ihn hinter seiner Zeitung flöten: „O freilich, nur keine unnützen
Ausgaben! Wir müssen ja alle sparen, sparen, sparen."
Bollert ist es angenehm, so in seinem Entschlüsse bestärkt
zu werden. Er wünscht noch mehr gute Gründe zu hören und
erklärt nun: „Meine Kinder liegen mir schon lange damit in
den Ohren, und meine Frau redet mir auch zu. Ein Gram-
mophon soll ich kaufen. Ru' bitt' ich Sie: das wäre doch wahr-
haftig das Letzte! Da wüßte ich hundert Dinge, die nötiger
wären."
Dürrschnabel verliert sofort alles Interesse an seiner Zei-
tung; er legt sie mit einer Geste fort, als verzichte er mit
Freuden auf die Lektüre, nur um Bollert jetzt mit seiner Mei-
nung dienen zu können. „Ah, ein Grammophon? Das ist
etwas anderes. Die Freude sollten Sie Ihrer werten Familie
denn doch machen, das ist wirklich keine unnütze Ausgabe. Es
geht ja nichts über die Musik." >
Bollert ist überrascht; er hat nicht erwartet, daß Dürr-
schnabel ihm widersprechen werde. Er wehrt ab: „Musik lieb'
Gerichtsblüte
Staatsanwalt: „Ich
kann mir nicht helfen, Äerr
Kollege, — aber ich bemerke
hier nirgends die vom Gesetz
ausdrücklich geforderte totale
Verblödung . . . ."
Mißverständnis
„Die reiche Witwe sah ich
heute schon wieder mit einem
Verehrer. Wieviel hat sie
eigentlich?"
„Man spricht von einer
halben Million!"
„Simmel — das ist ja die
halbe Stadt."
Verhindert
„Bei dem Einbruch in dem
Lerrenkleidergeschäft nahmen
Sie vierzig Anzüge mit?"
„Zur Auswahl, Lerr Rich-
ter. Wenn ich nicht verhaftet
worden wäre, hätte ich neun-
unddreißig am nächsten Tage
zurückgeschickt."
Die beiden Zirkel
„In unserem spiritistischen
Zirkel haben wir gestern den
Geist Napoleons zitiert!"
„Am welche Zeit war das ?"
„Punkt neun!"
„Dann muß Napoleon
einen Doppelgänger haben;
bei uns war er auch um
neun Ahr!"
Zeichnung von C. I. Bauer
„Was soll da zu machen sein, gnädiges Fräulein? Sie haben sich durch Ihre Anterschrift
der Lelios-Filmgesellschast auf fünf Jahre verpflichtet. Wenn Sie jetzt nicht mehr wollen,
müssen Sie die Konventionalstrafe zahlen."
„Zu dumm! Äätte ich doch lieber den Direktor der Selios geheiratet — Scheiden wäre einfacher."
165
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Was soll da zu machen sein, gnädiges Fräulein?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4389, S. 165
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg