Zeichnung von I. L.-R
„Natürlich biste heite Nacht wieder mit die dreckigen
Stiefel in die Wohnung jelaufen!"
„Ick Hab se in der Land jetragen!"
„Denn biste wohl uff allen Vieren rinjekrabbelt?"
Hoffnungsfroh
Zierbaum ist kein Musikfreund. Nun
freilich, ein bißchen Tanzmusik hört er
schließlich an, aber etwa eine Oper -
- brr! Und gar ein Wagnersches
Musikdrama nicht zehn Pferde
bringen ihn hin.
Was zehn Pferde nicht vermögen,
bringt manchmal der Zwang mensch-
licher Gesellschaft zustande. Zierbaum
ist mit guten Bekannten nach München
gekommen, und nun schleifen sie ihn
ins Prinzregententheater, wo er den
„Parstfal" anhören soll. Dagegen kann
Zierbaum nichts machen.
Zierbaum gefällt das Theater nicht.
„Ein gräßlicher Raum!" sagt er. Das
soll lediglich berichtet werden; die Ver-
antwortung für dieses absprechende
Wort fällt ganz und gar Zierbaum zu.
Mit ihm möge sich auseinanderseyen,
wer damit nicht einverstanden ist.
Dann aber macht Zierbaum eine
Entdeckung. „Nanu, es sind ja gar keine
Musiker zu sehen."
Er wird belehrt. „Das Orchester
ist hier verdeckt."
„Glänzende Idee! Da wird man
ja wohl nicht so viel hören." —on.
Unüberlegter Protest
„Du bist eine unordentliche Person !
Als du neulich hier warst, hattest du
ein Loch im Strumpf, und heute sehe
ich schon wieder eins!"
„Bitte, es ist noch dasselbe, Tante!"
Der prüfende Blick
kommenheit des Daseins anspielend: „Ija - in Gottesnamen -
Zeit wird's zum Leimgehen," und verschwindet auf eine kleine
Weile. Sie ist aber doch lang genug für den Notar Zwickau,
um das bereits mehrfach erwähnte zweite Fünfzigerl unter
Lerrn Turtelmaiers Bierfilzel zu legen. Kommt dann Lerr
Turtelmaier wieder an feinen Stammplatz zurück, so versteht
er so unbefangen und amnutig mit dem Bierfilzel zu tändeln
und dabei doch so genau und heimlich von der Anwesenheit
des sozusagen posthumen Fünfzigerls sich zu überzeugen, daß
er jetzt seinen schäbigen Rest austrinken und glücklich und
lebensfroh, als verfügte er über die Reichtümer Indiens, sagen
kann: „Genehmigen wir uns halt noch ein Glas!"
Den Scharfblick unter das Bierfilzel aber hat Lerr Turtel-
maier sich angewöhnt, seit er ihn einmal in blindem Vertrauen
aus die Anveränderlichkeit alles Geschehens unterlaffen und
dann, als es an die Bereinigung der Zeche ging, das Depot —
welch eine Peinlichkeit! — leer gefunden hat. Lerr Turtel-
maier war zwar viel zu feinfühlig, als daß er dem Notar und
Freund Vorwürfe gemacht hätte, aber er formulierte auf Grund
des unliebsamen Begebniffes für sich die Lebensweisheit:
„Rur der prüfende Blick
Verbürgt ein dauerndes Glück"
und vergewisserte sich seitdem.
228
Mißverständnis
Mutter lbeim Mittagessen zur Tochter und dem jugendlichen
Gaste»: „Nehmt euch, Kinder!"
Die Tochter (schmollend): „Er will mich ja nicht, Mama!"
Konsequent
„Ist alles aus Ihrer brennenden Wohnung heraus?"
„Ja, bis auf einen Gläubiger! Der hat geschworen, daß
er nicht eher herausgeht, bis er sein Geld hat!"
Die Rubrik
Leinrich Klöter, der das Licht der Welt erblickte, als sein
Papa gerade große Koprageschäfte mit einigen Kanakenhäupt-
lingen im Gange hatte, lebt schon lange in Deutschland. Leute
hat er ein Anliegen an eine Behörde, und dazu muß der zu-
ständige Beamte ein Formular ausfüllen. Vor- und Zuname
und Geburtstag sind bereits angegeben. „And wo geboren?"
„In Papetoai auf Eimeo - in der Südsee."
„Verflucht! Buchstabieren Sie, bitte!"
Leinrich Klöter buchstabiert.
- Dann geht der Beamte an die nächste Rubrik heran. „In
welchem Regierungsbezirk?" —on.
„Natürlich biste heite Nacht wieder mit die dreckigen
Stiefel in die Wohnung jelaufen!"
„Ick Hab se in der Land jetragen!"
„Denn biste wohl uff allen Vieren rinjekrabbelt?"
Hoffnungsfroh
Zierbaum ist kein Musikfreund. Nun
freilich, ein bißchen Tanzmusik hört er
schließlich an, aber etwa eine Oper -
- brr! Und gar ein Wagnersches
Musikdrama nicht zehn Pferde
bringen ihn hin.
Was zehn Pferde nicht vermögen,
bringt manchmal der Zwang mensch-
licher Gesellschaft zustande. Zierbaum
ist mit guten Bekannten nach München
gekommen, und nun schleifen sie ihn
ins Prinzregententheater, wo er den
„Parstfal" anhören soll. Dagegen kann
Zierbaum nichts machen.
Zierbaum gefällt das Theater nicht.
„Ein gräßlicher Raum!" sagt er. Das
soll lediglich berichtet werden; die Ver-
antwortung für dieses absprechende
Wort fällt ganz und gar Zierbaum zu.
Mit ihm möge sich auseinanderseyen,
wer damit nicht einverstanden ist.
Dann aber macht Zierbaum eine
Entdeckung. „Nanu, es sind ja gar keine
Musiker zu sehen."
Er wird belehrt. „Das Orchester
ist hier verdeckt."
„Glänzende Idee! Da wird man
ja wohl nicht so viel hören." —on.
Unüberlegter Protest
„Du bist eine unordentliche Person !
Als du neulich hier warst, hattest du
ein Loch im Strumpf, und heute sehe
ich schon wieder eins!"
„Bitte, es ist noch dasselbe, Tante!"
Der prüfende Blick
kommenheit des Daseins anspielend: „Ija - in Gottesnamen -
Zeit wird's zum Leimgehen," und verschwindet auf eine kleine
Weile. Sie ist aber doch lang genug für den Notar Zwickau,
um das bereits mehrfach erwähnte zweite Fünfzigerl unter
Lerrn Turtelmaiers Bierfilzel zu legen. Kommt dann Lerr
Turtelmaier wieder an feinen Stammplatz zurück, so versteht
er so unbefangen und amnutig mit dem Bierfilzel zu tändeln
und dabei doch so genau und heimlich von der Anwesenheit
des sozusagen posthumen Fünfzigerls sich zu überzeugen, daß
er jetzt seinen schäbigen Rest austrinken und glücklich und
lebensfroh, als verfügte er über die Reichtümer Indiens, sagen
kann: „Genehmigen wir uns halt noch ein Glas!"
Den Scharfblick unter das Bierfilzel aber hat Lerr Turtel-
maier sich angewöhnt, seit er ihn einmal in blindem Vertrauen
aus die Anveränderlichkeit alles Geschehens unterlaffen und
dann, als es an die Bereinigung der Zeche ging, das Depot —
welch eine Peinlichkeit! — leer gefunden hat. Lerr Turtel-
maier war zwar viel zu feinfühlig, als daß er dem Notar und
Freund Vorwürfe gemacht hätte, aber er formulierte auf Grund
des unliebsamen Begebniffes für sich die Lebensweisheit:
„Rur der prüfende Blick
Verbürgt ein dauerndes Glück"
und vergewisserte sich seitdem.
228
Mißverständnis
Mutter lbeim Mittagessen zur Tochter und dem jugendlichen
Gaste»: „Nehmt euch, Kinder!"
Die Tochter (schmollend): „Er will mich ja nicht, Mama!"
Konsequent
„Ist alles aus Ihrer brennenden Wohnung heraus?"
„Ja, bis auf einen Gläubiger! Der hat geschworen, daß
er nicht eher herausgeht, bis er sein Geld hat!"
Die Rubrik
Leinrich Klöter, der das Licht der Welt erblickte, als sein
Papa gerade große Koprageschäfte mit einigen Kanakenhäupt-
lingen im Gange hatte, lebt schon lange in Deutschland. Leute
hat er ein Anliegen an eine Behörde, und dazu muß der zu-
ständige Beamte ein Formular ausfüllen. Vor- und Zuname
und Geburtstag sind bereits angegeben. „And wo geboren?"
„In Papetoai auf Eimeo - in der Südsee."
„Verflucht! Buchstabieren Sie, bitte!"
Leinrich Klöter buchstabiert.
- Dann geht der Beamte an die nächste Rubrik heran. „In
welchem Regierungsbezirk?" —on.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verdächtig"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4393, S. 228
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg