Wurzelmüller kontra Bobby
Von A. Weiß ». Ruckteschell
Als Fräulein Wurzelmüller früh um 7 ihr Fenster öffnete,
um verschämt die blühweitzen Kissen, darauf ihr Laupt zur
Nacht geruht, — um diese überaus keuschen Kiffen dem Lauche
des Morgenwindes preiszugeben, da geschah es, daß ihr eines
derselben entglitt und in seiner Unschuld Silberglanze auf die
regenfeuchte Straße klatschte. Fräulein Wurzelmüller schrie laut
auf vor Entsetzen — da lag es, und was konnte mit ihm ge-
schehen, bis sie so weit in Toilette war, um sich auf die Straße
wagen zu können. Sie war in Pantoffeln und Morgenrock,
und die Zähne —.
Schweigen wir darüber. Fräulein Wurzelmüller errötete bei
dem bloßen Gedanken, und so wollen wir Diskretion walten
lassen, und den Schleier nicht weiter lüften.
Inmitten ihrer Zweifel und Seelennöte wurde sie durch
ein Klopfen aufgeschreckt. Mehr instinktmäßig als überlegt,
entschloß sie sich nun in aller Last doch für die Zähne und
beeilte sich, zu öffnen.
Bobby stand draußen und trug ihr Kissen behutsam vor
sich her „Da bring ich es" erklärte er; „es ful mir beinah
auf de Kopp."
„Ich danke dir, mein Knabe," sprach Fräulein Wurzel-
müller „Guten Morgen."
„Gute Morge," sagte Bobby, ihren Abschiedsgruß ent-
schieden mißverstehend.
Darauf fragte Fräulein Wurzelmüller, ob er nicht nach
Lause gehen wolle?
„Bä," antwortete Bobby, „da komm' ich grad erst her."
„Unv wo wolltest du hin?"
„Närjend. Ich stand bloß uff de Straß und guckte, und
da ful mir doch Euer Dinges da beinah uff de Kopp."
Was denn seine Mutter dazu sage, daß er in aller Lerr-
gottsfrühe schon auf der Straße herumlungere?
„Gar nichts. Sie leiht im Bett, hat en wehe Lals un ka'
nix schwätze."
Im Anschluß hieran bemerkte Bobby:
„Bei euch riecht's aber foi nach Kaffee."
Worauf Fräulein Wurzelmüller ihn seufzend zum Mit-
frühstücken einlud; man muß sich doch dankbar erweisen.
(Fortsetzung Seite 278)
Zeichnung von S. Kirchner
En gros
276
„Nee, Gustav, da gehm'mer nich rein, da muß mer ja gleich een ganzes Faß nem'n."
Von A. Weiß ». Ruckteschell
Als Fräulein Wurzelmüller früh um 7 ihr Fenster öffnete,
um verschämt die blühweitzen Kissen, darauf ihr Laupt zur
Nacht geruht, — um diese überaus keuschen Kiffen dem Lauche
des Morgenwindes preiszugeben, da geschah es, daß ihr eines
derselben entglitt und in seiner Unschuld Silberglanze auf die
regenfeuchte Straße klatschte. Fräulein Wurzelmüller schrie laut
auf vor Entsetzen — da lag es, und was konnte mit ihm ge-
schehen, bis sie so weit in Toilette war, um sich auf die Straße
wagen zu können. Sie war in Pantoffeln und Morgenrock,
und die Zähne —.
Schweigen wir darüber. Fräulein Wurzelmüller errötete bei
dem bloßen Gedanken, und so wollen wir Diskretion walten
lassen, und den Schleier nicht weiter lüften.
Inmitten ihrer Zweifel und Seelennöte wurde sie durch
ein Klopfen aufgeschreckt. Mehr instinktmäßig als überlegt,
entschloß sie sich nun in aller Last doch für die Zähne und
beeilte sich, zu öffnen.
Bobby stand draußen und trug ihr Kissen behutsam vor
sich her „Da bring ich es" erklärte er; „es ful mir beinah
auf de Kopp."
„Ich danke dir, mein Knabe," sprach Fräulein Wurzel-
müller „Guten Morgen."
„Gute Morge," sagte Bobby, ihren Abschiedsgruß ent-
schieden mißverstehend.
Darauf fragte Fräulein Wurzelmüller, ob er nicht nach
Lause gehen wolle?
„Bä," antwortete Bobby, „da komm' ich grad erst her."
„Unv wo wolltest du hin?"
„Närjend. Ich stand bloß uff de Straß und guckte, und
da ful mir doch Euer Dinges da beinah uff de Kopp."
Was denn seine Mutter dazu sage, daß er in aller Lerr-
gottsfrühe schon auf der Straße herumlungere?
„Gar nichts. Sie leiht im Bett, hat en wehe Lals un ka'
nix schwätze."
Im Anschluß hieran bemerkte Bobby:
„Bei euch riecht's aber foi nach Kaffee."
Worauf Fräulein Wurzelmüller ihn seufzend zum Mit-
frühstücken einlud; man muß sich doch dankbar erweisen.
(Fortsetzung Seite 278)
Zeichnung von S. Kirchner
En gros
276
„Nee, Gustav, da gehm'mer nich rein, da muß mer ja gleich een ganzes Faß nem'n."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"En gros"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 172.1930, Nr. 4422, S. 276
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg