Fliegende Blätter (173.1930 (Nr. 4431-4456) = 86. Jahrg.)

Zeichnung von M, Clou»

Wörtlich befolgt

Lerr Krause schreibt an seinen
Lauswirt und ersucht ihn, eine
längst notwendige Reparatur an
seinem Badeofen schnellstens aus-
führen zu lassen.

Der Wirt antwortet: „Was
Ihre Forderung anbetrifft, so
kommen für mich diese Repara-
turkosten gar nicht in Frage; da
müssen Sie sich schon einen
Dümmeren aussuchen."

Lerr Krause legt diesen Brief
stillschweigend beiseite und be-
antwortet ihn erst nach acht Tagen
mit folgenden Zeilen: „Bis heut
habe ich mich bemüht, einen
Dümmeren zu finden, aber leider
vergeblich; ich ersuche Sie daher
erneut um Ausführung der
Reparatur."

Minderwertig

„Der wissenschaftliche Bor-
trag, den ich gestern besuchte,
wurde bei freiem Eintritt ge-
halten. — Das ist immer ver-
dächtig — tatsächlich habe ich
auch kein Wort davon verstanden."

Das Pfand

„Wem gehört der fremde
kleine Junge?

„Den hat mir ein Kunde als
Sicherheit für eine Bierflasche
hiergelassen."

„Wenn man dich mit dem Bogen sieht — eine zweite Juno!"
„Aber die hat doch nichts von Pfeil und Bogen verstanden!"
„Na — eben deshalb!"

Der gereckte Hals

Zinnwald kauft seine Kragen niemals fertig; er läßt sie sich
immer eigens bauen, im Wäschegeschäft von Moritz Tetzlaff Sohn.

Leute macht Zinnwald wieder einmal eine Bestellung. Aber
Moritz Tetzlaff Sohn ist jetzt nicht mehr da, sondern Oskar
Schwalbe, der das Geschäft unlängst übernommen hat, und des-
halb muß von neuem an Zinnwalds Lasse Maß genommen
werden. Oskar Schwalbe tut das selber.

Ein reizendes neues Ladenfräulein ist da. „Entzückende
Person!" denkt Zinnwald. Die entzückende Person klettert ge-
rade auf eine Leiter, um im obersten Fach des Regals irgend
was zu suchen oder einzuordnen. „Ein ganz prachtvolles Ge-
schöpf!" denkt Zinnwald.

Da wird Oskar Schwalbe nervös. „Nun gehen Sie doch

endlich runter von der Leiter, Fräulein Frida-ich friege

sonst das richtige Maß nicht; Lerrn Zinnwalds Kragen sind nach-
her viel zu hoch." _

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Hypothetischer Fall

Treffpunkt hat in der Zeitung
eine Notiz über ein sehr unglück-
lich verlaufenes Duell gelesen.
Er meint zu Scheinbart: „Ist
das zu begreifen? Daß es solch einen hirnverbrannten Blödsinn
immer noch gibt!"

Scheinbart will das nicht gelten lassen. „Für viele Fälle
haben Sie ja Recht. Aber es gibt Ausnahmen. Es ist doch denk-
bar, daß jemand von einem andern so schwer gekränkt worden ist,
daß er es vollkommen unerträglich finden muß, mit jenem die
Lust dieses Erdballs zu atmen. Dann sagt er sich eben: Der
Schuft muß weg! And wenn mir das nicht gelingt — — nun,
dann will lieber ich gar nicht mehr da sein."

„Sowas gibt es nicht," sagt Treffpunkt.

Scheinbart wird eifrig. „Das gibt es. Konstruieren wir
einmal ein Beispiel. Nehmen wir an. Sie würden mir meine
Braut abspenstig machen. Sie kennen sie doch: Lotte Kienbaum.
Also angenommen: das Mädchen löst, von Ihnen beeinflußt, die
Verlobung mit mir und verlobt sich mit Ihnen. Würden Sie es
da nicht begreiflich finden, daß ich Sie vor die Pistole haben
müßte?"

Treffpunkt überlegt sich den Fall blitzschnell. „Donnerwetter-

gibt der olle Kienbaum dem Mädchen so viel mit?" Piro