Zeichnung von E. Hilf
„Ich habe neulich den Autor dieses Lustspiels kennen gelernt und fragte
ihn, wie er eigentlich so etwas schreibt. Er sagte, er hätte keine Idee."
„Komisch! Ich habe den Kritiker gefragt, und er sagte dasselbe."
Beim Anwalt
„Wissen Sie denn nicht einen einzigen Menschen, der Ihre Aussage unterstützt und
bezeugen kann, daß Sie zur Zeit der Tat auf dem Felde waren?"
„Einen wüßt' ich schon, der beschwört das auch, aber der ist an dem betreffenden
Tage verreist gewesen!"
342
Ja, das Geld!
Kleine Geschichten von Peter Robinson
Der Aphorismus
Stiebritz war in einer ganz verfluchten
Klemme: im Äotel hatten sie ihm heute
neben das Frühstücksgeschirr die Wochen-
rechnung gelegt. Aber wie sollte er be-
zahlen, begleichen, blechen? O dieses ver-
dammte Glücksspiel, das seinen Namen
immer nur für andere Leute führte, denn
für Stiebritz wurde es stets ein Anglücks-,
ein Pech-, ein Katastrophenspiel! Fünfzig
Prozent des Betrages der Rechnung hätte
er schließlich noch hinlegen können, aber
darauf hätten sich die Leute wohl nicht
eingelassen. So war er also ausgegangen
und hatte getan, als dächte er im Augen-
blick nicht an die unbedeutende Angelegen-
heit.
Der Mensch soll nie verzagen. Wen
traf Stiebritz am Strande beim Genüsse
einer jedenfalls ausgezeichneten Morgen-
zigarre, die also ihren Konsumenten in
eine behagliche, für die Lergabe eines
Darlehens sehr geeignete Stimmung ver-
setzen mußte — wen traf er? Den Bank-
direktor Robbe, unter dessen gastliche Tafel
er im letzten Winter dreimal die Füße
gesteckt hatte. Eine wohltätige Fügung
des manchmal doch gütigen Schicksals
mußte ihm diesen vorzüglichen Mann in
den Weg geführt haben.
Stiebritz schritt sofort zur Attacke, und
zwei Minuten später hatte er eine ange-
nehme Füllung seiner Brieftasche erzielt.
O Wonne! Wie anders sah jetzt die Welt
aus! Mit einem Male fand Stiebritz alles
wieder wunderschön: den weißen Strand,
die Lotelpaläste, das schwach brandende
Meer-Ah, das Meer! Stiebritz kam
ein Einfall, der ihm geistreich erschien.
„Schießt mir eben durch den Kopf: Auf
dem Meere des Lebens ist der Schwimm-
gürtel Geld. — Ganz netter Aphorismus,
nicht wahr, Lerr Direktor?"
Robbe nickte. „Recht hübsch! Darauf
sind Sie wohl durch den Amstand gekom-
men, daß man Schwimmgürtel meistens
leihweise erhält?"
Alte Gewohnheit
Karlkurt Kullrich steht im Adreßbuch
als Literat verzeichnet, weil er das selber
so angegeben hat. Diese Berufsbezeich-
nung ist kein schönes Wort, und man muß
sich wundern, daß Karlkurt Kullrich kein
anderes gewählt hat, denn er versteht sich
sonst sehr gut darauf, schöne Worte zu
machen. Das sagen alle Leute, die mit
ihm bekannt geworden sind, soweit sie nicht
gänzlich unbemittelt sind. Jene nämlich,
die ein wenig oder einigermaßen oder gar
gut bemittelt sind, weiß der Literat sofort
zur Lergabe eines den Amständen nach
„Ich habe neulich den Autor dieses Lustspiels kennen gelernt und fragte
ihn, wie er eigentlich so etwas schreibt. Er sagte, er hätte keine Idee."
„Komisch! Ich habe den Kritiker gefragt, und er sagte dasselbe."
Beim Anwalt
„Wissen Sie denn nicht einen einzigen Menschen, der Ihre Aussage unterstützt und
bezeugen kann, daß Sie zur Zeit der Tat auf dem Felde waren?"
„Einen wüßt' ich schon, der beschwört das auch, aber der ist an dem betreffenden
Tage verreist gewesen!"
342
Ja, das Geld!
Kleine Geschichten von Peter Robinson
Der Aphorismus
Stiebritz war in einer ganz verfluchten
Klemme: im Äotel hatten sie ihm heute
neben das Frühstücksgeschirr die Wochen-
rechnung gelegt. Aber wie sollte er be-
zahlen, begleichen, blechen? O dieses ver-
dammte Glücksspiel, das seinen Namen
immer nur für andere Leute führte, denn
für Stiebritz wurde es stets ein Anglücks-,
ein Pech-, ein Katastrophenspiel! Fünfzig
Prozent des Betrages der Rechnung hätte
er schließlich noch hinlegen können, aber
darauf hätten sich die Leute wohl nicht
eingelassen. So war er also ausgegangen
und hatte getan, als dächte er im Augen-
blick nicht an die unbedeutende Angelegen-
heit.
Der Mensch soll nie verzagen. Wen
traf Stiebritz am Strande beim Genüsse
einer jedenfalls ausgezeichneten Morgen-
zigarre, die also ihren Konsumenten in
eine behagliche, für die Lergabe eines
Darlehens sehr geeignete Stimmung ver-
setzen mußte — wen traf er? Den Bank-
direktor Robbe, unter dessen gastliche Tafel
er im letzten Winter dreimal die Füße
gesteckt hatte. Eine wohltätige Fügung
des manchmal doch gütigen Schicksals
mußte ihm diesen vorzüglichen Mann in
den Weg geführt haben.
Stiebritz schritt sofort zur Attacke, und
zwei Minuten später hatte er eine ange-
nehme Füllung seiner Brieftasche erzielt.
O Wonne! Wie anders sah jetzt die Welt
aus! Mit einem Male fand Stiebritz alles
wieder wunderschön: den weißen Strand,
die Lotelpaläste, das schwach brandende
Meer-Ah, das Meer! Stiebritz kam
ein Einfall, der ihm geistreich erschien.
„Schießt mir eben durch den Kopf: Auf
dem Meere des Lebens ist der Schwimm-
gürtel Geld. — Ganz netter Aphorismus,
nicht wahr, Lerr Direktor?"
Robbe nickte. „Recht hübsch! Darauf
sind Sie wohl durch den Amstand gekom-
men, daß man Schwimmgürtel meistens
leihweise erhält?"
Alte Gewohnheit
Karlkurt Kullrich steht im Adreßbuch
als Literat verzeichnet, weil er das selber
so angegeben hat. Diese Berufsbezeich-
nung ist kein schönes Wort, und man muß
sich wundern, daß Karlkurt Kullrich kein
anderes gewählt hat, denn er versteht sich
sonst sehr gut darauf, schöne Worte zu
machen. Das sagen alle Leute, die mit
ihm bekannt geworden sind, soweit sie nicht
gänzlich unbemittelt sind. Jene nämlich,
die ein wenig oder einigermaßen oder gar
gut bemittelt sind, weiß der Literat sofort
zur Lergabe eines den Amständen nach
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich habe neulich den Autor dieses Lustspiels kennen gelernt ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
E. Hilf
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 173.1930, Nr. 4452, S. 342
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg