Wieder mal die Hosen
Die bekannten, allerdings
sehr dauerhaften „Losen des
Lerrn von Bredow" haben
schon zu vielen Witzen herhal-
ten müssen. Lier ist noch einer.
Dr. Knöcherling, der Germa-
nist, hat ihn gemacht. Aller-
dings ganz unfreiwillig, wie
das die Germanisten — —
doch das gehört nickt mehr zur
Sache.
Dr. Knöcherling also hat
neulich geäußert: „Meist bleibt
doch Willibald Aleris hinter
dem Erstrebten zurück. Nur in
den ,Losen des Lerrn von
Bredow' erreicht er sein Ziel."
— on.
Das überflüssige
Feuerwerk
„Zeigte der Bürgermeister
Geistesgegenwart bei dem
plötzlich ausbrechenden Rat-
hausbrande?"
„£> ja, er hat sofort das
Feuerwerk abgesagt, das in
derselben Stunde veranstaltet
werden sollte."
Erklärung
„Meine über Lerrn Däftig
gemachte Aeußerung, er miß-
handle seine Frau, nehme
ich hiermit zurück, da ich
mich vom Gegenteil überzeugt
habe."
Gestärkt „Erst klagt er über Schwäche-
anfälle und läßt sich 'ne Flasche Kognak kommen — —
und jetzt schmeißt er uns noch die ganze Vorstellung um."
Eine Frage
Katzenfuß wendet sich an
Krokus: „Ich möchte Ihren
Rat in einer etwas fatalen
Sache erbitten. Gestern war
ich mit Knobe zusammen. Was
fällt dem Kerl im Laufe des
Gesprächs ein? ,Sie sind ein
verfluchter Gauner!' sagt er zu
mir. And kein Zeuge war dabei."
Krokus brummt, das wäre
allerdings eine üble Geschichte.
„Nicht wahr? Was soll ich
da nun anfangen? Was tunSie,
wenn Ihnen sowas passiert?"
Ein Wunsch
Frau Lumpel hat eine
Nichte im Lause gehabt, die
dann in Stellung gegangen ist,
als Stütze zu Frau Rektor
Batz. Frau Batz ist sehr spar-
samste sucht inanche Ausgabe
zu vermeiden, die doch nötig
wäre. Frau Lumpel ist deshalb
schlecht auf Rektors zu sprechen.
Jetzt erkundigt stch die
Nachbarin: „Ich Hab' gehört,
Frau Lumpel, Ihre Nichte,
die bei Rektors in Stellung
ist, soll krank sein."
„Ja, die arme Berta! Aber
denken Sie: Rektors haben sich
um die Krankenkasse gedrückt,
und nu' müssen sie alles zahlen.
Da tät' ich mich aber freuen,
wenn das 'ne lange Krankheit
würd'." — on.
Zehn Kinder
Von Alfred Manns
Tagsüber stand vor dem feinen Lotel ein Mann von unde-
finierbarem Alter und desgleichen Reinlichkeit. Er war entsetzlich
arm und besaß nur einen wilden Bart, ein lahmes Bein und
zehn lebendige Kinder; das heißt, nur tagsüber; abends legte er
die Lahmheit und zehn Kinder ab — der Bart blieb ihm, und
der Mann war sehr stolz darauf, wozu aber, objektiv genommen,
wenig Veranlassung vorlag.
Der Bart, das lahme Bein und die zehn Kinder waren das
Landwerkzeug des furchtbar armen Mannes. Als Impondera-
bilien kamen noch einige qualitätslose Blumensträußchen hinzu,
je nach Jahreszeit. Diese Sträußchen waren nicht zum Verkaufen
da, sondern nur zur Einschüchterung. Wenn nämlich Gäste das
vornehme Lotel betraten oder verließen, so streckte ihnen der
grausam arme Mann — er hieß übrigens Kitzle — mit betont
schmierigen Fingern die Blumen fast drohend entgegen. Dann
wich der pp. Gast entsetzt zurück und sah sich um, ob auch jemand
bemerke, falls er ohne weiteres aus dem Bannkreise der entsetz-
lichen Lände verschwände. Aber das konnte er nie, denn es war
eine belebte Straße, und irgend jemand bemerkte stets die Lerz-
losigkeit gegenüber dem lahmen Manne, der seinen Kinderreichtum
keinem Menschen vorenthielt. Dann ließen die Gäste aus möglichst
228
großer Löhe eine Münze in die herausfordernd dreckige Land,
je nachdem fallen, ärop, tombor, etc.
Leute verkaufte Kitzle Maiblume».
Leute war Fräulein Medea Nuckelmann eingezogen. Sie
besaß Vermögen, hatte ein Alter von 55 Jahren, ein gutes Gemüt
und dafür um so schlechtere Augen.
Unter diese schlechten Auge» sprang ihr der arme Mann
Kitzke mit seinen Maiblumen und seinen zehn Kindern. Er wußte
nicht, daß die Dame nicht gut sehen konnte, also auch nicht die
Beschaffenheit seiner Lände, sonst hätte er sein Elend doch nicht
gar so bilderreich geschildert; denn er liebte es durchaus nicht,
daß ihm sein Betriebsmaterial durch wirklichen Verkauf dezimiert
würde.
Aber Fräulein Medea Nuckelmann war so maßlos bewegt
von dieser handgreiflichen Not des Alltags, daß sie ihre Reiß-
verschlußtasche öffnete, einen Taler hervorholte, ihn in Kitzkes
Land drückte und dann diese selbst lebhaft pressend schüttelte.
Sie hätte es nicht getan, wären ihre Augen besser gewesen.
Das Fräulein nahm den Strauß, und es war ihr sehr feierlich
zumute. Kitzke starrte der Dame mit weit aufgerissenen Augen
(Fortsetzung Seite 230)
Die bekannten, allerdings
sehr dauerhaften „Losen des
Lerrn von Bredow" haben
schon zu vielen Witzen herhal-
ten müssen. Lier ist noch einer.
Dr. Knöcherling, der Germa-
nist, hat ihn gemacht. Aller-
dings ganz unfreiwillig, wie
das die Germanisten — —
doch das gehört nickt mehr zur
Sache.
Dr. Knöcherling also hat
neulich geäußert: „Meist bleibt
doch Willibald Aleris hinter
dem Erstrebten zurück. Nur in
den ,Losen des Lerrn von
Bredow' erreicht er sein Ziel."
— on.
Das überflüssige
Feuerwerk
„Zeigte der Bürgermeister
Geistesgegenwart bei dem
plötzlich ausbrechenden Rat-
hausbrande?"
„£> ja, er hat sofort das
Feuerwerk abgesagt, das in
derselben Stunde veranstaltet
werden sollte."
Erklärung
„Meine über Lerrn Däftig
gemachte Aeußerung, er miß-
handle seine Frau, nehme
ich hiermit zurück, da ich
mich vom Gegenteil überzeugt
habe."
Gestärkt „Erst klagt er über Schwäche-
anfälle und läßt sich 'ne Flasche Kognak kommen — —
und jetzt schmeißt er uns noch die ganze Vorstellung um."
Eine Frage
Katzenfuß wendet sich an
Krokus: „Ich möchte Ihren
Rat in einer etwas fatalen
Sache erbitten. Gestern war
ich mit Knobe zusammen. Was
fällt dem Kerl im Laufe des
Gesprächs ein? ,Sie sind ein
verfluchter Gauner!' sagt er zu
mir. And kein Zeuge war dabei."
Krokus brummt, das wäre
allerdings eine üble Geschichte.
„Nicht wahr? Was soll ich
da nun anfangen? Was tunSie,
wenn Ihnen sowas passiert?"
Ein Wunsch
Frau Lumpel hat eine
Nichte im Lause gehabt, die
dann in Stellung gegangen ist,
als Stütze zu Frau Rektor
Batz. Frau Batz ist sehr spar-
samste sucht inanche Ausgabe
zu vermeiden, die doch nötig
wäre. Frau Lumpel ist deshalb
schlecht auf Rektors zu sprechen.
Jetzt erkundigt stch die
Nachbarin: „Ich Hab' gehört,
Frau Lumpel, Ihre Nichte,
die bei Rektors in Stellung
ist, soll krank sein."
„Ja, die arme Berta! Aber
denken Sie: Rektors haben sich
um die Krankenkasse gedrückt,
und nu' müssen sie alles zahlen.
Da tät' ich mich aber freuen,
wenn das 'ne lange Krankheit
würd'." — on.
Zehn Kinder
Von Alfred Manns
Tagsüber stand vor dem feinen Lotel ein Mann von unde-
finierbarem Alter und desgleichen Reinlichkeit. Er war entsetzlich
arm und besaß nur einen wilden Bart, ein lahmes Bein und
zehn lebendige Kinder; das heißt, nur tagsüber; abends legte er
die Lahmheit und zehn Kinder ab — der Bart blieb ihm, und
der Mann war sehr stolz darauf, wozu aber, objektiv genommen,
wenig Veranlassung vorlag.
Der Bart, das lahme Bein und die zehn Kinder waren das
Landwerkzeug des furchtbar armen Mannes. Als Impondera-
bilien kamen noch einige qualitätslose Blumensträußchen hinzu,
je nach Jahreszeit. Diese Sträußchen waren nicht zum Verkaufen
da, sondern nur zur Einschüchterung. Wenn nämlich Gäste das
vornehme Lotel betraten oder verließen, so streckte ihnen der
grausam arme Mann — er hieß übrigens Kitzle — mit betont
schmierigen Fingern die Blumen fast drohend entgegen. Dann
wich der pp. Gast entsetzt zurück und sah sich um, ob auch jemand
bemerke, falls er ohne weiteres aus dem Bannkreise der entsetz-
lichen Lände verschwände. Aber das konnte er nie, denn es war
eine belebte Straße, und irgend jemand bemerkte stets die Lerz-
losigkeit gegenüber dem lahmen Manne, der seinen Kinderreichtum
keinem Menschen vorenthielt. Dann ließen die Gäste aus möglichst
228
großer Löhe eine Münze in die herausfordernd dreckige Land,
je nachdem fallen, ärop, tombor, etc.
Leute verkaufte Kitzle Maiblume».
Leute war Fräulein Medea Nuckelmann eingezogen. Sie
besaß Vermögen, hatte ein Alter von 55 Jahren, ein gutes Gemüt
und dafür um so schlechtere Augen.
Unter diese schlechten Auge» sprang ihr der arme Mann
Kitzke mit seinen Maiblumen und seinen zehn Kindern. Er wußte
nicht, daß die Dame nicht gut sehen konnte, also auch nicht die
Beschaffenheit seiner Lände, sonst hätte er sein Elend doch nicht
gar so bilderreich geschildert; denn er liebte es durchaus nicht,
daß ihm sein Betriebsmaterial durch wirklichen Verkauf dezimiert
würde.
Aber Fräulein Medea Nuckelmann war so maßlos bewegt
von dieser handgreiflichen Not des Alltags, daß sie ihre Reiß-
verschlußtasche öffnete, einen Taler hervorholte, ihn in Kitzkes
Land drückte und dann diese selbst lebhaft pressend schüttelte.
Sie hätte es nicht getan, wären ihre Augen besser gewesen.
Das Fräulein nahm den Strauß, und es war ihr sehr feierlich
zumute. Kitzke starrte der Dame mit weit aufgerissenen Augen
(Fortsetzung Seite 230)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gestärkt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 174.1931, Nr. 4471, S. 228
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg