Zeichnung von C. I. Bauer
mögen auf Stottern. And die
Dividende, die die Gesellschaft
gibt."
„Das ist richtig," sage ich, „und
vor allem muH man es ja schon
aus moralischen Gründen seiner
Familie gegenüber, damit sie
versorgt ist, wenn man mal die
Augen zumacht. Eine Lebensver-
sicherung muß jeder anständige
Mensch haben. And gerade heute
in den wirtschaftlich schwierigen
Zeiten ist das mehr erforderlich
denn je."
Max geriet in Begeisterung.
Irgendwoher hatte er plötzlich
ein Formular und einen Füll-
halter in Länden. „Du bist zum
Beispiel 35 Jahre alt, verheiratet
und gesund. In deiner Position
als technischer Leiter der Teuto-
nia-Werke mußt du doch minde-
stens zwanzig- bis sünfundzwan-
zigtausend Mark ....."
„Die Teutonia-Merke," sagte
ich matt, „haben im vorigen
Monat liquidiert."
„Ach nee!" machte Max und
sah ziemlich blöde aus. „Na, und
was machst du jetzt?"
„Versicherungen!"
Entfettung
„Meine Bilder gefallen mir gar nicht; da bin ich mit meiner Poesie eher
zufrieden. Ich denke, ich werde es wie Gottfried Keller machen."
„Aber Lubert — — das war doch so'n alter Junggeselle!"
Dialog auf der Straße Von Werner Gehl
Wem Gott will rechte Kunst erweisen, den schickt er an die
frische Luft. Dort traf ich gestern meinen Freund Max.
„Nanu?" wundere ich mich, „am hellichten Tag auf der
Straße? Ja, bist du denn nicht mehr bei der Bank?"
„Natürlich nicht!"
„Abgebaut?"
„Erraten! Ja, es war eine herzergreifende Szene, als der
Direktor uns verabschiedete: geweint hätte der arme Kerl bei-
nahe, daß er sich von so langjährig bewährten Beamten trennen
müsse. Wir seien ihm so ans Lerz gewachsen! Also ich muß
schon sagen, ordentlich leid hat er mir getan in seinem Schmerz."
„Na, und was machst du jetzt?"
„Gott, was man so macht als Arbeitsloser."
„Also Versicherungen?"
„Natürlich! Das heißt, ich mache natürlich keine. Es sei
denn, daß gerade du dich versichern lassen willst. Es ist die denk-
bar beste Kapitalsanlage heute. Du kaufst dir sozusagen ein Ver
404
Frau Stuckschnake, eine Dame
von dem hübschen runden Lebend-
gewicht von 90 Kilo, hatte ihren
Mann vor dem Schlankheitsin-
stitut warten lassen. Nachdem sie
gewalkt, geknetet, durchdampft
und in Paraffin gewälzt war und
an Land der bereitwilligen In-
stitutswage 4 Pfund verloren
hatte, trat sie wieder aus oie
Straße, gerade rechtzeitig, um den
Gatten vor einer überschlanken
Blondine den Lut lüften zu
sehen.
Mit einem kometenähnlichen Geräusch schoß Frau Stuckschnake
auf den Pflichtvergessenen los.
„Edgar!" es klang wie die Trillerpfeife eines Londoner Kon-
stablers. „Wie kommst du dazu, diese Dame anzureden?"
„Malvine," wischte sich Lerr Stuckschnake ein paar Schweiß-
tropfen fort, „du hast dich drei Stunden behandeln lassen, und
als endlich eine Dame herauskam, habe ich sie nur gefragt, ob
sie meine Frau wäre." Gong
Ein Korb Erdbeeren
Jetzt ist die gute Zeit der Erdbeeren; man kann auch sagen:
die Zeit der guten Erdbeere». Tante Paula schätzt diese Früchte
sehr; sie verwendet sie für herrliche Nachspeisen, sie kocht große
Vorräte davon ein — ja, manchmal spendiert sie sogar eine
Erdbeerbowle.
Gestern klingelte es an Tante Paulas Tür, und als sie
öffnete, stand ein junger Mann da, der ihr Erdbeeren zum Kaufe
(Fortsetzung Sette 406)
mögen auf Stottern. And die
Dividende, die die Gesellschaft
gibt."
„Das ist richtig," sage ich, „und
vor allem muH man es ja schon
aus moralischen Gründen seiner
Familie gegenüber, damit sie
versorgt ist, wenn man mal die
Augen zumacht. Eine Lebensver-
sicherung muß jeder anständige
Mensch haben. And gerade heute
in den wirtschaftlich schwierigen
Zeiten ist das mehr erforderlich
denn je."
Max geriet in Begeisterung.
Irgendwoher hatte er plötzlich
ein Formular und einen Füll-
halter in Länden. „Du bist zum
Beispiel 35 Jahre alt, verheiratet
und gesund. In deiner Position
als technischer Leiter der Teuto-
nia-Werke mußt du doch minde-
stens zwanzig- bis sünfundzwan-
zigtausend Mark ....."
„Die Teutonia-Merke," sagte
ich matt, „haben im vorigen
Monat liquidiert."
„Ach nee!" machte Max und
sah ziemlich blöde aus. „Na, und
was machst du jetzt?"
„Versicherungen!"
Entfettung
„Meine Bilder gefallen mir gar nicht; da bin ich mit meiner Poesie eher
zufrieden. Ich denke, ich werde es wie Gottfried Keller machen."
„Aber Lubert — — das war doch so'n alter Junggeselle!"
Dialog auf der Straße Von Werner Gehl
Wem Gott will rechte Kunst erweisen, den schickt er an die
frische Luft. Dort traf ich gestern meinen Freund Max.
„Nanu?" wundere ich mich, „am hellichten Tag auf der
Straße? Ja, bist du denn nicht mehr bei der Bank?"
„Natürlich nicht!"
„Abgebaut?"
„Erraten! Ja, es war eine herzergreifende Szene, als der
Direktor uns verabschiedete: geweint hätte der arme Kerl bei-
nahe, daß er sich von so langjährig bewährten Beamten trennen
müsse. Wir seien ihm so ans Lerz gewachsen! Also ich muß
schon sagen, ordentlich leid hat er mir getan in seinem Schmerz."
„Na, und was machst du jetzt?"
„Gott, was man so macht als Arbeitsloser."
„Also Versicherungen?"
„Natürlich! Das heißt, ich mache natürlich keine. Es sei
denn, daß gerade du dich versichern lassen willst. Es ist die denk-
bar beste Kapitalsanlage heute. Du kaufst dir sozusagen ein Ver
404
Frau Stuckschnake, eine Dame
von dem hübschen runden Lebend-
gewicht von 90 Kilo, hatte ihren
Mann vor dem Schlankheitsin-
stitut warten lassen. Nachdem sie
gewalkt, geknetet, durchdampft
und in Paraffin gewälzt war und
an Land der bereitwilligen In-
stitutswage 4 Pfund verloren
hatte, trat sie wieder aus oie
Straße, gerade rechtzeitig, um den
Gatten vor einer überschlanken
Blondine den Lut lüften zu
sehen.
Mit einem kometenähnlichen Geräusch schoß Frau Stuckschnake
auf den Pflichtvergessenen los.
„Edgar!" es klang wie die Trillerpfeife eines Londoner Kon-
stablers. „Wie kommst du dazu, diese Dame anzureden?"
„Malvine," wischte sich Lerr Stuckschnake ein paar Schweiß-
tropfen fort, „du hast dich drei Stunden behandeln lassen, und
als endlich eine Dame herauskam, habe ich sie nur gefragt, ob
sie meine Frau wäre." Gong
Ein Korb Erdbeeren
Jetzt ist die gute Zeit der Erdbeeren; man kann auch sagen:
die Zeit der guten Erdbeere». Tante Paula schätzt diese Früchte
sehr; sie verwendet sie für herrliche Nachspeisen, sie kocht große
Vorräte davon ein — ja, manchmal spendiert sie sogar eine
Erdbeerbowle.
Gestern klingelte es an Tante Paulas Tür, und als sie
öffnete, stand ein junger Mann da, der ihr Erdbeeren zum Kaufe
(Fortsetzung Sette 406)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Meine Bilder gefallen mir gar nicht; ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 174.1931, Nr. 4482, S. 404
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg