„Schluß mit den Flegeleien! Mensch, Matrose-du wirst hier Schiffbruch erleiden."
„Auch gut! Schiffbrüchige werden gelabt."
Der gute Sprecher
Von Peter Robinson
Wir wollen uns nicht ein-
mischen — was geht uns das
an! An dieser Meinungsverschie-
denheit soll uns nur interessieren,
daß sie sich eingestellt hatte, —
nämlich zwischen den Herrschaf-
ten vom „Stadttheater" einerseits
und dem Dr. Zeisig von der Re-
daktion der „Morgenröte" ande-
rerseits. Das „Stadttheater"
hatte sich Mühe gegebenes hatte
den „Wallenstein" aufgeführt, und
alle Beteiligten waren überzeugt,
daß es eine ganz anständige Auf-
führung gewesen wäre. Der Dr.
Zeisig aber, der sich mit einer um-
fangreichen Kritik auch Mühe
gegeben hatte, war zu einer
schmähenden Ablehnung gelangt,
er hatte die Aufführung ohne
Gnade Verrissen.
„So ein gemeiner Lund —
dieser Zeisig!" brüllte Direktor
Baldrian zum neunten Male, als
er zum dritten Male jenen Absatz
der Kritik gelesen hatte, der sich
mit der Inszenierung beschäftigte.
Denn die Inszenierung hatte
Direktor Baldrian selber besorgt.
„So ein gemeiner Lund — dieser
Zeisig!" (Das war das zehnte
Mal)
54
„Mensch, sei doch nicht so stillos! Wie kannst du als spanischer
Grande Weißwurst fressen?"
„Paßt fabelhaft! Die Weißwürste sind grandios."
„Lund sagt viel zu wenig. Ein
Lund bellt oder beißt, dieser
Zeisig aber verspritzt ätzendes
Gift," bemerkte dazu Emanuel
Abendtum - Bobiscum, der den
Wallenstein dargestellt hatte. Er
war eben bei Direktor Baldrian
erschienen, einen nicht unbedeuten-
den Vorschuß zu erbitten, den
ihm der Direktor aber diesmal
unter keinen Umständen gewähren
wollte. Eben wegen der ver-
dammten Kritik. „Denn bei sol-
chen Kritiken muß man ja Pleite
machen," brüllte Direktor Bal-
drian.
„Aetzendes Gift!" wiederholte
Emanuel Abendtum-Vobiscum.
„Wie hat er mich angespritzt!
Da: ,Lerr Abendtum-Vobiscum
fiel mit seiner mangelhaften
Sprechtechnik besonders auf die
Nerven, die Gehörsnerven näm-
lich. Für die Darstellung klassi-
scher Rollen in Versdramen ist
denn doch die Grundbedingung,
eben auch Verse, unbeschadet der
durch die Landlung gebotenen
Akzentuierung' — so ein Quatsch
— ,ordentlich sprechen zu können.
Lerr Abendtum-Vobiscum kann
das nicht. Er zerkaute Schillers
Verse und verschluckte sie, sodaß
sein Publikum nichts davon bekam.
„Auch gut! Schiffbrüchige werden gelabt."
Der gute Sprecher
Von Peter Robinson
Wir wollen uns nicht ein-
mischen — was geht uns das
an! An dieser Meinungsverschie-
denheit soll uns nur interessieren,
daß sie sich eingestellt hatte, —
nämlich zwischen den Herrschaf-
ten vom „Stadttheater" einerseits
und dem Dr. Zeisig von der Re-
daktion der „Morgenröte" ande-
rerseits. Das „Stadttheater"
hatte sich Mühe gegebenes hatte
den „Wallenstein" aufgeführt, und
alle Beteiligten waren überzeugt,
daß es eine ganz anständige Auf-
führung gewesen wäre. Der Dr.
Zeisig aber, der sich mit einer um-
fangreichen Kritik auch Mühe
gegeben hatte, war zu einer
schmähenden Ablehnung gelangt,
er hatte die Aufführung ohne
Gnade Verrissen.
„So ein gemeiner Lund —
dieser Zeisig!" brüllte Direktor
Baldrian zum neunten Male, als
er zum dritten Male jenen Absatz
der Kritik gelesen hatte, der sich
mit der Inszenierung beschäftigte.
Denn die Inszenierung hatte
Direktor Baldrian selber besorgt.
„So ein gemeiner Lund — dieser
Zeisig!" (Das war das zehnte
Mal)
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„Mensch, sei doch nicht so stillos! Wie kannst du als spanischer
Grande Weißwurst fressen?"
„Paßt fabelhaft! Die Weißwürste sind grandios."
„Lund sagt viel zu wenig. Ein
Lund bellt oder beißt, dieser
Zeisig aber verspritzt ätzendes
Gift," bemerkte dazu Emanuel
Abendtum - Bobiscum, der den
Wallenstein dargestellt hatte. Er
war eben bei Direktor Baldrian
erschienen, einen nicht unbedeuten-
den Vorschuß zu erbitten, den
ihm der Direktor aber diesmal
unter keinen Umständen gewähren
wollte. Eben wegen der ver-
dammten Kritik. „Denn bei sol-
chen Kritiken muß man ja Pleite
machen," brüllte Direktor Bal-
drian.
„Aetzendes Gift!" wiederholte
Emanuel Abendtum-Vobiscum.
„Wie hat er mich angespritzt!
Da: ,Lerr Abendtum-Vobiscum
fiel mit seiner mangelhaften
Sprechtechnik besonders auf die
Nerven, die Gehörsnerven näm-
lich. Für die Darstellung klassi-
scher Rollen in Versdramen ist
denn doch die Grundbedingung,
eben auch Verse, unbeschadet der
durch die Landlung gebotenen
Akzentuierung' — so ein Quatsch
— ,ordentlich sprechen zu können.
Lerr Abendtum-Vobiscum kann
das nicht. Er zerkaute Schillers
Verse und verschluckte sie, sodaß
sein Publikum nichts davon bekam.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schluß mit den Flegeleien!" "Mensch, sei doch nicht so stillos!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 176.1932, Nr. 4513, S. 54
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg