Noah
O welch ein Matschwetter! Wen» es wenigstens Schnee
wäre, was da in ungeheuren Mengen aus den Wolken fällt,
aber es ist gemeiner Regen, wie er sich gar nicht für diese
Jahreszeit gehört.
Der erste Straßenbahnwagen, noch vor Morgengrauen,
befördert einige erschöpfte Menschen i» Masken. Einer ist
darunter, der die ganze Nacht behauptet hat, der Stammvater
Noah zu sein. Jetzt schläft er.
Aber der Schaffner weiß, wohin der Mann will, und als
es soweit ist, rüttelt er ihn wach. „Jetzt müssen Sie 'raus!"
Noah torkelt zur Tür und auf die Plattform. Aber dann kehrt
er um. „Nee, ich steige noch nicht aus-es regnet ja noch I"
Fasching
Vor dem Denkmal Albrechts des Bären stand Eberhard
Plinse. Eberhard Plinse war mit seinem Geschäftsfreund
Lehmann auf einem Faschingsball gewesen und auch mit ihm
gemeinsam von dort sortgegangen. Aber jetzt war er allein
auf weiter Flur.
Er angelte nach Albrecht dem Bären hinauf.
„Mensch, Lehmann," rief er in den dämmernden Morgen
hinein, „komm doch bloß runter. Deine Beine sind ja schon
eiskalt, du wirst noch erfrieren."
Im Iuwelierladen
„Du nennst mich immer dein Leimchen, Liebster nun
schmücke mal dein Leimchen!"
Im Eifer
„In Ihrem Lo-
kal scheinen recht
anspruchslose
Gäste zu verkeh-
ren !"
„Bitte sehr,auch
andere — schauen
Sie nur mal im
Beschwerdebuch
nach!"
Der gute Sprecher
Selbst die schließliche Ankündigung seines beabsichtigten langen Schlafes machte bei
diesem Wallenstein mehr den Eindruck der Aeußerung eines müden Lotelgastes zum Laus-
knecht/-Das ist eine Gemeinheit von Zeisig, Lerr Direktor. So etivas hat mir
noch kein Mensch und auch kein Kritiker nachgesagt. Wenn ich etwas kann, dann kann
ich sprechen. Ich bin ein guter Sprecher, ein großer Sprecher!"
„Ja, ja — ein Großsprecher sind Sie!" knurrte Direktor Baldrian.
„Oho, Lerr Direktor — Sie sollen was erleben! Ich werde mir den Zeisig vor-
nehmen, auf der Stelle. Die Mauser soll er kriegen. Paffen Sie mal auf, Lerr Direktor!"
Emanuel Abendtum-Vobiscum drehte schon an der Nummernscheibe des Fernsprechers.
„Lalt! Sie sind ja wohl wahnsinnig geworden!" kreischte Direktor Baldrian. „Sie
werden doch dem Manne nicht grob kommen!"
„Im Gegenteil, Lerr Direktor: sanft werde ich sein, sanft wie eine Taube. — Lassen
Sie mich — — fallen Sie mir nicht in den Arm!-,Morge»röte — — ja?-
Ach, bitte: wollen Sie mich mit Lerrn Dr. Zeisig verbinden!-Emanuel Abendtum-
Vobiscum — ja. — — Störe» Sie mich jetzt nicht, Lerr Direktor! Ich brauche alle
Kräfte meines Geistes. •-Ah, Lerr Dr. Zeisig! Sie sehen vor sich, oder vielmehr:
Sie hören einen tief bekümmerten, einen zerschmetterte» Künstler. Ihre Kritik hat mich
unendlich betrübt, gerade weil sie aus so berufener Feder stammt."
„Gott soll schützen!" hauchte Direktor Baldrian.
Abendtum-Vobiscum flötete: „Aber gewiß. Lerr Doktor: Kritik muß sein, und den
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„Karl, benimm dich, man muß sich ja schämen, dich zu kennen!"
„Lab ich verlangt, daß du mich kennst?"
O welch ein Matschwetter! Wen» es wenigstens Schnee
wäre, was da in ungeheuren Mengen aus den Wolken fällt,
aber es ist gemeiner Regen, wie er sich gar nicht für diese
Jahreszeit gehört.
Der erste Straßenbahnwagen, noch vor Morgengrauen,
befördert einige erschöpfte Menschen i» Masken. Einer ist
darunter, der die ganze Nacht behauptet hat, der Stammvater
Noah zu sein. Jetzt schläft er.
Aber der Schaffner weiß, wohin der Mann will, und als
es soweit ist, rüttelt er ihn wach. „Jetzt müssen Sie 'raus!"
Noah torkelt zur Tür und auf die Plattform. Aber dann kehrt
er um. „Nee, ich steige noch nicht aus-es regnet ja noch I"
Fasching
Vor dem Denkmal Albrechts des Bären stand Eberhard
Plinse. Eberhard Plinse war mit seinem Geschäftsfreund
Lehmann auf einem Faschingsball gewesen und auch mit ihm
gemeinsam von dort sortgegangen. Aber jetzt war er allein
auf weiter Flur.
Er angelte nach Albrecht dem Bären hinauf.
„Mensch, Lehmann," rief er in den dämmernden Morgen
hinein, „komm doch bloß runter. Deine Beine sind ja schon
eiskalt, du wirst noch erfrieren."
Im Iuwelierladen
„Du nennst mich immer dein Leimchen, Liebster nun
schmücke mal dein Leimchen!"
Im Eifer
„In Ihrem Lo-
kal scheinen recht
anspruchslose
Gäste zu verkeh-
ren !"
„Bitte sehr,auch
andere — schauen
Sie nur mal im
Beschwerdebuch
nach!"
Der gute Sprecher
Selbst die schließliche Ankündigung seines beabsichtigten langen Schlafes machte bei
diesem Wallenstein mehr den Eindruck der Aeußerung eines müden Lotelgastes zum Laus-
knecht/-Das ist eine Gemeinheit von Zeisig, Lerr Direktor. So etivas hat mir
noch kein Mensch und auch kein Kritiker nachgesagt. Wenn ich etwas kann, dann kann
ich sprechen. Ich bin ein guter Sprecher, ein großer Sprecher!"
„Ja, ja — ein Großsprecher sind Sie!" knurrte Direktor Baldrian.
„Oho, Lerr Direktor — Sie sollen was erleben! Ich werde mir den Zeisig vor-
nehmen, auf der Stelle. Die Mauser soll er kriegen. Paffen Sie mal auf, Lerr Direktor!"
Emanuel Abendtum-Vobiscum drehte schon an der Nummernscheibe des Fernsprechers.
„Lalt! Sie sind ja wohl wahnsinnig geworden!" kreischte Direktor Baldrian. „Sie
werden doch dem Manne nicht grob kommen!"
„Im Gegenteil, Lerr Direktor: sanft werde ich sein, sanft wie eine Taube. — Lassen
Sie mich — — fallen Sie mir nicht in den Arm!-,Morge»röte — — ja?-
Ach, bitte: wollen Sie mich mit Lerrn Dr. Zeisig verbinden!-Emanuel Abendtum-
Vobiscum — ja. — — Störe» Sie mich jetzt nicht, Lerr Direktor! Ich brauche alle
Kräfte meines Geistes. •-Ah, Lerr Dr. Zeisig! Sie sehen vor sich, oder vielmehr:
Sie hören einen tief bekümmerten, einen zerschmetterte» Künstler. Ihre Kritik hat mich
unendlich betrübt, gerade weil sie aus so berufener Feder stammt."
„Gott soll schützen!" hauchte Direktor Baldrian.
Abendtum-Vobiscum flötete: „Aber gewiß. Lerr Doktor: Kritik muß sein, und den
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„Karl, benimm dich, man muß sich ja schämen, dich zu kennen!"
„Lab ich verlangt, daß du mich kennst?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Arbeitsteilung" "Karl, benimm dich, man muß sich ja schämen, ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 176.1932, Nr. 4513, S. 55
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg