Fliegende Blätter (178.1933 (Nr. 4562-4587) = 89. Jahrg.)

Habakuk und Florian,

Deren edle Freundesseelen
Treu einander zugetan,

Die mit immer durst'gen Kehlen
Ganze Fässer soffen leer,
Mussten sich nach zwölf Semestern
Trennen wegen Wiederkehr
Zu den heimatlichen Nestern.

Florian zog an den Rhein
Auf das Weingut seines Alten,-
Ekne Klitsche nannte sein
Habakuk im Land der Balten.

Viele hundert Meilen war
Einer setzt entfernt vom andern.
Doch sie liehen jedes Jahr
Treue Freundschaftsgrüße wandern.

Dreißig Jahre gingen so.
Florian trieb das Verlangen,
Einmal munter noch und froh
Den Genossen zu umfangen,

Einmal noch in dieser Welt
Ihm ins treue Aug' zu blicken.
Extrapost hat er bestellt,
Ohne Kunde erst zu schicken.

Und von seinem besten Wein
Nahm er hundertfünszig Flaschen,
Mit dem Edeltrank vom Rhein
Den Kumpan zu überraschen.
Das war eine lange Fahrt,
Bis er endlich, um halb viere,
An dem Ziele sich gewahrte
Hier ist Habakukens Türe!

Doch deck Hauses Diener spricht:
Höflich, aber äußerst offen:
„Herr ist jetzt zu sprechen nicht.
Hat sich gestern vollgesoffen,
Liegt im Bette wie ein Stein,
Und das dauert noch bis morgen.

Aber bitte — nur herein!
Werde gleich Quartier besorgen."

Florian bedauert jetzt,

Daß er nicht vorher geschrieben,-
Aber andrerseits: er schätzt,

Daß der Freund so forsch geblieben.

Also nimmt er sein Quartier.

Als des Gastes Unterhalter
Kommt mit höflicher Manier
Abends Habakuks Verwalter.

Dieser Mann, mit Namen Stock,
Braut nun, wie es landesüblich,
Einen äußerst steifen Grog.

O, wie ist der Trank so lieblich!
Florian kneipt mit Genuß,

Läßt vom Grog sich ganz durchdringen,
Doch nach achtzehn Gläsern muß
Stock ihn dann zu Bette bringen.

Als nun Habakuk erwacht,

Und sein Kopf nicht mehr benommen.
Wird die Botschaft ihm gebracht,
Daß sein Freund zu Gast gekommen.
Aber, aber — — Florian
Wird jetzt wie ein Klotz gefunden/
Was der viele Grog getan,
Dauert vierundzwanzig Stunden.

Habakuk bemerkt gerührt
Die ihm mitgebrachten Flaschen.
Abends, als er Durst verspürt,
Will er davon etwas naschen,
Doch er findet stark Geschmack,
Hat ein Dutzend ausgetrunken.
Bis er endlich wie ein Sack
In die Federn hingesunkcn.

Von der Kraft des Grogs erlöst.
Hört nun Florian mit Schrecken,
Daß der Hausherr wieder döst
Und unmöglich zu erwecken.

Er vertreibt sich drum die Zeit,
Bis er abends sich von Stocken —
Der hält schon den Grog bereit —
Wieder läßt zum Trünke locken.

Wechselnd so bei tiefem Schluck
Läßt zehn Tage man verfließen:
Florian und Habakuk
Können nie sich froh begrüßen,

Weil ja einer stets im Tran
Länger kann er nicht mehr weilen,
Drum empfiehlt sich Florian
Mit ein paar betränten Zeilen:

.Lebe wohl, geliebter Freund!
Weil das Glück uns nicht vergönnte,
Daß der Becher uns vereint,

Und uns stets der Dusel trennte-

Komm' zu mir mal an den Rhein!
Doch aus nun erlebten Gründen
Stell' dich angemeldet ein,

Um mich nüchtern vorzufinden!'

Peter Robinson

Der Sanitätsrat Raunzer ist einer vom alten Schlag. Der
Schatz seiner therapeutischen Mittel ist beschränkt. Er sagt eigent-
lich immer dasselbe. Ob Herr Kohlrausch Grippe oder Mandel-
entzündung oder Darmkatarrh hat, Sanitätsrat Raunzer rät
immer väterlich: „Na, dann laffen wir ihn mal ordentlich schwitzen."

Lange Fahre sind Kohlrauschs treue Patienten geblieben,
aber jetzt gehen sie nicht mehr hin.

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Das war nämlich so: Frau Kohlrausch hatte in der Praxis
angerufen. „§>err Sanitätsrat, was kann man denn da
machen?"

„Wo fehlts denn?" hatte der Sanitätsrat gefragt.

„Ach, mein Mann schwitzt so fürchterlich."

„Na," hatte der Sanitätsrat gesagt, „dann lassen Sie ihn
mal ordentlich schwitzen."