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„Entweder haben wir uns verflogen, oder mein Kompaß geht um 2 Längengrade vor."
Eine gerechte Forderung
Tiere andere Tiere freffen und damit doch nicht die geringste
Schuld auf sich laden. Aber das spricht er nicht aus; er sagt viel-
mehr: „Ja, das ist wirklich schrecklich I"
Kanehlke triumphiert. Er hält Nickel die Land hin. „Geben
Sie sich einen Ruck, Lerr Nickel! Schlagen Sie ein! Werden Sie
einer der Anseren, schwören Sie zur Fahne des Vegetarismus!"
Patsch — Nickel scklägt ein. Kanehlke ju-
belt: „And das Schnitzel geben Sie Ihrem
Lunde! Essen Sie einen Kopf Salat! Oder
nein — Sie brauchen ja was Warmes. Kom-
men Sie zu mir! Sie kriegen eine herrliche
geschmorte Gurke!"
„Gut!" nickt Nickel. „Wird gemacht! Aber
erst noch etwas sehr Wichtiges!" And dabei
bückt er sich, löst seine Schuhbänder, zieht flink
die Schuhe aus und schleudert sie in weitem
Bogen in den Fluß. Klatsch — da schlagen
sie auss Wasser! And gleich gehen sie unter.
„Aber Lerr Nickel, was machen Sie denn?"
stottert Kanehlke. „Was soll denn das be-
deuten?"
„Das bedeutet Konsequenz!" erklärt Nickel
großartig. „Wie können wir Vegetarier —
ich sage schon mit Stolz: wir Vegetarier! —
wie können wir unsere Füße mit Leder be-
kleiden, zu dessen Gewinnung doch einem un-
schuldigen Tiere das Leben genommen worden
ist! Wenn wir Lederschuhe tragen wollen —
ja, dann müssen doch gerade andere Leute,
denen wir das vorwerfen, Fleisch essen, was
ihnen, wie Sie so überzeugend erklärt haben,
schädlich und auch widerwärtig ist. Das haben
Sie eben noch nicht bedacht, Lerr Kanehlke!
Aber nun werden Sie es einsehen und sofort
meinem Beispiel folgen. Also los, Lerr Ka-
nehlke, los!"
And dringend auffordernd zeigt Nickel auf
Kanehlkes herrliche Stiefel. Aber Kanehlke
denkt gar nicht daran, sie auszuziehen. „Das
ist ja eine ganz andere Sache!"
„Das ist keine andere Sache, das ist nur
eine gerechte Forderung. Ich frage Sie aus-
drücklich, Lerr Kanehlke: Wollen Sie jetzt
Ihre Stiefel ausziehen und fortwerfen?"
„Soll mir einfallen! Die haben 40 Mark
gekostet und sind noch ganz neu."
„Also nicht, Lerr Kanehlke. Dann meinen
Sie vielleicht auch, ich soll mir morgen doch
wieder Lederschuhe anziehen?"
294
„Aber bester Lerr Nickel-selbstverständlich I"
„Schön, ich werde Lederschuhe anziehen. Aber dann ist es für
mich doch nichts mit der reinen Pflanzennahrung, dann will ich
ehrlicher Weise das zu meinem Lederanteil gehörende Fleisch
essen. Guten Abend, Lerr Kanehlke!"
Nickel nimmt sein Paket und humpelt in Strümpfen den Ab-
hang zu seinem Läuschen hinauf. In seiner Gartentür dreht
er sich um und schreit zu Kanehlke hinunter:
„Ich esse also doch Schnitzel, Lerr Kanehlke!
Ein großes Schnitzel! And morgen werde
ich ein Lähnchen essen, ein knuspriges Brat-
hähnchen I"
Erklärung
„Leugne nicht, Bengel, daß du mit dem
Finger in meinem Käsekuchen warst! Woher
sollten sonst die Löcher kommen?"
„Das ist vielleicht Emmentaler Käse-
kuchen, Tante."
Schnieke will ein Laus bauen.
„Laben Sie denn einen Baugrund?" fragt
ihn der Architekt.
„Gewiß. Sie brauchen's ja nicht weiterzu-
sagen. Ich möchte 'ne Lypothek aufnehmen,
wegen der Steuer."
„Äu," sagte der Onkel zum Neffen, „ich
wüßte dir eine fesche Person mit gutgehen-
dem Geschäft, wenn du mal endlich von deinem
Wahn lassen wolltest, nur aus Liebe zu
heiraten."
„Na," erwidert der Neffe, „Neigungsein-
Heirat nicht ausgeschlossen."
Aspekte
Diese zwei, Knud-Herbert und Kjarele,
(Hochzeitsreise nach Las Animas)
Sind nicht nur ein Herz und eine Seele,
Nein: ein Rettungsring — ein Prismenglas.
Doch auch solch Gefühl hat Angriffsflächen,
Und der Kjenner sieht es jetzt schon ein:
Einmal werden sie zusammen brechen
(Laßt sie erst in der Biscaya sein!)
Aabus senior findet auf dem Schreibtisch
seines Sohnes einige Blätter mit Versen.
„Also darum, Julius, tust du jetzt nichts Ver-
nünftiges mehr!"
Julius Kabus ist stolz. „Lieber Vater —
meine Gedichte werden unfern Namen un-
sterblich machen!"
Der alte Kabus sieht die Verse noch ein-
mal genauer an. „Lältst du das für sicher,
Julius?"
„Daran ist nicht zu zweifeln."
Der alte Kabus seufzt. „Dann tu mir einen
Gefallen, Julius: nimm ein Pseudonym!"
„Entweder haben wir uns verflogen, oder mein Kompaß geht um 2 Längengrade vor."
Eine gerechte Forderung
Tiere andere Tiere freffen und damit doch nicht die geringste
Schuld auf sich laden. Aber das spricht er nicht aus; er sagt viel-
mehr: „Ja, das ist wirklich schrecklich I"
Kanehlke triumphiert. Er hält Nickel die Land hin. „Geben
Sie sich einen Ruck, Lerr Nickel! Schlagen Sie ein! Werden Sie
einer der Anseren, schwören Sie zur Fahne des Vegetarismus!"
Patsch — Nickel scklägt ein. Kanehlke ju-
belt: „And das Schnitzel geben Sie Ihrem
Lunde! Essen Sie einen Kopf Salat! Oder
nein — Sie brauchen ja was Warmes. Kom-
men Sie zu mir! Sie kriegen eine herrliche
geschmorte Gurke!"
„Gut!" nickt Nickel. „Wird gemacht! Aber
erst noch etwas sehr Wichtiges!" And dabei
bückt er sich, löst seine Schuhbänder, zieht flink
die Schuhe aus und schleudert sie in weitem
Bogen in den Fluß. Klatsch — da schlagen
sie auss Wasser! And gleich gehen sie unter.
„Aber Lerr Nickel, was machen Sie denn?"
stottert Kanehlke. „Was soll denn das be-
deuten?"
„Das bedeutet Konsequenz!" erklärt Nickel
großartig. „Wie können wir Vegetarier —
ich sage schon mit Stolz: wir Vegetarier! —
wie können wir unsere Füße mit Leder be-
kleiden, zu dessen Gewinnung doch einem un-
schuldigen Tiere das Leben genommen worden
ist! Wenn wir Lederschuhe tragen wollen —
ja, dann müssen doch gerade andere Leute,
denen wir das vorwerfen, Fleisch essen, was
ihnen, wie Sie so überzeugend erklärt haben,
schädlich und auch widerwärtig ist. Das haben
Sie eben noch nicht bedacht, Lerr Kanehlke!
Aber nun werden Sie es einsehen und sofort
meinem Beispiel folgen. Also los, Lerr Ka-
nehlke, los!"
And dringend auffordernd zeigt Nickel auf
Kanehlkes herrliche Stiefel. Aber Kanehlke
denkt gar nicht daran, sie auszuziehen. „Das
ist ja eine ganz andere Sache!"
„Das ist keine andere Sache, das ist nur
eine gerechte Forderung. Ich frage Sie aus-
drücklich, Lerr Kanehlke: Wollen Sie jetzt
Ihre Stiefel ausziehen und fortwerfen?"
„Soll mir einfallen! Die haben 40 Mark
gekostet und sind noch ganz neu."
„Also nicht, Lerr Kanehlke. Dann meinen
Sie vielleicht auch, ich soll mir morgen doch
wieder Lederschuhe anziehen?"
294
„Aber bester Lerr Nickel-selbstverständlich I"
„Schön, ich werde Lederschuhe anziehen. Aber dann ist es für
mich doch nichts mit der reinen Pflanzennahrung, dann will ich
ehrlicher Weise das zu meinem Lederanteil gehörende Fleisch
essen. Guten Abend, Lerr Kanehlke!"
Nickel nimmt sein Paket und humpelt in Strümpfen den Ab-
hang zu seinem Läuschen hinauf. In seiner Gartentür dreht
er sich um und schreit zu Kanehlke hinunter:
„Ich esse also doch Schnitzel, Lerr Kanehlke!
Ein großes Schnitzel! And morgen werde
ich ein Lähnchen essen, ein knuspriges Brat-
hähnchen I"
Erklärung
„Leugne nicht, Bengel, daß du mit dem
Finger in meinem Käsekuchen warst! Woher
sollten sonst die Löcher kommen?"
„Das ist vielleicht Emmentaler Käse-
kuchen, Tante."
Schnieke will ein Laus bauen.
„Laben Sie denn einen Baugrund?" fragt
ihn der Architekt.
„Gewiß. Sie brauchen's ja nicht weiterzu-
sagen. Ich möchte 'ne Lypothek aufnehmen,
wegen der Steuer."
„Äu," sagte der Onkel zum Neffen, „ich
wüßte dir eine fesche Person mit gutgehen-
dem Geschäft, wenn du mal endlich von deinem
Wahn lassen wolltest, nur aus Liebe zu
heiraten."
„Na," erwidert der Neffe, „Neigungsein-
Heirat nicht ausgeschlossen."
Aspekte
Diese zwei, Knud-Herbert und Kjarele,
(Hochzeitsreise nach Las Animas)
Sind nicht nur ein Herz und eine Seele,
Nein: ein Rettungsring — ein Prismenglas.
Doch auch solch Gefühl hat Angriffsflächen,
Und der Kjenner sieht es jetzt schon ein:
Einmal werden sie zusammen brechen
(Laßt sie erst in der Biscaya sein!)
Aabus senior findet auf dem Schreibtisch
seines Sohnes einige Blätter mit Versen.
„Also darum, Julius, tust du jetzt nichts Ver-
nünftiges mehr!"
Julius Kabus ist stolz. „Lieber Vater —
meine Gedichte werden unfern Namen un-
sterblich machen!"
Der alte Kabus sieht die Verse noch ein-
mal genauer an. „Lältst du das für sicher,
Julius?"
„Daran ist nicht zu zweifeln."
Der alte Kabus seufzt. „Dann tu mir einen
Gefallen, Julius: nimm ein Pseudonym!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Entweder haben wir uns verflogen, oder mein Kompaß geht um 2 Längengrade vor." "Aspekte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 178.1933, Nr. 4580, S. 294
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg