Wie Redensarten entstehen
denn erst vor zwei Monaten
ist er vom Norden her zuge-
wandert.
Auf Fahren und Reiten
versteht er sich, der Baron,
sagen anerkennend die Bau-
ern; aber seine Schießerei,
sagen sie, ist nicht weit her.
Denn bereits nach den ersten
vier Wochen seines Aufent-
haltes in Altbayern hätte
er beinahe anstatt des aufs
Korn genommenen Fasan-
gockels den Schneider Flurl
erlegt, noch dazu durch dessen
eigenes Stubenfenster hin-
durch, und solches ist, sagen
die Brinzinger Bauern,
schon bald nimmer in Ord-
nung, mag auch das Schnei-
derhäusl noch so günstig für
einen schlechten Schützen
mitten drin stehen in der
freiherrlichen Feldjagd. Der
Schneider Flurl ist auch so-
gleich zum Gendarmeriekom-
mandanten gelaufen und hat
den Fall angezeigt, und der
Kommandant hat ihn zu
Papier gebracht und dem
Gericht vorgelegt, den Fall
nämlich.
Tischrücken »Riesig spannend — nicht wahr? Rur bitte ich
mir aus, daß nicht gemogelt wird!"
„Aber dann ist's doch auf die Dauer zu langweilig!"
Derweil hatte aber der
Baron dem Alban Flurl
schon eineFünfzig-Marknote
überschickt, also, daß den
Schneider nunmehr eine tiefe
Reue ob seiner vorausge-
gangenen Anzeigengeschwin-
digkeit überkam. Denn er
rechnete sich haarscharf aus,
wie viele Bauernhöfen,
-westen und -janker er um die
fünfzig Mark hätte Herschnei-
dern müssen, die er von dem
splendiden Edelmann doch
ohne alles Arbeitsgefrett be-
kommen habe. Fa, er bekannte
ganz offen: am liebsten wäre
es ihm, der Baron schösse
ihm alle Tage ein anderes
Fenster ein und singe, wenn
er solcherweise rings um das
Läusel herumgepatzt, gleich
wieder von vorne an. And
in solchen Berechnungen und
Lebensträumen wollte der
Schneider auch seine Anzeige
wieder zurücknehmen; allein
das ging nicht. Im Gegen-
teil, die Sache kam zur Ver-
handlung vor dem Amtsge-
richt in Salzhausen.
Donnerwetter, fuhr an
diesem Tage des Gerichts
„Sagen Sie mal, Äerr Wirt, was haben Sie denn da für einen Tisch stehen? Der ist ja wie'n Schaukelstuhl!"
„Ja, das ist der Stammtisch alter Schiffskapitäne. Denen schmeckts nicht, wenn der Tisch nicht schlingert."
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denn erst vor zwei Monaten
ist er vom Norden her zuge-
wandert.
Auf Fahren und Reiten
versteht er sich, der Baron,
sagen anerkennend die Bau-
ern; aber seine Schießerei,
sagen sie, ist nicht weit her.
Denn bereits nach den ersten
vier Wochen seines Aufent-
haltes in Altbayern hätte
er beinahe anstatt des aufs
Korn genommenen Fasan-
gockels den Schneider Flurl
erlegt, noch dazu durch dessen
eigenes Stubenfenster hin-
durch, und solches ist, sagen
die Brinzinger Bauern,
schon bald nimmer in Ord-
nung, mag auch das Schnei-
derhäusl noch so günstig für
einen schlechten Schützen
mitten drin stehen in der
freiherrlichen Feldjagd. Der
Schneider Flurl ist auch so-
gleich zum Gendarmeriekom-
mandanten gelaufen und hat
den Fall angezeigt, und der
Kommandant hat ihn zu
Papier gebracht und dem
Gericht vorgelegt, den Fall
nämlich.
Tischrücken »Riesig spannend — nicht wahr? Rur bitte ich
mir aus, daß nicht gemogelt wird!"
„Aber dann ist's doch auf die Dauer zu langweilig!"
Derweil hatte aber der
Baron dem Alban Flurl
schon eineFünfzig-Marknote
überschickt, also, daß den
Schneider nunmehr eine tiefe
Reue ob seiner vorausge-
gangenen Anzeigengeschwin-
digkeit überkam. Denn er
rechnete sich haarscharf aus,
wie viele Bauernhöfen,
-westen und -janker er um die
fünfzig Mark hätte Herschnei-
dern müssen, die er von dem
splendiden Edelmann doch
ohne alles Arbeitsgefrett be-
kommen habe. Fa, er bekannte
ganz offen: am liebsten wäre
es ihm, der Baron schösse
ihm alle Tage ein anderes
Fenster ein und singe, wenn
er solcherweise rings um das
Läusel herumgepatzt, gleich
wieder von vorne an. And
in solchen Berechnungen und
Lebensträumen wollte der
Schneider auch seine Anzeige
wieder zurücknehmen; allein
das ging nicht. Im Gegen-
teil, die Sache kam zur Ver-
handlung vor dem Amtsge-
richt in Salzhausen.
Donnerwetter, fuhr an
diesem Tage des Gerichts
„Sagen Sie mal, Äerr Wirt, was haben Sie denn da für einen Tisch stehen? Der ist ja wie'n Schaukelstuhl!"
„Ja, das ist der Stammtisch alter Schiffskapitäne. Denen schmeckts nicht, wenn der Tisch nicht schlingert."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Tischrücken" "Sagen Sie mal, Herr Wirt, was haben Sie denn da für einen Tisch stehen? ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 178.1933, Nr. 4587, S. 405
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg