Zeichnung von Z. Mauder
„Ein armer Landwerksbursche, der seit zwei Tagen nicht
mehr getankt hat, bittet um einige milde Kilometer."
Der Mann
braucht sie, aber für Frauen, die aufschauen, bewundern, sich be-
geistern wollen, sind sie nichts. Meinen Sie das nicht auch, liebes
Fräulein?"
Das Fräulein hatte jetzt Interesse gewonnen. „Ich kann Ihnen
nicht unbedingt beistimmen, gnädige Frau; Sie müssen Ausnahmen
gelten lassen. Am Ende gibt es gar so viele Ausnahmen, daß
Fülle, wie der von Ihnen beklagte, kaum mehr als Regel gelten
können. Ich bin die Privatsekretärin eines Großindustriellen, seit
zehn Jahren, und ich habe in dieser Zeit immer und immer mehr
Lochachtung vor ihm bekommen. Ja, ganz offen: ich bewundere
ihn. Freilich, er will für sich erwerben, aber sein Unternehmen
dient doch auch der Allgemeinheit. Es ist ein Stück vom Wirt-
schaftsleben, es schafft Werte, es gibt einer Menge Menschen
Arbeit und Brot. And dieses Unternehmen immer und immer zu
hüten, zu schützen und weiter vorwärts zu bringen — — das ist
doch ein Kamps, gnädige Frau. Und wie oft erfordert dieser
70
manchmal sehr schwere Kampf
Entschlüsse und Wagnisse, vor
denen Ihrem bewunderten Film-
helden am Ende sehr bange wer-
den würde. Und auch von der
unermüdlichen Zähigkeit, die kein
Nachlassen gestattet, von dieser
nie endenden Mühe würde Ihr
Leid nichts wissen wollen.
Manchmal spüre ich, daß es
ihm wohltun würde, auch ein-
mal nachzugeben und ein wenig
verzagt sein zu dürfen. Aber
wenn er dann bloß sagt: „Na,
heute kommt's ja wieder knüp-
peldick!" und sich dann zusam-
menreißt und wieder ganz kühl
anfängt, mir zu diktieren-
dann möchte ich am liebsten
bravo rufen. Leider darf ich
das nicht, aber ich kann ihn
wenigstens schweigend bewun-
dern. Und wenn er dann Schluß
macht und wieder mal die Ar-
beit gezwungen hat und — ach,
wie müde wohl manchmal! —
nach Lause fährt, dann wünsche
ich ihm, daß er dort Behagen
und Erholung finden möge und
vielleicht auch etwas Lob, das er
am Ende ganz gern hören würde."
Die Dame mit der großen
Enttäuschung hat aufmerksam
zugehört. Sie nickt: „Ja, das
ist freilich auch ein bewunderns-
werter Mann, wie Sie ihn so
schUdern, liebes Fräulein. Aber
doch wohl eine ganz große
Ausnahme!"
Da tritt ein älterer Lerr
ein. Er schaut sich um und
kommt dann auf die etwas kor-
pulente Dame zu. „Da bist du
ja, Olga! Es tut mir leid, daß
du auf den Wagen hast warten
müssen. Der Schofför ist krank,
da bi» ich selber gekommen."
Jetzt erst fällt sein Blick auf
das Fräulein mit der Brille. „Ei was-Fräulein Müller!
Ja, wie kommen Sie denn mit meiner Frau hierher? Seit wann
kennst du denn Fräulein Müller, Olga?"
Die Gattin ist erstaunt. „Wir haben nur im Kino neben-
einander gesessen. Wer ist denn das Fräulein?"
„Fräulein Müller ist meine Privatsekretärin."
„Ich habe gehört, Ihre Frau fühlt sich nicht wohl, worüber
klagt sie denn?"
„Meistens über mich."
Der Anfänger
„Sie gefährden die Spaziergänger! Können Sie nicht lesen,
daß Sie auf dieser Straße nicht radfahren dürfen?"
„Ich lern's ja erst, Lerr Wachtmeister!"
„Ein armer Landwerksbursche, der seit zwei Tagen nicht
mehr getankt hat, bittet um einige milde Kilometer."
Der Mann
braucht sie, aber für Frauen, die aufschauen, bewundern, sich be-
geistern wollen, sind sie nichts. Meinen Sie das nicht auch, liebes
Fräulein?"
Das Fräulein hatte jetzt Interesse gewonnen. „Ich kann Ihnen
nicht unbedingt beistimmen, gnädige Frau; Sie müssen Ausnahmen
gelten lassen. Am Ende gibt es gar so viele Ausnahmen, daß
Fülle, wie der von Ihnen beklagte, kaum mehr als Regel gelten
können. Ich bin die Privatsekretärin eines Großindustriellen, seit
zehn Jahren, und ich habe in dieser Zeit immer und immer mehr
Lochachtung vor ihm bekommen. Ja, ganz offen: ich bewundere
ihn. Freilich, er will für sich erwerben, aber sein Unternehmen
dient doch auch der Allgemeinheit. Es ist ein Stück vom Wirt-
schaftsleben, es schafft Werte, es gibt einer Menge Menschen
Arbeit und Brot. And dieses Unternehmen immer und immer zu
hüten, zu schützen und weiter vorwärts zu bringen — — das ist
doch ein Kamps, gnädige Frau. Und wie oft erfordert dieser
70
manchmal sehr schwere Kampf
Entschlüsse und Wagnisse, vor
denen Ihrem bewunderten Film-
helden am Ende sehr bange wer-
den würde. Und auch von der
unermüdlichen Zähigkeit, die kein
Nachlassen gestattet, von dieser
nie endenden Mühe würde Ihr
Leid nichts wissen wollen.
Manchmal spüre ich, daß es
ihm wohltun würde, auch ein-
mal nachzugeben und ein wenig
verzagt sein zu dürfen. Aber
wenn er dann bloß sagt: „Na,
heute kommt's ja wieder knüp-
peldick!" und sich dann zusam-
menreißt und wieder ganz kühl
anfängt, mir zu diktieren-
dann möchte ich am liebsten
bravo rufen. Leider darf ich
das nicht, aber ich kann ihn
wenigstens schweigend bewun-
dern. Und wenn er dann Schluß
macht und wieder mal die Ar-
beit gezwungen hat und — ach,
wie müde wohl manchmal! —
nach Lause fährt, dann wünsche
ich ihm, daß er dort Behagen
und Erholung finden möge und
vielleicht auch etwas Lob, das er
am Ende ganz gern hören würde."
Die Dame mit der großen
Enttäuschung hat aufmerksam
zugehört. Sie nickt: „Ja, das
ist freilich auch ein bewunderns-
werter Mann, wie Sie ihn so
schUdern, liebes Fräulein. Aber
doch wohl eine ganz große
Ausnahme!"
Da tritt ein älterer Lerr
ein. Er schaut sich um und
kommt dann auf die etwas kor-
pulente Dame zu. „Da bist du
ja, Olga! Es tut mir leid, daß
du auf den Wagen hast warten
müssen. Der Schofför ist krank,
da bi» ich selber gekommen."
Jetzt erst fällt sein Blick auf
das Fräulein mit der Brille. „Ei was-Fräulein Müller!
Ja, wie kommen Sie denn mit meiner Frau hierher? Seit wann
kennst du denn Fräulein Müller, Olga?"
Die Gattin ist erstaunt. „Wir haben nur im Kino neben-
einander gesessen. Wer ist denn das Fräulein?"
„Fräulein Müller ist meine Privatsekretärin."
„Ich habe gehört, Ihre Frau fühlt sich nicht wohl, worüber
klagt sie denn?"
„Meistens über mich."
Der Anfänger
„Sie gefährden die Spaziergänger! Können Sie nicht lesen,
daß Sie auf dieser Straße nicht radfahren dürfen?"
„Ich lern's ja erst, Lerr Wachtmeister!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein armer Handwerksbursche, der seit zwei Tagen nicht mehr getankt hat, ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 179.1933, Nr. 4592, S. 70
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg