Zeichnung von E. Kirchner
Vorfall mit Witzen
Wenn es Leute auf dem Monde gibt, dann wissen die ja gar nichts
von Abnehmen und Zunehmen des Mondes. Das sieht doch nur
für uns auf der Erde fo aus."
Ich werde nun schon kribbelig. „Sie sehen ja vorbei. Sie ver-
stehen keinen Witz." — „O ja I" sagt Prellbock. „Einen guten
Witz verstehe ich schon, bloß stimmen muß er." — „Schön,
dann werd' ich Ihnen noch einen erzählen," sage ich. „.Hören
Sie zu! Der Lehrer gibt in der untersten Klasse den ganz
kleinen Iungens aus, sie sollen sür den nächsten Tag auf
die Schiefertafel eine Maus zeichnen. Der kleine Max aber
kommt mit einer leeren Tafel an. ,Wo ist denn die Maus?'
fragt der Lehrer. ,Du bist ja faul gewesen/ — ,Nein, .Herr Lehrer/
sagt der kleine Max, sich habe gestern eine ganz seine Maus ge-
zeichnet. Aber heute morgen war sie weg; die muß die Katze abge-
leckt haben/
Sehn Sie, Herr Polizeileutnant — Sie lachen jetzt! Aber
Prellbock lacht nicht. Ganz blödsinnig stiert er mich an und denkt
lange nach, und dann sagt er: „Nee, das ist doch zu unwahrschein-
lich. Weshalb sollte denn die Katze sich um die Schiefertafel küm-
mern? Ja, wenn zufällig etwas Milch auf die Tafel gespritzt wäre,
dann hätte die Katze die Milchtropfen abgeleckt und dabei die Zeich-
nung ausgewischt. Aber wie soll das Vorkommen?" — „Au weh, au
weh!" schreie ich. „Aber Prellbock-der Junge hatte doch gar
143
keine Maus auf die Tafel gezeichnet, das mit
der Katze war doch eine Ausrede." — „Dumme
Ausrede!" sagt Prellbock. „Da hätte er sagen
können, ihm wäre nicht wohl gewesen, oder sonst-
was. Warum redet er da von einer Katze?" —
„Weil die Katzen den Mäusen nachstellen," sage
ich, „weil sie wild auf Mäuse sind." — „Aber
doch nur auf wirkliche Mäuse!" sagt Prellbock.
„Keine Katze wird sich um eine gezeichnete Maus
kümmern; Sie haben keine Ahnung von Katzen."
„Aber von Witzen, Prellbock!" schreie ich nun
schon ganz wild. „Passen Sie auf! Mein Vetter
Arnold, der immer glatt rasiert gegangen war,
wollte sich einen Vollbart stehen lassen. Wie der
Bart vierzehn Tage alt war, holten wir am
Sonntag Tante Meta ab; in ein Cafe wollten
wir mit ihr gehn. Da kuckte Tante Meta aber
den Vetter Arnold an und war entrüstet. ,Du
bist ja entsetzlich unrasiert!' — ,Tut mir leid,
Tante/ erklärte Vetter Arnold, ,aber ich lasse
mir einen Vollbart stehn/ — ,Alles, was recht
ist!' sagte daraus Tante Meta, ,aber doch nicht
am Sonntag nachmittag!"
Prellbock verzieht nicht die Miene, Herr Po-
lizeileutnant. Er schüttelt ganz ernst den Kopf
und meint: „Das geht nicht! Ohne solch ein
Zwischenstadium kommt man nicht aus. So schnell
wächst kein Bart, daß man den einen Sonntag
noch glatt rasiert sein und am nächsten schon
einen vollkommenen Vollbart haben könnte." —
.Satten Sie sowas für möglich gehalten, Herr
Polizeileutnant? Kann es noch so einen Kopf
geben wie Prellbock seinen? Ich zittere nun schon
am ganzen Leibe. Aber ich halte an mich, ich er-
zähle noch einen Witz. „Meisel will von Zock
Geld borgen. Zock ist reich, aber hartherzig. ,Sie
kriegen das Geld pünktlich zurück/ sagt Meisel.
,So wahr ich ein Herz in der Brust habe!' —
,Pah, soll ich wissen!' sagt Zock. ,Ich kann Sie
doch jetzt nicht sezieren lassen."
Sie werden nicht raten können, Herr Polizei-
leutnant, was Prellbock dazu gesagt hat. Prell-
bock zuckt bloß die Achseln und meint: „Ist ja
Ansinn! Erstens hat jeder Mensch ein Herz, und
zweitens hätte Zock ja bloß an Meisels Brust zu horchen brauchen.
Herr Polizeileutnant, da Hab' ich schon geheult vor Wut. „Noch
was, Prellbock!" brülle ich. „In der Kaschemme sitzt Nulpe. Da
kommt Ede an und schlägt die Tür ungeschickt zu. ,Psui Deiwel!'
sagt er, ,da Hab' ick mir eben zwee Finger jeklemmt!' — Nulpe
grinst: ,Ick Hab' mir heute zwee Taschenuhren jeklemmt!"
Da fährt Prellbock ein bißchen auf. „Das kann ich mir nicht
denken. Selbst wenn der Mann zwei Taschenuhren hat, eine rechts
und die andere links, und wenn er dann zwischen die Tür kommt,
dann wird doch immer nur eine Ahr geklemmt werde». And er
würde dann doch auch sagen: Ich habe mir die Brust geklemmt." —
Ich bin beinahe hin. Ich winsele: — „Mensch, Prellbock — geklemmt
ist in diesem Falle geklaut, gestohlen." — „Ach so!" meint Prellbock,
„na, aber der andre hat doch die zwei Finger nicht gestohlen."
Herr Polizeileutnant, ich sah nun schon ganz rot vor Augen.
„Jetzt noch eins zum Schluß!" kreische ich. „Eine Frage, Prellbock:
Wenn eine große schwarze Kuh 400 Mark kostet, was kostet dann
eine kleine Weiße?" And um es dem Idioten recht deutlich zu machen,
tippe ich auf mein Glas, wo die kleine Weiße drin ist. Aber Prellbock
sagt: „Na, vielleicht 300 Mark." — „Aber Prellbock!" heule
ich und halte ihm das Glas unter die Nase. „Eine kleine
Weiße kostet 20 Pfennige." — „Was reden Sie jetzt von Weiß-
bier?" wundert sich Prellbock. „Sie sagten: Wenn eine große
schwarze Kuh-"
Vorfall mit Witzen
Wenn es Leute auf dem Monde gibt, dann wissen die ja gar nichts
von Abnehmen und Zunehmen des Mondes. Das sieht doch nur
für uns auf der Erde fo aus."
Ich werde nun schon kribbelig. „Sie sehen ja vorbei. Sie ver-
stehen keinen Witz." — „O ja I" sagt Prellbock. „Einen guten
Witz verstehe ich schon, bloß stimmen muß er." — „Schön,
dann werd' ich Ihnen noch einen erzählen," sage ich. „.Hören
Sie zu! Der Lehrer gibt in der untersten Klasse den ganz
kleinen Iungens aus, sie sollen sür den nächsten Tag auf
die Schiefertafel eine Maus zeichnen. Der kleine Max aber
kommt mit einer leeren Tafel an. ,Wo ist denn die Maus?'
fragt der Lehrer. ,Du bist ja faul gewesen/ — ,Nein, .Herr Lehrer/
sagt der kleine Max, sich habe gestern eine ganz seine Maus ge-
zeichnet. Aber heute morgen war sie weg; die muß die Katze abge-
leckt haben/
Sehn Sie, Herr Polizeileutnant — Sie lachen jetzt! Aber
Prellbock lacht nicht. Ganz blödsinnig stiert er mich an und denkt
lange nach, und dann sagt er: „Nee, das ist doch zu unwahrschein-
lich. Weshalb sollte denn die Katze sich um die Schiefertafel küm-
mern? Ja, wenn zufällig etwas Milch auf die Tafel gespritzt wäre,
dann hätte die Katze die Milchtropfen abgeleckt und dabei die Zeich-
nung ausgewischt. Aber wie soll das Vorkommen?" — „Au weh, au
weh!" schreie ich. „Aber Prellbock-der Junge hatte doch gar
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keine Maus auf die Tafel gezeichnet, das mit
der Katze war doch eine Ausrede." — „Dumme
Ausrede!" sagt Prellbock. „Da hätte er sagen
können, ihm wäre nicht wohl gewesen, oder sonst-
was. Warum redet er da von einer Katze?" —
„Weil die Katzen den Mäusen nachstellen," sage
ich, „weil sie wild auf Mäuse sind." — „Aber
doch nur auf wirkliche Mäuse!" sagt Prellbock.
„Keine Katze wird sich um eine gezeichnete Maus
kümmern; Sie haben keine Ahnung von Katzen."
„Aber von Witzen, Prellbock!" schreie ich nun
schon ganz wild. „Passen Sie auf! Mein Vetter
Arnold, der immer glatt rasiert gegangen war,
wollte sich einen Vollbart stehen lassen. Wie der
Bart vierzehn Tage alt war, holten wir am
Sonntag Tante Meta ab; in ein Cafe wollten
wir mit ihr gehn. Da kuckte Tante Meta aber
den Vetter Arnold an und war entrüstet. ,Du
bist ja entsetzlich unrasiert!' — ,Tut mir leid,
Tante/ erklärte Vetter Arnold, ,aber ich lasse
mir einen Vollbart stehn/ — ,Alles, was recht
ist!' sagte daraus Tante Meta, ,aber doch nicht
am Sonntag nachmittag!"
Prellbock verzieht nicht die Miene, Herr Po-
lizeileutnant. Er schüttelt ganz ernst den Kopf
und meint: „Das geht nicht! Ohne solch ein
Zwischenstadium kommt man nicht aus. So schnell
wächst kein Bart, daß man den einen Sonntag
noch glatt rasiert sein und am nächsten schon
einen vollkommenen Vollbart haben könnte." —
.Satten Sie sowas für möglich gehalten, Herr
Polizeileutnant? Kann es noch so einen Kopf
geben wie Prellbock seinen? Ich zittere nun schon
am ganzen Leibe. Aber ich halte an mich, ich er-
zähle noch einen Witz. „Meisel will von Zock
Geld borgen. Zock ist reich, aber hartherzig. ,Sie
kriegen das Geld pünktlich zurück/ sagt Meisel.
,So wahr ich ein Herz in der Brust habe!' —
,Pah, soll ich wissen!' sagt Zock. ,Ich kann Sie
doch jetzt nicht sezieren lassen."
Sie werden nicht raten können, Herr Polizei-
leutnant, was Prellbock dazu gesagt hat. Prell-
bock zuckt bloß die Achseln und meint: „Ist ja
Ansinn! Erstens hat jeder Mensch ein Herz, und
zweitens hätte Zock ja bloß an Meisels Brust zu horchen brauchen.
Herr Polizeileutnant, da Hab' ich schon geheult vor Wut. „Noch
was, Prellbock!" brülle ich. „In der Kaschemme sitzt Nulpe. Da
kommt Ede an und schlägt die Tür ungeschickt zu. ,Psui Deiwel!'
sagt er, ,da Hab' ick mir eben zwee Finger jeklemmt!' — Nulpe
grinst: ,Ick Hab' mir heute zwee Taschenuhren jeklemmt!"
Da fährt Prellbock ein bißchen auf. „Das kann ich mir nicht
denken. Selbst wenn der Mann zwei Taschenuhren hat, eine rechts
und die andere links, und wenn er dann zwischen die Tür kommt,
dann wird doch immer nur eine Ahr geklemmt werde». And er
würde dann doch auch sagen: Ich habe mir die Brust geklemmt." —
Ich bin beinahe hin. Ich winsele: — „Mensch, Prellbock — geklemmt
ist in diesem Falle geklaut, gestohlen." — „Ach so!" meint Prellbock,
„na, aber der andre hat doch die zwei Finger nicht gestohlen."
Herr Polizeileutnant, ich sah nun schon ganz rot vor Augen.
„Jetzt noch eins zum Schluß!" kreische ich. „Eine Frage, Prellbock:
Wenn eine große schwarze Kuh 400 Mark kostet, was kostet dann
eine kleine Weiße?" And um es dem Idioten recht deutlich zu machen,
tippe ich auf mein Glas, wo die kleine Weiße drin ist. Aber Prellbock
sagt: „Na, vielleicht 300 Mark." — „Aber Prellbock!" heule
ich und halte ihm das Glas unter die Nase. „Eine kleine
Weiße kostet 20 Pfennige." — „Was reden Sie jetzt von Weiß-
bier?" wundert sich Prellbock. „Sie sagten: Wenn eine große
schwarze Kuh-"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"In ersten Häusern wollen Sie bedient haben?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 179.1933, Nr. 4597, S. 148
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg