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Zeichnung von H. Frank

„Det beste, absolut zuverlässige Klebemittel! Lam wa ooch schon an den
Völkerbund jeliefert — sonst war der lange nich mehr beisammen!"

Ein kleines Manöver Von Peter Robinson

Schellenbaum hat gut gefrühstückt, raucht jetzt eine Zigarre, die
ihm köstlich schmeckt, und spaziert nun in herrlicher Laune auf der
noch einsamen Promenade. Zum Spazieren hat er auch einen Spa-
zierstock. Dieser Stock hat eine gerade Krücke, die vortrefflich als
Achse dienen kann, um die Schellenbaum jetzt den Stock heftig wirbeln
läßt. Manche Männer tun das gern beim müßigen Schlendern; es
ist eine häßliche Spielerei und auch eine Angezogenheit, wenn noch
mehr Leute aus dem Wege sind. Aber Schellenbaum könnte wenigstens
zu seiner Entlastung anführen, daß er gerade allein ist.

Da kommt aus der andern Seite ein junger Mann an. Als er
in gleicher Löhe mit Schellenbaum ist, bemerkt er das Wirbeln des
Stockes, und ein Leuchten strahlt über sein Antlitz. Er geht noch
zwei Dutzend Schritte weiter, überschreitet dann den Fahrdamm und
folgt nun Schellenbaum — behutsam, auf unhörbaren Sohlen. Er
kommt ihm näher und näher, er streckt den Kopf weit vor, er reckt den
Lals, schiebt das Kinn vor, legt aber noch schnell zum Schutz die Land
darunter, und ■-klatsch, da hat ihn der wirbelnde Stock getroffen.

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„Au verflucht!" brüllt der junge
Mann, der übrigens Benno Zünder
heißt.

Schellenbaum hat sich umgedreht.
Er ist erschrocken, dann bestürzt und
schließlich nur etwas verlegen —
je mehr er sich überzeugt, daß nichts
Schlimmes geschehen. „Ist ja noch
gut abgelaufen," sagt er. „Bitte,
entschuldigen Sie! Aber ich hatte
keine Ahnung, daß jemand hinter
mir ging."

„Gerade gegen das Kinn haben
Sie mir gebumst," jammert Benno
Zünder und reibt mit jener Land,
gegen die in Wirklichkeit das Stock-
ende gesaust ist, den angeblich ge-
troffenen Körperteil. „Sie hätten
mir die Kinnlade zerschmettern
können."

Schellenbaum ist schuldbewußt.
„Tut mir unendlich leid, ist mir wirk-
lich höchst peinlich. Erlauben Sie
mal!" Er befühlt die Kinnlade.
„Alles in Ordnung! Also noch ein-
mal: entschuldigen Sie!" Er über-
legt, ob er seinem Opfer vielleicht
eine Zigarre anbieten darf.

„Sie hätten mir aber dabei ein Auge
ausschlagen können," klagt Benno
Zünder. „Oder die Nase abhauen.
Das wäre ja entsetzlich für mich ge-
wesen. And auch von schweren Folgen
für Sie. Das hätte eine bedeutende
Entschädigung gekostet. Oho, da
hätte ich was ordentliches verlangen
können."

„Selbstverständlich! Da wären
Sie ganz im Recht gewesen," schließt
Schellenbaum sich bereitwilligst
Zünders Meinung an.

Zünder freut sich. „Ah, Sie sehen
es ein."

„Aber natürlich! Dumme Ange-
wohnheit von mir, das mit dem Stock.
Geschieht ganz in Gedanken. Aber
in Zukunft werde ich mich zusammen-
nehmen, das soll mir nicht noch-
mal passieren."

Benno Zünder tut, als habe Schel-
lenbaum diesen Vorsatz eben auf einer
Tafel niedergeschrieben: er fährt mit
der Land durch die Luft, als halte
er einen Schwamm und wische die
Schrift von der Tafel ab. „Glauben
Sie doch das nicht! Wenn man sich
sowas mal angewöbnt hat, tut man
es immer wieder, ganz unwillkürlich. And eines schönen Tages ist
das Anglück da, und dann müssen Sie für die Folgen aufkommen.
Aber wie ich mit Vergnügen bemerkt habe: Sie sehen ein, daß in
solchem Falle Schadenersatzansprüche gerechtfertigt sein würden. Sie
erkennen an, daß Sie sich solchen Ansprüchen nicht würden entziehen
können. Das ist eine vernünftige Einsicht, eine verständige Erkenntnis,
und deshalb sollten Sie sofort danach handeln, mein Lerr. Sichern
Sie sich gegen die Gefahr, daß eines Tages solche Ansprüche an
Sie herantreten, die Sie vielleicht wirtschaftlich ruinieren würden,
schützen Sie sich, indem Sie sofort eine Laftpflichtversicherung
abschließen."

„Laftpflichtversicherung ist 'ne gute Sache-" sagt Schellen-

baum.

„Vortrefflich!" jauchzt Benno Zünder und holt Papiere her-
vor. „Ich vertrete nämlich die ^Allgemeine Bückeburgische Ver-

sicherungsanstalt". Sie können sofort bei mir-"

Aber langsam beendet Schellenbaum seinen Satz: „-und

deshalb habe ich schon längst eine abgeschloffen, schon längst."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Det beste, absolut zuverlässige Klebemittel!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 179.1933, Nr. 4607, S. 318

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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