Zeichnung von E. Kirchner
„Meister, Sie haben doch nur 'n kleinen Betrieb. Wozu brauchen Sie eigentlich zwei Lehrlinge?"
„Den einen zum Werkzeug trage» und den andern zum Bier holen."
Die Wahrheit Von Peter Robinson
Man soll immer die Wahrheit sagen! Das gehört sich, das ist
eine Selbstverständlichkeit für den anständigen Menschen. Darüber
sind wir uns alle einig, nicht wahr?
Ob Julius, der Diener des Lerrn Bankdirektors Zobel, auch
ein anständiger Mensch ist — nun, das möge jeder selber entscheiden.
Diener können nicht immer bei der Wahrheit bleiben; oft lügen sie
freiwillig, aus eigenen Stücken, aber manchmal werden ihnen sogar
Unwahrheiten geradezu aufgetragen. Besonders, wenn sie lästige
Besucher abwimmeln sollen, die nicht glatt zurückgewiesen oder
hinausgeschmissen werden können.
Julius hat auch schon oft schwindeln müssen. Paulihky, der
den Bankdirektor Zobel nicht selten belästigt, hat das auch erfahren,
aber manchmal ist er doch zur Wahrheit vorgedrungen, teils durch
zähes Beharren, teils durch Opserwilligkeit. Er hat dann Julius
etwas in jene Land gedrückt, die noch eben zu feierlicher Beteuerung
auf die Lerzgegend ihres Eigentümers gelegt worden war.
Paulitzky kommt wieder einmal an. „Tag, Julius!" sagt er
vertraulich. „Bitte, melden Sie mich dem Äerrn Direktor!"
Julius hebt die Achseln und zeigt eine Miene des Bedauerns.
„Leider ganz unmöglich, Lerr Paulitzky!" Er flüstert das, als sei
er etwas verlegen.
Paulitzky fährt in die rechte Losentasche, wo er loses Geld
trägt; er klimpert mit den Münzen. „Also machen Sie keine Um-
stände, Julius! Ich muß unbedingt mit dem Lerrn Direktor sprechen,
es ist von größter Wichtigkeit für mich."
372
„Die Amstände stehen
dem entgegen-es tut
mir sehr leid." Julius
haucht das, und es scheint,
als traue er sich nicht, dem
Besucher ins Gesicht zu
schauen. Dafür blickt er auf
Paulitzkys Losentasche.
„Also, lieber Julius, hier
haben Sie drei Mark. And
nun machen Sie fix! Ich
muß zum Lerrn Direktor,
es steht was auf dem Spiel
für mich."
„Vielen Dank,Lerr Pau-
litzky I" Julius steckt das
Geld ein. And jetzt spricht
er etwas lauter: „DerLerr
Direktor ist verreist."
„Reden Sie mir nichts
vor! Wohin denn?"
Julius stolpert bei seiner
Antwort. „Nach Lamburg
-- ich wollte sagen: »ach
Sylt."
Paulitzky lacht höhnisch.
„Laha, Sie schwindeln ja!
Warum haben Sie nicht
gleich gesagt: nach Sylt?
Warum haben Sie erst
Lamburg gesagt?"
„Weil der Lerr Direktor
doch über Lamburg ge-
fahren ist." Das ist eine
gute Erklärung,aberIulius
gibt ihr doch einen Schein
von Verlegenheit.
Paulitzky fährt wieder
in die Losentasche. „Lier
haben Sie nochmal drei
Mark,Julius. Nun machen
Sie aber keine Geschichten!
Ich muß zum Lerrn Direktor. Also — was ist los?"
„Ich danke vielmals, Lerr Paulitzky." Julius steckt das Geld
ein. „Der Lerr Direktor ist nach Sylt gefahren. Was anderes kann
ich wirklich nicht sagen." Julius spricht das sehr laut, und er wendet
dabei den Kopf nach der Tür, die zum Arbeitszimmer des Direktors
führt, als wollte er, daß seine Worte auch dort vernommen würden.
Paulihky merkt das sehr genau. Er stöhnt: „Sie sind unersätt-
lich, Julius. Nun passen Sie auf: Wenn ich Ihnen jetzt noch fünf
Mark gebe-- werden Sie mir dann die Wahrheit sagen?"
Julius strahlt. „Jawohl, Lerr Paulitzky!"
„Auf Ehrenwort?"
„Auf Ehrenwort!"
Paulitzky holt fünf Mark heraus. „Da, Sie Erpresser!"
„Sie sind sehr gütig, Lerr Paulitzky." Julius steckt das Geld
ein. Dafür holt er eine Postkarte aus der Brusttasche. „Wenn Sie
sich überzeugen wolle», Lerr Paulitzky: eben habe ich diese Karte
vom Lerrn Direktor bekommen --ich soll ihm was nachschicken.
Nach Sylt!"
Julius hat also wirklich die Wahrheit gesprochen. Aber, wie
gesagt: ob er auch ein anständiger Mensch ist, möge jeder nun
selber entscheiden.
„Testern war ich im Klub. Da haben neun Personen falsch
gespielt!"
„Was du nicht sagst! Wer denn alles?"
„Die Musik."
„Meister, Sie haben doch nur 'n kleinen Betrieb. Wozu brauchen Sie eigentlich zwei Lehrlinge?"
„Den einen zum Werkzeug trage» und den andern zum Bier holen."
Die Wahrheit Von Peter Robinson
Man soll immer die Wahrheit sagen! Das gehört sich, das ist
eine Selbstverständlichkeit für den anständigen Menschen. Darüber
sind wir uns alle einig, nicht wahr?
Ob Julius, der Diener des Lerrn Bankdirektors Zobel, auch
ein anständiger Mensch ist — nun, das möge jeder selber entscheiden.
Diener können nicht immer bei der Wahrheit bleiben; oft lügen sie
freiwillig, aus eigenen Stücken, aber manchmal werden ihnen sogar
Unwahrheiten geradezu aufgetragen. Besonders, wenn sie lästige
Besucher abwimmeln sollen, die nicht glatt zurückgewiesen oder
hinausgeschmissen werden können.
Julius hat auch schon oft schwindeln müssen. Paulihky, der
den Bankdirektor Zobel nicht selten belästigt, hat das auch erfahren,
aber manchmal ist er doch zur Wahrheit vorgedrungen, teils durch
zähes Beharren, teils durch Opserwilligkeit. Er hat dann Julius
etwas in jene Land gedrückt, die noch eben zu feierlicher Beteuerung
auf die Lerzgegend ihres Eigentümers gelegt worden war.
Paulitzky kommt wieder einmal an. „Tag, Julius!" sagt er
vertraulich. „Bitte, melden Sie mich dem Äerrn Direktor!"
Julius hebt die Achseln und zeigt eine Miene des Bedauerns.
„Leider ganz unmöglich, Lerr Paulitzky!" Er flüstert das, als sei
er etwas verlegen.
Paulitzky fährt in die rechte Losentasche, wo er loses Geld
trägt; er klimpert mit den Münzen. „Also machen Sie keine Um-
stände, Julius! Ich muß unbedingt mit dem Lerrn Direktor sprechen,
es ist von größter Wichtigkeit für mich."
372
„Die Amstände stehen
dem entgegen-es tut
mir sehr leid." Julius
haucht das, und es scheint,
als traue er sich nicht, dem
Besucher ins Gesicht zu
schauen. Dafür blickt er auf
Paulitzkys Losentasche.
„Also, lieber Julius, hier
haben Sie drei Mark. And
nun machen Sie fix! Ich
muß zum Lerrn Direktor,
es steht was auf dem Spiel
für mich."
„Vielen Dank,Lerr Pau-
litzky I" Julius steckt das
Geld ein. And jetzt spricht
er etwas lauter: „DerLerr
Direktor ist verreist."
„Reden Sie mir nichts
vor! Wohin denn?"
Julius stolpert bei seiner
Antwort. „Nach Lamburg
-- ich wollte sagen: »ach
Sylt."
Paulitzky lacht höhnisch.
„Laha, Sie schwindeln ja!
Warum haben Sie nicht
gleich gesagt: nach Sylt?
Warum haben Sie erst
Lamburg gesagt?"
„Weil der Lerr Direktor
doch über Lamburg ge-
fahren ist." Das ist eine
gute Erklärung,aberIulius
gibt ihr doch einen Schein
von Verlegenheit.
Paulitzky fährt wieder
in die Losentasche. „Lier
haben Sie nochmal drei
Mark,Julius. Nun machen
Sie aber keine Geschichten!
Ich muß zum Lerrn Direktor. Also — was ist los?"
„Ich danke vielmals, Lerr Paulitzky." Julius steckt das Geld
ein. „Der Lerr Direktor ist nach Sylt gefahren. Was anderes kann
ich wirklich nicht sagen." Julius spricht das sehr laut, und er wendet
dabei den Kopf nach der Tür, die zum Arbeitszimmer des Direktors
führt, als wollte er, daß seine Worte auch dort vernommen würden.
Paulihky merkt das sehr genau. Er stöhnt: „Sie sind unersätt-
lich, Julius. Nun passen Sie auf: Wenn ich Ihnen jetzt noch fünf
Mark gebe-- werden Sie mir dann die Wahrheit sagen?"
Julius strahlt. „Jawohl, Lerr Paulitzky!"
„Auf Ehrenwort?"
„Auf Ehrenwort!"
Paulitzky holt fünf Mark heraus. „Da, Sie Erpresser!"
„Sie sind sehr gütig, Lerr Paulitzky." Julius steckt das Geld
ein. Dafür holt er eine Postkarte aus der Brusttasche. „Wenn Sie
sich überzeugen wolle», Lerr Paulitzky: eben habe ich diese Karte
vom Lerrn Direktor bekommen --ich soll ihm was nachschicken.
Nach Sylt!"
Julius hat also wirklich die Wahrheit gesprochen. Aber, wie
gesagt: ob er auch ein anständiger Mensch ist, möge jeder nun
selber entscheiden.
„Testern war ich im Klub. Da haben neun Personen falsch
gespielt!"
„Was du nicht sagst! Wer denn alles?"
„Die Musik."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Meister, Sie haben doch nur 'n kleinen Betrieb."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 179.1933, Nr. 4611, S. 372
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg