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Zeichnung von E. Croissant

„Ist ja entsetzlich! Jetzt hat die Lausmeisterin schon drei Tage nicht geheizt."

„Ich glaube, ich bin daran schuld, Egon: ich Hab ihr vorgestern einen Detektivroman geliehen/

Der Dichter »on Miesbagen

„Junger Dichter an der Miese. Sie dichten
Ein kleines Veilchen stand allein
Auf einer großen grünen Wiese.

Die Einsamkeit war ihm zur Pein;

Es wollte nicht mehr leiden diese.

Es wollte weiter in die Welt — —

Wie traurig I Wir können unfern Lesern die weiteren
Verse nicht zumuten, das Los des kleinen Veilchens ist
la herzzerreißend. Aber warum haben Sie auf „Wiese"

6ar so unbeholfen „diese" gereimt. Es hätte doch nahe
öelegen, die große grüne Wiese mit unserm freund-
lichen Flüßchen, der Miese, in Verbindung zu bringen.

Doch streben Sie weiter, junger Poet!"

So, darüber mußten sich die Leser des „Boten" doch
sicherlich freuen. Daß der junge Dichter und seine
Verse eine Erfindung des Dr. Banz
ll>aren — darauf würden die naiven
Viieshagener nickt kommen. Sie
ivürden Herumraten, wer wohl im
Städtchen der Poet sein könnte, über
l'en der „Bote" die immerhin noch
wilde Lauge seines Spottes geschüt-
tet hatte, und neugierig würden sie
ivarten, ob der junge Dichter der
Aufforderung folgen und weiter stre-
ben werde. Das tat er auch wirklich;

>rn Briefkasten erschien diese Notiz:

„Junger Dichter an der
Vliese. Ihre Verse:

Du bist zwar schön von Angesicht,

Doch deinem Lerzen trau' ich nicht;

Du hast zwar wundersame Augen,

Doch scheint die Seele nicht zu
taugen --

überzeugen uns nicht. Die betreffende Dame ist vielleicht nur ein
tvenig spröde gewesen, aber am Ende lächelt sie Ihnen gnädig, und
bann schenken Sie der Welt ein jubelndes Liebeslied. Wir sind auf
alles gefaßt."

Schon zwei Tage später aber las man:

„Junger Dichter an der Miese. Sie klagen:

Die schwarzen Nachtgespenster gaukeln
Aus zarten Gräsern hin und schaukeln.

Der Dichter aber sitzt und weint.

Also hat sich unsere Loffnung doch nicht erfüllt. Die Dame mit
bem schönen Angesicht und den wundersamen Augen scheint Ihnen
schweren Kummer bereitet zu haben, und diesen Kummer haben Sie

„Na, Lannes, Sie haben wohl im Sommer
auch eine ähnliche Beschäftigung?"
„Woll, woll, da tu i' d' Schaf' hüten!"

wohl im nächtlichen Dunkel hinausgetragen ans Afer der Miese,
wo Ihnen die aufsteigenden Nebelschwaden merkwürdige Nacht-
gespenster vorzauberten. Loffentlich haben Sie sich keinen Schnupfen
geholt."

Weiter nach einer Woche hieß es dann:

„Junger Dichter an der Miese. Nun also, der Kummer
ist überwunden; sie haben wieder Mut gefaßt und dichten:

O, hält' ich Adlerschwingen,

Die Löhen zu durchstreichenl
O, könnt' es mir gelingen.

Das Größte zu erreichen!

Das ist aber nicht so einfach! Wir raten Ihnen, es zunächst
einmal mit einem kleinen Passagierflug zu versuchen."-

Das stand in einer Sonnabendnummer des „Boten." Am Mon-
tag vormittag, als Dr. Banz in seiner Redaktion mit ganz andern
Dingen beschäftigt war und gar nicht an seinen jungen Dichter
dachte, bekam er einen Besuch, den eben dieser Dichter zu ihm führte.
Das war ein Fräulein Adelheid Zink, eine ältere Dame, die einen
an Mieshagen grenzenden bedeutenden Grundbesitz sehr geschickt
selbst verwaltete und als sehr vermögend galt. Sie schien etwas
befangen, und Dr. Banz vermutete schon, sie würde ihm ein Ma-
nuskript überreichen wollen, was ihm recht unangenehm gewesen
wäre. Aber nein, Fräulein Zink begann zögernd: „Ich weiß selbst-
verständlich, Lerr Doktor, daß es ein Redaktionsgeheimnis gibt.
Aber vielleicht können Sie mir doch eine Auskunft geben."

„O bitte, gnädiges Fräulein-mit dem größten Vergnügen!"

sagte Dr. Banz verbindlich, denn er war sich keiner besonders zu
hütenden Geheimnisse des „Boten" bewußt.

„Ach, das freut mich! Nämlich, Lerr Doktor-seit einiger

Zeit bringen Sie im Briefkasten Verse von einem jungen Dichter —
so reden Sie ihn wenigstens an — der hier in Mieshagen wohnen
muß. Leider haben Sie nur Bruchstücke seiner Gedichte abgedruckt."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ist ja entsetzlich!" "Na, Hannes, Sie haben wohl im Sommer auch eine ähnliche Beschäftigung?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 180.1934, Nr. 4622, S. 131

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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