Zrichnung von E. Croisianr
Ein junger Osterhase, kaum ein Jährling,
Und annoch unbezahlter Lege lehr ling,
Ging kurz vor Ostern in der Mittagspause
In ein Salatfeld ganz allein zur Jause.
Er hoppelte aus dem Salatfeld fort,
Umschauend nach recht ungestörtem Ort.
Derweilen ängstigten die braven Eltern
Sich in zwei weit entfernten Rotkleefeldern.
„Hurra, er kommtI“ rief Mutter mit Frohlocken,
Und Otto wetzte sausend durch den Doggen,
Er setzt sich wimmernd auf die Ackerkrume
Und zeigte eine ganz verbrannte Blume.
Er fluchte weidlich über das Studieren
Und dachte sich: „Ich werds jetzt mal probieren!“
Er hieß, was noch zu sagen wäre, Otto,
Und „Frisch gewagt l“ war dieses Häsleins Motto.
Jfach Dünger schmeckts hier, Calcium lacticum!“
Sprach der Papa, „hat wieder Praktikum
Der Otto heut?l< — „Der Förster, Vater, wohnt seit
Dem 1. März so nah.“ — „Quatsch, ist ja Schonzeit!“
„Wie kommt denn das?“ sagt Vater. „Lausebengel!“
Mama weint: „Sag, wer tat dir was, mein Engel?“
„Auf passen soll er! Mach nicht so viel Wesen!“
Doch Otto sprach: „Ich hab ein Schild gelesen.
An einem Gartentore hing es fein, Ich wollt mir selbst mal zeigen, was ich kann.
Und ich — ich dachte mir; da leg ich rein. Ich wußte nicht — Legbuchse stand daran.“
Peter Kringel
Was f)at er zu tun? Von Peter Robinson
Wenn alle Menschen immer einer Meinung wären, würde die
Wett bedeutend langweiliger sein. Es würde freilich sehr viel weniger
Prügeleien, häßliche Beschimpfungen, beißenden Groll und nagenden
Laß geben, aber auch keine den Scharfsinn übenden Debatten, kein
Nachdenken über Gründe, keine witzigen Auseinandersetzungen. Nein,
das wäre wirklich nichts.
Bast und Kochbrot sind kaum jemals einer Meinung und haben
schon oft erbittert gestritten. Es geht ihnen dabei aber weniger um
die Meinung, als eben um den Streit, und wenn z. B. zwischen
zwei Meinungen A und B zu wählen ist, und Bast zunächst geneigt
wäre, sich für A zu entscheiden, dann ist er sofort für B, wenn Koch-
brot ihm zuvorgekommen ist
und sich für A ausgesprochen
hat. Ja, solche Menschen gibt
es.-
Bast und Kochbrot sitzen
bei einem Vormittagsschöpp-
chen, da kommt Zwillich hinzu.
Er freut sich, die beiden bei-
sammen zu treffen, denn er
kennt ihre Leidenschaft, zu
streiten, und liebt es, sie gegen
einander zu Hetzen. Zunächst
erkundigt er sich, was die
Lerren wohl vom Wetter
dächten. Ob es sich wohl halten
werde? Bast, der heute mit
einem Regenschirm ausge-
gangen ist, weil er glaubte,
ihn nötig zu haben, will ent-
gegnen, daß sich das Wetter
nicht halten werde. Da aber kommt ihm Kochbrot zuvor und
erklärt, in spätestens einer Stunde werde es regnen, und
nun muß Bast trotz seines Regenschirms natürlich anderer
Meinung sein.
Zwillich ist zufrieden. Er hat Bast und Kochbrot vorbereitender
Weise in die rechte Stimmung versetzt, und nun legt er los: „Vor-
hin Hab' ich meinen Schwager getroffen, den ollen Postrat. Wir
sind ein Stückchen zusammen gegangen, und da hat er mir eine
Frage vorgelegt, die mir Kopfzerbrechen gemacht hat, und die er
mir dann etwas überraschend beantwortet hat. Es würde mich
interessieren, meine Äerren, was Sie dazu meinen. Also passen
Sie auf: Was hat ein junger Postassistent zu tun, der in
feinem Urlaub an die See gefahren ist, dort mit seiner Braut
am Strande spazieren geht,
und dem nun unerwarteter
Weise sein Postdirektor und
Postamtsvorstand entgegen-
kommt ?"
„Ist ja ein ganz klarer
Fall!" sagt Kochbrot sofort.
„Er wartet den Gruß seines
Postdirektors ab und erwidert
ihn dann mit einer gewissen,
aber nicht zu sehr betonten
Ehrerbietung."
Bast hat das eigentlich
auch sagen wollen, aber dann
hätte es keine Meinungsver-
schiedenheit gegeben, und da-
rum erklärt er: „Ist ja An-
sinn! Natürlich hat der junge
Mann seinen Vorgesetzten zu-
erst zu grüßen."
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Ein junger Osterhase, kaum ein Jährling,
Und annoch unbezahlter Lege lehr ling,
Ging kurz vor Ostern in der Mittagspause
In ein Salatfeld ganz allein zur Jause.
Er hoppelte aus dem Salatfeld fort,
Umschauend nach recht ungestörtem Ort.
Derweilen ängstigten die braven Eltern
Sich in zwei weit entfernten Rotkleefeldern.
„Hurra, er kommtI“ rief Mutter mit Frohlocken,
Und Otto wetzte sausend durch den Doggen,
Er setzt sich wimmernd auf die Ackerkrume
Und zeigte eine ganz verbrannte Blume.
Er fluchte weidlich über das Studieren
Und dachte sich: „Ich werds jetzt mal probieren!“
Er hieß, was noch zu sagen wäre, Otto,
Und „Frisch gewagt l“ war dieses Häsleins Motto.
Jfach Dünger schmeckts hier, Calcium lacticum!“
Sprach der Papa, „hat wieder Praktikum
Der Otto heut?l< — „Der Förster, Vater, wohnt seit
Dem 1. März so nah.“ — „Quatsch, ist ja Schonzeit!“
„Wie kommt denn das?“ sagt Vater. „Lausebengel!“
Mama weint: „Sag, wer tat dir was, mein Engel?“
„Auf passen soll er! Mach nicht so viel Wesen!“
Doch Otto sprach: „Ich hab ein Schild gelesen.
An einem Gartentore hing es fein, Ich wollt mir selbst mal zeigen, was ich kann.
Und ich — ich dachte mir; da leg ich rein. Ich wußte nicht — Legbuchse stand daran.“
Peter Kringel
Was f)at er zu tun? Von Peter Robinson
Wenn alle Menschen immer einer Meinung wären, würde die
Wett bedeutend langweiliger sein. Es würde freilich sehr viel weniger
Prügeleien, häßliche Beschimpfungen, beißenden Groll und nagenden
Laß geben, aber auch keine den Scharfsinn übenden Debatten, kein
Nachdenken über Gründe, keine witzigen Auseinandersetzungen. Nein,
das wäre wirklich nichts.
Bast und Kochbrot sind kaum jemals einer Meinung und haben
schon oft erbittert gestritten. Es geht ihnen dabei aber weniger um
die Meinung, als eben um den Streit, und wenn z. B. zwischen
zwei Meinungen A und B zu wählen ist, und Bast zunächst geneigt
wäre, sich für A zu entscheiden, dann ist er sofort für B, wenn Koch-
brot ihm zuvorgekommen ist
und sich für A ausgesprochen
hat. Ja, solche Menschen gibt
es.-
Bast und Kochbrot sitzen
bei einem Vormittagsschöpp-
chen, da kommt Zwillich hinzu.
Er freut sich, die beiden bei-
sammen zu treffen, denn er
kennt ihre Leidenschaft, zu
streiten, und liebt es, sie gegen
einander zu Hetzen. Zunächst
erkundigt er sich, was die
Lerren wohl vom Wetter
dächten. Ob es sich wohl halten
werde? Bast, der heute mit
einem Regenschirm ausge-
gangen ist, weil er glaubte,
ihn nötig zu haben, will ent-
gegnen, daß sich das Wetter
nicht halten werde. Da aber kommt ihm Kochbrot zuvor und
erklärt, in spätestens einer Stunde werde es regnen, und
nun muß Bast trotz seines Regenschirms natürlich anderer
Meinung sein.
Zwillich ist zufrieden. Er hat Bast und Kochbrot vorbereitender
Weise in die rechte Stimmung versetzt, und nun legt er los: „Vor-
hin Hab' ich meinen Schwager getroffen, den ollen Postrat. Wir
sind ein Stückchen zusammen gegangen, und da hat er mir eine
Frage vorgelegt, die mir Kopfzerbrechen gemacht hat, und die er
mir dann etwas überraschend beantwortet hat. Es würde mich
interessieren, meine Äerren, was Sie dazu meinen. Also passen
Sie auf: Was hat ein junger Postassistent zu tun, der in
feinem Urlaub an die See gefahren ist, dort mit seiner Braut
am Strande spazieren geht,
und dem nun unerwarteter
Weise sein Postdirektor und
Postamtsvorstand entgegen-
kommt ?"
„Ist ja ein ganz klarer
Fall!" sagt Kochbrot sofort.
„Er wartet den Gruß seines
Postdirektors ab und erwidert
ihn dann mit einer gewissen,
aber nicht zu sehr betonten
Ehrerbietung."
Bast hat das eigentlich
auch sagen wollen, aber dann
hätte es keine Meinungsver-
schiedenheit gegeben, und da-
rum erklärt er: „Ist ja An-
sinn! Natürlich hat der junge
Mann seinen Vorgesetzten zu-
erst zu grüßen."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Otto, der Osterhase" "Frohe Ostern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 180.1934, Nr. 4626, S. 195
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg