Hamlet, der Vorfahre
Von Peter Nobinson
Aeber den seltsamen Dänenprinzen Lamlet zerbrechen sich immer
wieder gelehrte Leute die Köpfe. Nun aber ist eine sehr wichtige
Feststellung gelungen. Ein Verein in London,, der sich „Gesellschaft
der Wikinger" nennt und mit der Untersuchung der einstigen Be-
ziehungen zwischen Britannien und Dänemark beschäftigt, erklärt,
daß der jetzige König Georg V. ein Nachkomme des Dänenprinzen
Lamlet sei. Die Abstammungslinie soll über Elisabeth, die Winter-
königin von Böhmen, und Margarete, die Tochter Leinrichs VII.,
zurückgehen auf Alfred den Großen, und einer von dessen Vor-
fahren, der dänische König Offa, soll ein Abkömmling Lamlets
gewesen sein.
Bisher hat Lamlet, der schwermütige Dänenprinz, als eine recht
sagenhafte Gestalt gegolten, und was Saxo
Grammaticus von ihm erzählt, klingt ja
auch nicht sehr historisch. Jetzt aber liegt
die Sache anders. Denn wenn Lamlet ein
Vorfahre Georgs V. gewesen ist, muß er
auch wirklich gelebt haben, sonst könnte ja
Georg V. nicht da sein. Das ist grade so
klar, wie durch ein Äühnerei eine Lenne
vorausgesetzt wird. Für die Würdigung
Lamlets bedeutet die Aufdeckung dieser
Beziehung ja nichts mehr, aber der König
Georg V. kann sich freuen, einen so geist-
reichen und philosophischen Prinzen zum
Vorfahren zu haben.
Was aber soll nun mit Shakespeares
„Lamlet" geschehen? Zn der bisherigen
Fassung darf er doch eigentlich nicht mehr
in England aufgeführt werden; da könnte
sich ja der König Georg verletzt fühlen.
Denn nach Shakespeare ist Lamlet als
Vorfahre unmöglich; er bleibt unvermählt
und stirbt überhaupt eines frühen und
elenden Todes durch eine vergiftete Degen-
spitze. Es müßte also eine Umarbeitung vorgenommen werden, die
Lamlet über seine Gegner triumphieren läßt, worauf er sich ver-
mählen und Vorfahre werden kann. Wen aber soll er heiraten?
Natürlich die reizende Ophelia, denn seine Liebe zu ihr war ja so
groß, daß er zum Beweise sogar Krokodile zu essen sich erbot. Ophelia
darf also auch nicht sterben und muß von ihrem Wahnsinn geheilt
werden. Dieser angenehme Ausgang könnte vorbereitet werden in
der Szene, wo Laertes Zeuge des wahnsinnigen Benehmens seiner
Schwester ist. Laertes erschrickt zuerst, faßt sich dann aber und
spricht, so wie ihn Shakespeare unter diesen Umständen wohl
hätte sprechen lassen:
„Beim Limmel, sollte dieser Wahnsinn nicht
Durch große Kunst des Arztes heilbar sein?
'nen Weisen kenn' ich, der, gleich wie der Fuhrmann
Das scheu gewordne Roß mit Zuspruch bändigt.
So den Verstand, der irrend abseits sprang.
Sacht schmeichelnd wieder lenkt zum alten Pfad.
Ihn zu befragen, eil' ich."
Es folgt dann eine Szene mit dem Arzt, der ein tüchtiger Psy-
chiater ist und sich folgendermaßen äußert:
„Mein gnäd'ger Lerr! Lier ist des Wahnsinns Mutter
Der jähe Gram, und Trübsinn seine
Amme.
Lalt' ich nun diese fern, so fehlt die
Nahrung
Dem Säugling bald, und was an
Leibeskräften
Noch von der Mutter her ihm blieb,
zerstör' ich
Mit raschem Schlage — aufs Gelingen
wett' ich
Dies Laupt hier gegen Eures
Daumens Nagel."
Dieser Ankündigung entsprechend, wird
der Psychiater zuerst auf Ophelia suggestiv
einwirken und zum Schluß eine kleine Ge-
waltkur unternehmen. Ophelia fällt nicht
zufällig in den Bach; der Arzt läßt sie
hineinwerfen, aber dann noch rechtzeitig
wieder herausholen, worauf sie nach dem
Schreck durch das kalte Bad ganz ver-
nünftig ist. Darauf verbrüdert sich Laertes
mit Lamlet; beide fechten ihren Zweikampf
nur zum Schein aus, während der schuf-
tige Claudius und die elende Königin jäm-
merlich zu Grunde gehen. Laertes wird Oberkämmerer wie sein
Vater Polonius, und der siegreich mit Trommeln und Fahnen
heimkehrende Fortinbras kommt grade recht zur Lochzeit Lamlets
mit Ophelia, bei der Loratio eine großartige Rede hält, weit in
die Zukunft schauend und Lamlets ferne Nachfahren preisend, be-
sonders Georg V.
So ungefähr müßte das also gemacht werden, und es bedarf
nur »och eines tüchtigen Dichters. Bernard Shaw wird allerdings
kaum dafür zu haben sein, da er Georg V. nicht derart wird huldigen
wollen. Aber vielleicht läßt er sich doch bewegen, wenn man ihm
den Losenbandorden verspricht.
„Last de eigentlich ooch lesen gelernt,
Mercedes?"
„Aber sicher!"
„Aus der Zeitung?"
„Nee, aus der Land!"
Mit- Nivea richtig sonnenbaden, richtig freiluftbaden, das ist
erholsam und erfrischend, das ist eine Wohltat für Ihre Haut.
Es bedeutet überdies verstärkten Schutz gegen Sonnenbrand.
Aber stets vorher einreiben und nie mit nassem Körper sonnenbaden
und immer daran denken:
a© NIVEA^
Sonne
Nivea-Creme. 15 Pf.-RM 1.00 / Nivea-Ol: 40 Pf.-RM 1.20
Anzeigen-Annahme: Verlag „Fliegende Blätter“, München 27, Möhlstr 34 und alle Annoncen-Expeditionen.
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Von Peter Nobinson
Aeber den seltsamen Dänenprinzen Lamlet zerbrechen sich immer
wieder gelehrte Leute die Köpfe. Nun aber ist eine sehr wichtige
Feststellung gelungen. Ein Verein in London,, der sich „Gesellschaft
der Wikinger" nennt und mit der Untersuchung der einstigen Be-
ziehungen zwischen Britannien und Dänemark beschäftigt, erklärt,
daß der jetzige König Georg V. ein Nachkomme des Dänenprinzen
Lamlet sei. Die Abstammungslinie soll über Elisabeth, die Winter-
königin von Böhmen, und Margarete, die Tochter Leinrichs VII.,
zurückgehen auf Alfred den Großen, und einer von dessen Vor-
fahren, der dänische König Offa, soll ein Abkömmling Lamlets
gewesen sein.
Bisher hat Lamlet, der schwermütige Dänenprinz, als eine recht
sagenhafte Gestalt gegolten, und was Saxo
Grammaticus von ihm erzählt, klingt ja
auch nicht sehr historisch. Jetzt aber liegt
die Sache anders. Denn wenn Lamlet ein
Vorfahre Georgs V. gewesen ist, muß er
auch wirklich gelebt haben, sonst könnte ja
Georg V. nicht da sein. Das ist grade so
klar, wie durch ein Äühnerei eine Lenne
vorausgesetzt wird. Für die Würdigung
Lamlets bedeutet die Aufdeckung dieser
Beziehung ja nichts mehr, aber der König
Georg V. kann sich freuen, einen so geist-
reichen und philosophischen Prinzen zum
Vorfahren zu haben.
Was aber soll nun mit Shakespeares
„Lamlet" geschehen? Zn der bisherigen
Fassung darf er doch eigentlich nicht mehr
in England aufgeführt werden; da könnte
sich ja der König Georg verletzt fühlen.
Denn nach Shakespeare ist Lamlet als
Vorfahre unmöglich; er bleibt unvermählt
und stirbt überhaupt eines frühen und
elenden Todes durch eine vergiftete Degen-
spitze. Es müßte also eine Umarbeitung vorgenommen werden, die
Lamlet über seine Gegner triumphieren läßt, worauf er sich ver-
mählen und Vorfahre werden kann. Wen aber soll er heiraten?
Natürlich die reizende Ophelia, denn seine Liebe zu ihr war ja so
groß, daß er zum Beweise sogar Krokodile zu essen sich erbot. Ophelia
darf also auch nicht sterben und muß von ihrem Wahnsinn geheilt
werden. Dieser angenehme Ausgang könnte vorbereitet werden in
der Szene, wo Laertes Zeuge des wahnsinnigen Benehmens seiner
Schwester ist. Laertes erschrickt zuerst, faßt sich dann aber und
spricht, so wie ihn Shakespeare unter diesen Umständen wohl
hätte sprechen lassen:
„Beim Limmel, sollte dieser Wahnsinn nicht
Durch große Kunst des Arztes heilbar sein?
'nen Weisen kenn' ich, der, gleich wie der Fuhrmann
Das scheu gewordne Roß mit Zuspruch bändigt.
So den Verstand, der irrend abseits sprang.
Sacht schmeichelnd wieder lenkt zum alten Pfad.
Ihn zu befragen, eil' ich."
Es folgt dann eine Szene mit dem Arzt, der ein tüchtiger Psy-
chiater ist und sich folgendermaßen äußert:
„Mein gnäd'ger Lerr! Lier ist des Wahnsinns Mutter
Der jähe Gram, und Trübsinn seine
Amme.
Lalt' ich nun diese fern, so fehlt die
Nahrung
Dem Säugling bald, und was an
Leibeskräften
Noch von der Mutter her ihm blieb,
zerstör' ich
Mit raschem Schlage — aufs Gelingen
wett' ich
Dies Laupt hier gegen Eures
Daumens Nagel."
Dieser Ankündigung entsprechend, wird
der Psychiater zuerst auf Ophelia suggestiv
einwirken und zum Schluß eine kleine Ge-
waltkur unternehmen. Ophelia fällt nicht
zufällig in den Bach; der Arzt läßt sie
hineinwerfen, aber dann noch rechtzeitig
wieder herausholen, worauf sie nach dem
Schreck durch das kalte Bad ganz ver-
nünftig ist. Darauf verbrüdert sich Laertes
mit Lamlet; beide fechten ihren Zweikampf
nur zum Schein aus, während der schuf-
tige Claudius und die elende Königin jäm-
merlich zu Grunde gehen. Laertes wird Oberkämmerer wie sein
Vater Polonius, und der siegreich mit Trommeln und Fahnen
heimkehrende Fortinbras kommt grade recht zur Lochzeit Lamlets
mit Ophelia, bei der Loratio eine großartige Rede hält, weit in
die Zukunft schauend und Lamlets ferne Nachfahren preisend, be-
sonders Georg V.
So ungefähr müßte das also gemacht werden, und es bedarf
nur »och eines tüchtigen Dichters. Bernard Shaw wird allerdings
kaum dafür zu haben sein, da er Georg V. nicht derart wird huldigen
wollen. Aber vielleicht läßt er sich doch bewegen, wenn man ihm
den Losenbandorden verspricht.
„Last de eigentlich ooch lesen gelernt,
Mercedes?"
„Aber sicher!"
„Aus der Zeitung?"
„Nee, aus der Land!"
Mit- Nivea richtig sonnenbaden, richtig freiluftbaden, das ist
erholsam und erfrischend, das ist eine Wohltat für Ihre Haut.
Es bedeutet überdies verstärkten Schutz gegen Sonnenbrand.
Aber stets vorher einreiben und nie mit nassem Körper sonnenbaden
und immer daran denken:
a© NIVEA^
Sonne
Nivea-Creme. 15 Pf.-RM 1.00 / Nivea-Ol: 40 Pf.-RM 1.20
Anzeigen-Annahme: Verlag „Fliegende Blätter“, München 27, Möhlstr 34 und alle Annoncen-Expeditionen.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Hast de eigentlich ooch lesen gelernt, Mercedes?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 180.1934, Nr. 4637, S. 379
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg