Neues von Tante Paula V°» Peter R°b>ns°n
Es war ein gemütlicher Familienabend. Aber Onkel
Anton, der immer um seine Gesundheit etwas besorgt
ist, störte ihn auf einmal mit Aengsten und Klagen. „Ich
habe Schmerzen, Lerrschaften-Schmerzen im Bauch.
Ich werde doch nicht gar Blinddarmentzündung kriegen?"
„Wo spürst du den Schmerz?" fragte Schwager Emil.
Er hat ein bekanntes Buch vom gesunden und kranken
Menschen schon dreimal von Anfang bis zu Ende gelesen.
„Da!" sagte Onkel Anton und zeigte aus die Mitte
seines gewölbten Bauches.
„Kleinigkeit, gewöhnliches Bauchweh! Der Blinddarm
sitzt mehr nach unten, auf der rechten Seite. Wenn du
die Land in die rechte Losentasche steckst, dann hast du
die Blinddarmstelle."
Tante Paula hatte mit Intereffe zugehört. „Wenn
man die Land in die rechte Losentasche steckt — —"
überlegte sie. „Aber dann muß es ja bei einer Frau viel
schwerer sein, Blinddarmentzündung festzustellen."
Laberfeld, der ehemalige Affeffor, der schon so viel
angesangen hat, will wieder einmal auf Abenteuer und
Gewinn ausziehen-nach Afrika will er. Leute ver-
abschiedet er sich.
„And was werden Sie denn in Afrika machen?" er-
kundigt sich Tante Paula.
Laberfeld hat keine Lust, Tante Paula das aus-
einanderzusetzen und ihr zu erzählen, daß er einige Kisten
voll greulichen Krams erstanden hat, den er gegen wert-
vollere Dinge, besonders Elfenbein, auszutauschen ge-
denkt. „Mit Negern handeln," sagt er kurz.
„So!" Tante Paula wird sehr kühl und gibt dem
Afrikafahrer keine besonders herzlichen Wünsche mit.
Aber sowie sich die Tür hinter ihm geschlossen hat, bricht
sie los: „Kinder, ich dachte, der Sklavenhandel hätte
längst aufgehört! And der Kerl gibt ganz offen zu, daß
er arme, unschuldige Neger verschachern will."
Wenn Tante Paula sich über jemand geärgert hat —
0, dann kann sie scharf treffende Bemerkungen machen,
dann kann sie sogar witzig werden. Das geht manchen
Leuten so.
Vor einigen Jahren hat Tante Paula einmal ein
Fräulein Agathe Messerschmitt kennen gelernt. Diese
Dame sucht eifrig Bekanntschaften zu machen, um dann
das Gespräch auf die Astrologie zu bringen, sich ihrer
bedeutenden Kenntnisse dieser Wissenschaft zu rühmen
und schließlich die Bestellung eines Loroskops zu er-
pressen; das kostet dann gewöhnlich zehn Mark. Tante
Paula hat damals auch zehn Mark bezahlt, für ein
Iahreshoroskop. Aber nachher hat ihr das Geld leid
getan, und sie hat sich sehr über Agathe Messerschmitt
geärgert. Denn es ist nichts von all den schöne» Dingen
eingetroffen, die das Loroskop damals voraussagte.
And nun trifft Tante Paula bei einer kleinen Tee-
gesellschaft wieder einmal mit Fräulein Messerschmitt
zusammen. Agathe Messerschmitt versucht auch hier, ihr
Feld zu bestellen; sie beginnt, die Astrologie zu preisen.
Tante Paula ist kampflustig. „Das ist Ansinn! Entsinnen Sie sich
nicht? Mir haben Sie auch mal allerlei prophezeit, aber ich habe
nachher nicht die Bohne davon gemerkt."
„Das war in meinen Anfängen," erklärt Fräulein Messerschmitt.
„Aber inzwischen habe ich viel gelernt. Ich darf wohl sagen: jetzt
treffen meine Loroskope immer richtig ein."
„Sie treffen immer richtig ein?" Tante Paula zischt das förmlich.
„Aha, Sie schicken den Leuten die Dinger wohl im eingeschriebenen
Brief?"
„Sind Sie der junge Mann, der sich hier mit meiner Tochter treffen will?"
„Ausgeschlossen! Die junge Dame, die ich erwarte, hat mir erzählt, sie hätte
einen sehr netten Vater."
Anzügliche Auffassung
„Wagen Sie nicht noch einmal zu behaupten, mein Zwillings-
bruder hätte gestohlen! Da kommen Sie an den Anrechten!"
„Waren Sie's?"
„£ina, meinst du, daß du es bei deiner neuen Äerrschaft gut
haben wirst?"
„Freilich! Ich habe gestern eine Visitenkarte der gnädigen Frau
gesehen. Die ist ja nur jeden Dienstag von 5—7 Ahr daheim."
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Es war ein gemütlicher Familienabend. Aber Onkel
Anton, der immer um seine Gesundheit etwas besorgt
ist, störte ihn auf einmal mit Aengsten und Klagen. „Ich
habe Schmerzen, Lerrschaften-Schmerzen im Bauch.
Ich werde doch nicht gar Blinddarmentzündung kriegen?"
„Wo spürst du den Schmerz?" fragte Schwager Emil.
Er hat ein bekanntes Buch vom gesunden und kranken
Menschen schon dreimal von Anfang bis zu Ende gelesen.
„Da!" sagte Onkel Anton und zeigte aus die Mitte
seines gewölbten Bauches.
„Kleinigkeit, gewöhnliches Bauchweh! Der Blinddarm
sitzt mehr nach unten, auf der rechten Seite. Wenn du
die Land in die rechte Losentasche steckst, dann hast du
die Blinddarmstelle."
Tante Paula hatte mit Intereffe zugehört. „Wenn
man die Land in die rechte Losentasche steckt — —"
überlegte sie. „Aber dann muß es ja bei einer Frau viel
schwerer sein, Blinddarmentzündung festzustellen."
Laberfeld, der ehemalige Affeffor, der schon so viel
angesangen hat, will wieder einmal auf Abenteuer und
Gewinn ausziehen-nach Afrika will er. Leute ver-
abschiedet er sich.
„And was werden Sie denn in Afrika machen?" er-
kundigt sich Tante Paula.
Laberfeld hat keine Lust, Tante Paula das aus-
einanderzusetzen und ihr zu erzählen, daß er einige Kisten
voll greulichen Krams erstanden hat, den er gegen wert-
vollere Dinge, besonders Elfenbein, auszutauschen ge-
denkt. „Mit Negern handeln," sagt er kurz.
„So!" Tante Paula wird sehr kühl und gibt dem
Afrikafahrer keine besonders herzlichen Wünsche mit.
Aber sowie sich die Tür hinter ihm geschlossen hat, bricht
sie los: „Kinder, ich dachte, der Sklavenhandel hätte
längst aufgehört! And der Kerl gibt ganz offen zu, daß
er arme, unschuldige Neger verschachern will."
Wenn Tante Paula sich über jemand geärgert hat —
0, dann kann sie scharf treffende Bemerkungen machen,
dann kann sie sogar witzig werden. Das geht manchen
Leuten so.
Vor einigen Jahren hat Tante Paula einmal ein
Fräulein Agathe Messerschmitt kennen gelernt. Diese
Dame sucht eifrig Bekanntschaften zu machen, um dann
das Gespräch auf die Astrologie zu bringen, sich ihrer
bedeutenden Kenntnisse dieser Wissenschaft zu rühmen
und schließlich die Bestellung eines Loroskops zu er-
pressen; das kostet dann gewöhnlich zehn Mark. Tante
Paula hat damals auch zehn Mark bezahlt, für ein
Iahreshoroskop. Aber nachher hat ihr das Geld leid
getan, und sie hat sich sehr über Agathe Messerschmitt
geärgert. Denn es ist nichts von all den schöne» Dingen
eingetroffen, die das Loroskop damals voraussagte.
And nun trifft Tante Paula bei einer kleinen Tee-
gesellschaft wieder einmal mit Fräulein Messerschmitt
zusammen. Agathe Messerschmitt versucht auch hier, ihr
Feld zu bestellen; sie beginnt, die Astrologie zu preisen.
Tante Paula ist kampflustig. „Das ist Ansinn! Entsinnen Sie sich
nicht? Mir haben Sie auch mal allerlei prophezeit, aber ich habe
nachher nicht die Bohne davon gemerkt."
„Das war in meinen Anfängen," erklärt Fräulein Messerschmitt.
„Aber inzwischen habe ich viel gelernt. Ich darf wohl sagen: jetzt
treffen meine Loroskope immer richtig ein."
„Sie treffen immer richtig ein?" Tante Paula zischt das förmlich.
„Aha, Sie schicken den Leuten die Dinger wohl im eingeschriebenen
Brief?"
„Sind Sie der junge Mann, der sich hier mit meiner Tochter treffen will?"
„Ausgeschlossen! Die junge Dame, die ich erwarte, hat mir erzählt, sie hätte
einen sehr netten Vater."
Anzügliche Auffassung
„Wagen Sie nicht noch einmal zu behaupten, mein Zwillings-
bruder hätte gestohlen! Da kommen Sie an den Anrechten!"
„Waren Sie's?"
„£ina, meinst du, daß du es bei deiner neuen Äerrschaft gut
haben wirst?"
„Freilich! Ich habe gestern eine Visitenkarte der gnädigen Frau
gesehen. Die ist ja nur jeden Dienstag von 5—7 Ahr daheim."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sind Sie der junge Mann, der ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 181.1934, Nr. 4660, S. 335
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg