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Kleine Strandgeschichte

Von Peter Robinson

Rollanks und Schnalzers, ältere Ehepaare, deren erwachsene
Kinder schon selbständig auf Sommerreisen gehen, hat das Schicksal
unter das gleiche Zinkblechdach geführt, in die „Villa Meeresblick,"
wo man sehr anständige Zimmer mit Frühstück habe» kann. Der
Badeort ist groß; der Strand ist überfüllt, und es gibt viel Lärm.
Rollanks aber und Schnalzers wünschen Ruhe, und deshalb wandern
sie jeden Morgen nach dem Frühstück eine Stunde am Strande ent-
lang zu einem hübschen, einsamen Fleckchen, wo sie dann den ganzen
Tag über bleiben. Freilich — sie müssen Gepäck mitschleppen: allerlei
Nahrung für den Tag — die Hauptmahlzeit nehmen sie abends
nach ihrer Rückkehr ein — Bademäntel, Decken, Hängematten,
Bücher usw. Das ist immerhin eine Last, aber das Gute muß ja
stets erkauft werden. Rollanks und Schnalzers fühlen sich sehr wohl
dort in der Einsamkeit. Sie kommen auch ganz gut miteinander aus,
was aber mehr an Rollanks liegt, die friedliche, nachgiebige Leute
sind. Schnalzers üben gern etwas Vorherrschaft aus; sie nehmen
— viel Auswahl ist nicht da, denn nur mit einem schmalen Ausläufer
reicht der Wald dort bis an die Düne — die besseren Plätze für
ihre Längematten; sie bestimmen, wann der Heimweg angetreten
werden soll, sie unterhalten sich lebhaft, wenn Rollanks grade schlum-
mern möchten — und was es sonst noch für Gelegenheiten sind, bei
denen eine Partei nachgeben muß.

Auf halbem Wege zu dem Ruheplätzchen liegt etwas landein-
wärts im Walde das „Jägerhaus", eine kleine Gastwirtschaft.
Rollanks und Schnalzers haben sich bisher noch nicht darum beküm-
mert, aber heute, am achten Tage des Beisammenseins, bekommen
Schnalzers am Nachmittag großen Kaffeeappetit. „Gehn wir doch
mal ins Jägerhaus I" schlagen sie vor. Rollanks haben keine Lust,
sie sind zu faul. Aber sie sagen liebenswürdig: „O, gehen Sie nur!
Wir paffen inzwischen auf Ihre Sachen auf." Also wandern Schnalzers
los; Rollanks sind ganz zufrieden, einmal allein zu sein.

Der Ausflug nach dem „Jägerhaus" hat sich gelohnt: dort wer-
den zum Kaffee Waffeln gebacken, herrliche Waffeln. Schnalzers

essen beinahe zu viel; sie bleiben viel länger sitzen, als sie beab-
sichtigt haben. And schließlich meint Schnalzer: „Ach was, wir wer-
den doch nicht wieder zurücklaufen! Wir gehn jetzt einfach nach
Lause, ziehn uns um und setzen uns noch ein bißchen in den Kur-
garten. Ist mal was andres!"

Frau Schnalzer meint das auch. Doch sie hat Bedenken. „Aber
unsre Sachen am Strande?"

Schnalzer lacht etwas roh. „Äaha, die werden Rollanks abends
schon mitbringen I 'n bißchen schwitzen werden sie dabei. Na, laß'
sie doch!"-- —

Rollanks ruhen inzwischen sanft und gut am Strande. Die Zeit
vergeht, und sie wundern sich: „Wo nur Schnalzers bleiben?" Die
Zeit vergeht weiter, und sie werden unruhig: „Schnalzers wird doch
nichts zugestoßen sein?" Die Sonne sinkt tiefer; sie malt zwar nicht
der Bäume gigantische Schatten aus glänzende Matten, denn es
sind keine Matten da, aber die Schatten der Fichten auf dem Dünen-
sand werden länger. Rollanks entschließen sich zur Leimkehr. „Mit
Schnalzers muß irgendwas los sein!" meint Lerr Rollank, und seine
Gattin klagt: „Wenn die Frau nur keinen Schlaganfall gekriegt
hat! Sie jappste immer so furchtbar, wenn sie auf die Düne
'raufkletterte."

Rollanks packen also Schnalzers ganzen Kram zusammen und
schleppen und schleppen — beinahe anderthalb Stunden lang, denn
mit dieser Last geht es viel langsamer. Aber als sie dann bei der
„Villa Meeresblick" anlangen — da kommen auch gerade Schnalzers
nach Lause, aus dem Kurgarten. „Rein, daß Sie sich die Mühe
gemacht haben! Zu liebenswürdig!" sagt Frau Schnalzer. Lerr
Schnalzer aber meint heuchlerisch: „Sie hätten das Zeug doch ruhig
liegen lassen können; da geht ja niemand 'ran."

Rollanks können nachher vor Aerger nicht ordentlich schlafen.
Sie sinnen, wenn auch nicht auf Rache, so doch auf Vergeltung.
And am Morgen nehmen sie besonders viel Gepäck mit; allein sechs
Leihbibliotheksbände sind dabei. Man merkt es: sie haben tüchtig zu

»71 irpcwnc Dl ÄTTCD unt* Meggendorfer Blätter

FLIEGENDE BLATTER Nr. 4695. 25. Juli 1935

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Redaktionsschluß: 8. Juli 1935
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Gestörtes Wochenende"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4695, S. 54

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