Rezept zum Glück Vvn-peter Kringel
Laus Linder klagte seinem Freunde Kurt
sein Leid. Der hatte schon lange mit allen
Mitteln versucht, etwas aus Äans herauszu-
locken, doch immer ohne Erfolg. Aber jetzt saßen
sie bei einem königlich zusammengebrauten Rot-
weinpunsch, und wieder einmal erwies sich die
Nichtigkeit des Wortes: „Im Wein ist Wahr-
heit."
„Ich bin verliebt," gestand Lans, und dann
geschah eine ganze Weile nichts weiter, als
daß die Vernebelung der Studentenbude mit
Tabakrauch beträchtliche Fortschritte machte.
Zwischenhinein erschien wie ein Brockengespenst
die Wirtin, Frau Lwpfhammer, nahm die
Punschterrine fort und brachte sie frisch gefüllt
wieder.
„Ich dachte es mir, offen gestanden," sagte
Shirt. „Ich schwankte allerdings lange zwischen
den beiden Diagnosen,Verliebtheist oder Iro-
nischer Magenkatarrtst, aber bei deinem Alko-
holkonsum . . ."
Kurt, als Mediziner, liebte es, sich sehr
naturwissenschaftlich und sachlich auszudrücken.
„Die Symptome von beiden Zuständen haben
nämlich sonst eine gewisse Aehnlichkeit," setzte
Kurt hinzu, als er das ärgerliche Gesicht seines
Freundes sah.
„Aber doch wohl nur . . ." wollte Äans
einwenden.
„Nur bei unglücklich Verlieb-
ten," explizierte Kurt schonungslos.
„Bin ich," sagte Äans schlicht.
„Und warum? Äat Ulla dich
abgelehnt?"
Lans fuhr hoch. „Wer hat dir
den Namen gesagt?"
„Lieber Junge," plusterte Kurt
sich tantenhaft auf, „das konnte ja
ein Blinder mit dem Stocke fühlen,
daß du in die Iuristin verschossen
bist wie — wie eine Rakete. Aber
jetzt schieß los! Was hat sie gegen
dich?"
„Nichts, soviel ich weiß. Sie
weiß es wohl gar nicht."
„Sie weiß es nicht?"
„Nein." — „Warum nicht?"
„Weil — weil — das ist es ja eben, weil ich noch nicht den Mut
gefunden habe, ihr etwas zu sagen."
Wieder war es eine Zeit lang still, dann fuhr Sans fort:
„Wie oft habe ich mir die Worte zurechtgelegt, die ich ihr sagen
wollte! Und dann hatte sie immer so etwas, was mich zurückhielt.
Zweimal war ich ganz nahe daran - und dann drängte sich jedesmal
ein trockener Knäuel in meine Kehle. Ekelhaft, sage ich dir!"
Äans nahm einen großen Schluck.
„Lediglich Stimmungssache I" warf Kurt überlegen hin. „Die
Sache ist ganz einfach!" — „So? Meinst du?"
„Natürlich! Was bringt den Menschen in Stimmung? Na, was?"
„Der Alkohol."
„Nichtig! Aber es gibt noch etwas: Musiki Äat Ulla ein Radio?"
„Ja."
„Liier bitte, ist das Nundfunkprogramm der nächsten Woche:
Tanzmusik — übrigens, wann Pflegst du Ulla zu besuchen?"
„Abends nach sechs. Aber was soll das?"
„Wirst du gleich merken. — Einen Augenblick, 18 — 20 Uhr,
Montag, Uebertragung aus Oslo, Symphonieorchester — ist nichts.
Aha! Dienstag, altdeutsche Liebeslieder. Lieber Freund, du wirst dich
78
„Nu haste endlich ooch mal
’« Nagel uffn Kopp jetroffen,
Iustav I"
bei Ulla für
Dienstag
nachmittag
um 6 Uhr
anmelden.
Keine
Widerrede!
Du schreibst
ihr sofort —
hier ist Pa-
pier und
Tinte — du
wirst sie bit-
ten, das Ra-
dio anzm
drehen —
undwenndu
am Diens-
tag abend,
ohne ihr deine Liebe gestanden zu haben, zu mir kommst — dann,
dann bist du ein hoffnungsloser Fall."
Dienstag abend gegen 8 Ahr ließ Frau Äopfhammer Laus
Linder in Kurts Bude herein.
„Armer Kerl!" sagte Kurt. — „Wieso armer Kerl?"
„Na, da hast du wirklich Pech gehabt, daß statt der altdeutschen
Liebeslieder der blöde Vortrag über bas soziale Leben der Ameisen
angesetzt wurde. In letzter Minute, wie immer. Ihr habt den
Apparat wahrscheinlich gar nicht angestellt?"
„Doch. Aber ich muß gestehen, ich habe die Programmänderung
gar nicht gemerkt."
„Das sieht dir ähnlich. Ich sage ja: hoffnungslos!"
„Wieso hoffnungslos? Ich habe mich nämlich soeben mit Ulla
verlobt."
Der Rundfunkreporter hats nicht leicht: Schwie-
„Tag, Petersen, könnte ich Sie, bitte,
ein paar Minuten allein sprechen?"
aa.hauS<:h<uo
Laus Linder klagte seinem Freunde Kurt
sein Leid. Der hatte schon lange mit allen
Mitteln versucht, etwas aus Äans herauszu-
locken, doch immer ohne Erfolg. Aber jetzt saßen
sie bei einem königlich zusammengebrauten Rot-
weinpunsch, und wieder einmal erwies sich die
Nichtigkeit des Wortes: „Im Wein ist Wahr-
heit."
„Ich bin verliebt," gestand Lans, und dann
geschah eine ganze Weile nichts weiter, als
daß die Vernebelung der Studentenbude mit
Tabakrauch beträchtliche Fortschritte machte.
Zwischenhinein erschien wie ein Brockengespenst
die Wirtin, Frau Lwpfhammer, nahm die
Punschterrine fort und brachte sie frisch gefüllt
wieder.
„Ich dachte es mir, offen gestanden," sagte
Shirt. „Ich schwankte allerdings lange zwischen
den beiden Diagnosen,Verliebtheist oder Iro-
nischer Magenkatarrtst, aber bei deinem Alko-
holkonsum . . ."
Kurt, als Mediziner, liebte es, sich sehr
naturwissenschaftlich und sachlich auszudrücken.
„Die Symptome von beiden Zuständen haben
nämlich sonst eine gewisse Aehnlichkeit," setzte
Kurt hinzu, als er das ärgerliche Gesicht seines
Freundes sah.
„Aber doch wohl nur . . ." wollte Äans
einwenden.
„Nur bei unglücklich Verlieb-
ten," explizierte Kurt schonungslos.
„Bin ich," sagte Äans schlicht.
„Und warum? Äat Ulla dich
abgelehnt?"
Lans fuhr hoch. „Wer hat dir
den Namen gesagt?"
„Lieber Junge," plusterte Kurt
sich tantenhaft auf, „das konnte ja
ein Blinder mit dem Stocke fühlen,
daß du in die Iuristin verschossen
bist wie — wie eine Rakete. Aber
jetzt schieß los! Was hat sie gegen
dich?"
„Nichts, soviel ich weiß. Sie
weiß es wohl gar nicht."
„Sie weiß es nicht?"
„Nein." — „Warum nicht?"
„Weil — weil — das ist es ja eben, weil ich noch nicht den Mut
gefunden habe, ihr etwas zu sagen."
Wieder war es eine Zeit lang still, dann fuhr Sans fort:
„Wie oft habe ich mir die Worte zurechtgelegt, die ich ihr sagen
wollte! Und dann hatte sie immer so etwas, was mich zurückhielt.
Zweimal war ich ganz nahe daran - und dann drängte sich jedesmal
ein trockener Knäuel in meine Kehle. Ekelhaft, sage ich dir!"
Äans nahm einen großen Schluck.
„Lediglich Stimmungssache I" warf Kurt überlegen hin. „Die
Sache ist ganz einfach!" — „So? Meinst du?"
„Natürlich! Was bringt den Menschen in Stimmung? Na, was?"
„Der Alkohol."
„Nichtig! Aber es gibt noch etwas: Musiki Äat Ulla ein Radio?"
„Ja."
„Liier bitte, ist das Nundfunkprogramm der nächsten Woche:
Tanzmusik — übrigens, wann Pflegst du Ulla zu besuchen?"
„Abends nach sechs. Aber was soll das?"
„Wirst du gleich merken. — Einen Augenblick, 18 — 20 Uhr,
Montag, Uebertragung aus Oslo, Symphonieorchester — ist nichts.
Aha! Dienstag, altdeutsche Liebeslieder. Lieber Freund, du wirst dich
78
„Nu haste endlich ooch mal
’« Nagel uffn Kopp jetroffen,
Iustav I"
bei Ulla für
Dienstag
nachmittag
um 6 Uhr
anmelden.
Keine
Widerrede!
Du schreibst
ihr sofort —
hier ist Pa-
pier und
Tinte — du
wirst sie bit-
ten, das Ra-
dio anzm
drehen —
undwenndu
am Diens-
tag abend,
ohne ihr deine Liebe gestanden zu haben, zu mir kommst — dann,
dann bist du ein hoffnungsloser Fall."
Dienstag abend gegen 8 Ahr ließ Frau Äopfhammer Laus
Linder in Kurts Bude herein.
„Armer Kerl!" sagte Kurt. — „Wieso armer Kerl?"
„Na, da hast du wirklich Pech gehabt, daß statt der altdeutschen
Liebeslieder der blöde Vortrag über bas soziale Leben der Ameisen
angesetzt wurde. In letzter Minute, wie immer. Ihr habt den
Apparat wahrscheinlich gar nicht angestellt?"
„Doch. Aber ich muß gestehen, ich habe die Programmänderung
gar nicht gemerkt."
„Das sieht dir ähnlich. Ich sage ja: hoffnungslos!"
„Wieso hoffnungslos? Ich habe mich nämlich soeben mit Ulla
verlobt."
Der Rundfunkreporter hats nicht leicht: Schwie-
„Tag, Petersen, könnte ich Sie, bitte,
ein paar Minuten allein sprechen?"
aa.hauS<:h<uo
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'n Nagel uffn Kopf jetroffen" "Der Rundfunkreporter hats nicht leicht" "Ein paar Minuten alleine sprechen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4696, S. 78
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg